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Konstantin Wecker: Weltenbrand (Review)

Artist:

Konstantin Wecker

Konstantin Wecker: Weltenbrand
Album:

Weltenbrand

Medium: Do-CD/3-LP-Set
Stil:

Liedermacher mit symphonischer Unterstützung

Label: Sturm & Klang / Alive / Kontor New Media
Spieldauer: 140:51
Erschienen: 11.10.2019
Website: [Link]

„Kunst kann und soll Mut machen. Aber mir macht umgekehrt auch mein Publikum Mut. Wenn ich nur das Schreiben hätte, dann könnte ich mir vorstellen zum Zyniker zu werden“ (KONSTANTIN WECKER in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung vom 23. Oktober 2019)

Es ist die ewige, fortwährende Geschichte des KONSTANTIN WECKER, so als hätte sie ein Michael Ende geschrieben, wenn es um die Live-Auftritte des begnadeten Liedermachers geht. In regelmäßigen Abständen beglückt der singende und Klavier spielende Weltverbesserer-Anarcho seine Fans und Freunde mit leidenschaftlichen Live-Aufnahmen, die für CD und neuerdings auch Vinyl mitgeschnitten werden. Im Falle von Weltenbrand entstanden diese sogar mit einem international besetzten Kammerorchester, das ganz großes symphonisches und zugleich weltmusikalisches, absolut friedliebendes Musik-Geschütz auffährt.

Alte und neue Liedermacherkunst, ausgiebige Erzählungen aus Vergangenheit und Gegenwart, das Zitieren von Gedichten seiner Lieblingslyriker Rilke, Kästner, Brecht und Mühsam, sowie bombastische Arrangements für das Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie, welches ihn bei den Ausflügen durch seine musikalische Lebensgeschichte unterstützt, machen diesen zweieinhalbstündigen Konzertmitschnitt aus, der von ruhig bis rockig, orchestral bis akustisch und provokant bis besinnlich mal wieder weckertypisch alles zu bieten hat.

Besonderen Wert legt der bayrische Liedermacher diesmal ganz speziell darauf, dass in den Zeiten heißer Kriege und ständiger, immer heftiger werdender Hasstiraden gegen alles, was anders ist und nicht in das kleinkarierte Weltbild dümmlicher Nationalisten oder kleinbürgerlicher Einfaltspinsel passt, er von einem Orchester begleitet wird, das sich aus zwölf Musikern, die aus neun Nationen kommen – welche sich beispielsweise entgegen der friedlichen Bühne der Kunst auf der „Bühne der Politik“ kriegerisch gegenüberstehen – zusammensetzt: „Diese jungen Musiker spielen ohne Orchesterattitüde. Es ist fast so, als spielte ich mit einer Band aus Hornisten, Geigern und Schlagwerkern.“ (Wecker im bereits erwähnten SZ-Interview)
Würde die Politik endlich von der Kunst lernen, dann wären wir wohl in punkto Völkerverständigungen so einige riesige Schritte weiter.
Eine Erkenntnis die natürlich auch jedes Lied seiner klug gewählten Stücke aus über 30 (Auf-)Wecker-Jahren zum Ausdruck bringt, in denen die Erinnerung an deutsche Gräueltaten genauso wichtig sind wie die Ungerechtigkeiten der (politischen) Gegenwart oder die Besinnung auf Liebe und Freundschaft, aber auch Widerstand und Anarchie im Sinne der guten Sache. „Eine Kampfansage in Dur und Moll“ (zu lesen auf Weckers Homepage) erwartet den Zuhörer, wobei der Begriff „Zuhören“ wirklich ernst genommen und angewendet werden muss.

Und wie es kaum anders zu erwarten war, hat Wecker nun auch Greta Thunberg für sich entdeckt und huldigt ihrer mit der Ansage „Zeig‘s ihnen Greta – Die Welt muss weiblich werden“, indem er einerseits Christian Lindners FDP-Ansichten zu dem klimaaktiven Mädchen und der Umwelt ad absurdum führt und „Und das soll‘s dann gewesen sein“ als musikalisches Statement dagegensetzt, das als Symphonie beginnt und zur schrecklichen Erkenntnis kommt: „Doch wie wir auch strampeln und wie wir auch plärren, wir erreichen nur die Staffagen / Der Staat dient den stets anonymeren Herren in den obersten Etagen!“

