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Laraaji: Sun Piano (Review)
Artist: | Laraaji |
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Album: | Sun Piano |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Solo-Piano |
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Label: | All Saints Records | |
Spieldauer: | 41:57 | |
Erschienen: | 17.07.2020 | |
Website: | [Link] |
Ein Kirche inmitten von Brooklyn.
Inmitten der Kirche ein Klavier – genauer Flügel.
Die schwere Kirchenpforte öffnet sich.
Ein hagerer, glatzköpfiger, farbiger älterer Mann tritt ein, geht zum Flügel, lässt sich auf dem davorstehenden Hocker nieder, streicht zärtlich über die weißen und schwarzen Tasten, schlägt sie an und beginnt zu spielen, indem er sich einfach von seinen Gefühlen leiten lässt. Schlägt die Tasten mal stark, dann wieder ganz vorsichtig an. Allerdings bevorzugt er im Verlauf der knappen Dreiviertelstunde doch den härteren Anschlag.
Und auch wenn kein Sonnenstrahl in die Brooklyner Kirche dringt, nennt er das Album, das während seines Spiels entsteht, „Sun Piano“.
Edward Larry Gordon, besser bekannt als LARAAJI, ist ein 77-jähriger Multiinstrumentalist, der Violine, Klavier, Posaune und Gesang studierte, sich dann aber auf die Zither, das Klavier und die Mbira (Fingerharfe) spezialisierte und seine Instrumente, besonders die Harfe, in den Parks und auf den Gehwegen von New York spielte. Sein Lieblingsplatz zum improvisierten Spielen war dabei der Washington Square Park, in dem wohl auch gerne einmal ein BRIAN ENO spazieren ging und LARAAJI an seiner Zither erlebte, was bei ihm nicht nur einen bleibenden Eindruck hinterließ, sondern auch den Wunsch, mit ihm ein gemeinsames Album aufzunehmen. So entstand 1980 der dritte Teil von ENOs Ambient-Reihe mit dem Titel „Day Of Radiance“, bei dem ihn LARAAJI begleitete. Und mit einem Mal erhält der amerikanische Multiinstrumentalist mit der Zither dank ENO viel mehr Aufmerksamkeit als je zuvor.
Auf „Sun Piano“ aber sitzt der Siebenundsiebzigjährige am Kirchen-Flügel und improvisiert statt an den Zither-Saiten an den Klaviertasten. Solo – nur LARAAJI, der Flügel und der voluminöse Kirchenklang. Und jeder, der schon einmal in der Kirche Musik gehört hat, weiß, dass dieser Klang wortwörtlich göttlich ist, den man auch mit viel Technik kaum so hinbekommt wie live in einer Kirche. Schon das ist eine echte Stärke von „Sun Piano“…
„Sun Piano“, genau 40 Jahre nach dem Ambient-Album mit ENO entstanden, ist der erste Teil einer Solo-Piano-Trilogie. Und da LARAAJI sich viel mit Meditation beschäftigt und diese auch praktiziert, wohnt der Musik des ersten Trilogie-Teils durchaus Meditatives inne. Manchmal glaubt man gar, LARAAJI spielt das Piano mit einer ähnlichen Intention wie sonst die Zither oder das Hackbrett – und dass sicher dem Einen oder der Anderen beim Hören dieser keineswegs sonnigen Musik das Kölner-Konzert-Doppelalbum von KEITH JARRETT in den Sinn kommt, ist bestimmt nicht unbeabsichtigt.
Allerdings lässt sich LARAAJI nicht auf großartige Experimente ein oder spielt mit schrägen Taktarten und Rhythmen. Die Akkorde sind klar, die Melodien haben mitunter Wiedererkennungswert und die Stimmungen schweben durch die Kirchenreihen, als wollten sie den sakralen Raum umschmeicheln.
Auch verzichtet der Pianist auf jegliche Overdubs für die Aufnahmen, sondern geht dabei sogar so weit, dass er den Mitschnitt in der Kirche, die in einem sehr belebten Brooklyner Stadtteil steht, auch während Besucher oder Gemeindemitglieder auftauchen oder gedämpfter Straßenlärm eindringt, laufen lässt, was für viel Natürlichkeit sorgt.
„Sun Piano“ wird so zu einem Album, bei dem man in sich geht, in sich ruhen kann, ohne dabei müde zu werden. Genauso wenig kann man hier den Klassik-Experten raushängen lassen, der vor lauter Eitelkeit kaum noch die Musik wahrnimmt oder den Jazzer, der jedem schrägen Ton hinterherhechelt. Am Ende bleibt ein schönes, frei improvisiertes Solo-Piano mit voluminösen Kirchenraumklang über – und das ist doch schonmal eine ganze Menge.
FAZIT: Teil 1 der geplanten Solo-Piano-Trilogie von LARAAJI, der bereits gemeinsam mit BRIAN ENO eine Ambient-LP aufnahm. „Sun Piano“ enthält sehr stimmige Piano-Improvisationen, die der 77-jährige amerikanische Multiinstrumentalist am klassischen Flügel in einer Kirche von Brooklyn aufnahm und dabei sogar die Umgebungsgeräusche zuließ. Piano-Musik im Angesicht Gottes.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (21:10):
- Embracing This (0:43)
- Hold On To The Vision (3:51)
- Flow Joy (2:31)
- Shenandoah (3:11)
- This To Shall Pass (3:35)
- Sunny Day Horse (3:00)
- Elevation (3:19)
- Seite B (20:47):
- Temple Of New Light (4:01)
- Moods And Emotions (3:31)
- Lifting Me (3:46)
- Resonance (5:56)
- Embracing Timeless (3:33)
- Keys - Edward Larry Gordon
- Sun Piano (2020) - 11/15 Punkten
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