Weltenbrand“ – allein der Titel ist Provokation und ängstliche Vision zugleich, wobei Wecker in besagtem SZ-Interview noch einmal konkretisiert: „Der Titel ‚Weltenbrand‘ erinnert an die Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Von 1920 bis 1930 war eine Blütezeit der Genies. Frauen hatten viele Möglichkeiten, Kunst auszuüben. Zum ersten Mal gab es in Deutschland das Frauenwahlrecht. Wir müssen daran erinnern, wie es 1933 zur Zerstörung der freien Gesellschaft durch einen grauenvollen Tyrannen kommen konnte. Meine große Hoffnung ist, dass sich Geschichte nicht wirklich wiederholt. Aber wir müssen aufpassen.“
So entwickelt sich KONSTANTIN WECKER hierbei offensichtlich zum kunstvollen Feuerlöscher oder musikalischen Feuerwehrmann, der eindringlich zum Album und seiner Konzerttournee resümiert: „Ich hätte nie gedacht, dass wir an einen Punkt kommen, an dem unsere gewonnene Demokratie zu verfallen droht. Ich bin überzeugt, dass die von dem begeistert aufspielenden Streicher-, Holz- und Blechbläser-Ensemble vorgetragenen Lieder zur Heilung der geschundenen Welt beitragen. Denn diese Songs können die Poesie noch tiefer ins Herz tragen und dorthin bringen, wo sie eigentlich herkommen, aus den tiefsten Tiefen des Seins.“

Zum ersten Mal in der deutschen Charts-Musikgeschichte schaffte es dieses Live-Album sogar in die Deutschen Album-Charts – und zwar auf Platz 31. Lange genug gedauert hat‘s diesbezüglich ja. Zugleich eine späte Ehre für den Übersiebzigjährigen.
Drücken wir einfach die Daumen, dass dies keine Eintagsfliege bleibt und es viel mehr Zeitgenossen gibt, denen neben der Musik besonders auch die textlichen Inhalte und die Leidenschaft des Liedermachers wichtig sind. Dann müsste KONSTANTIN WECKER jedenfalls ein Dauergast in allen deutschsprachigen Charts dieses noch immer so zerstrittenen und von einem russischen sowie einem amerikanischen Präsidenten und einem chinesischen Diktator intensiv befeuerten Europas sein.
Die Hoffnung bleibt.

FAZIT: Das erste Mal erreicht ein Live-Album von KONSTANTIN WECKER tatsächlich einen Platz unter den Top 100 der Deutschen Album-Charts. Allein das sollte Hoffnung darauf machen, dass wieder mehr der Verstand zählt als flache, hasserfüllte hippelnde und hoppelnde Aggro-Plattitüden. „Weltenbrand“ ist ein weiteres Live-Meisterwerk, diesmal mit Unterstützung eines breit aufgestellten, international besetzten Kammerorchesters, das den 72-jährigen KONSTANTIN WECKER von seiner lebendigsten Seite präsentiert.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4558x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • CD 1 (69:32):
  • Nur dafür lasst uns leben
  • Ein Plädoyer für die Ohnmächtigen
  • Stürmische Zeiten mein Schatz
  • Ballade vom Puff das Freiheit heiße
  • Ansage Schlaflied / An meine Kinder
  • Schlaflied
  • Liebesdank
  • Ansage an den Mond
  • An den Mond
  • All die unerhörten Klänge
  • Zeig‘s ihnen Greta – Die Welt muss weiblich werden
  • Und das soll dann alles gewesen sein
  • Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen? (Erich Kästner)
  • Frieden im Land
  • Das macht mir Mut
  • Nur dafür lasst uns leben (Reprise)
  • Im Namen des Wahnsinns
  • Hexeneinmaleins
  • Der Gefangene (Erich Mühsam)
  • Den Parolen keine Chance
  • Immer wieder Beethoven
  • Jetzt, da Du Abschied bist
  • CD 2 (71:19):
  • Heiliger Tanz
  • Ansage Kir Royal
  • Kir Royal Titelmusik
  • Ansage Tango Joe
  • Tango Joe
  • Ansage Vom Schwimmen in Seen und Flüssen
  • Vom Schwimmen in Seen und Flüssen
  • Aus: An die Nachgeborenen (Bertolt Brecht)
  • Ich habe Angst
  • Empört euch
  • Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
  • Weltenbrand
  • Die Weiße Rose
  • Warum ich kein Patriot bin
  • Ich habe einen Traum
  • Ansage Das Leben will lebendig sein
  • Das Leben will lebendig sein
  • Ansage Lied der Lieder
  • Lied der Lieder
  • Sage Nein
  • Caruso
  • Schlendern
  • Aus: Wunderliches Wort: Die Zeit vertreiben (Rainer Maria Rilke)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Welt
gepostet am: 28.10.2019

Ein alter weißer Mann, der nichts Neues mehr zu sagen hat und in seiner Einseitigkeit viel zu trivial wirkt. Das ist keine Kunst, das kann weg.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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