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Léonie Pernet: Le Cirque De Consolation – Vinyl-Version (Review)

Artist:

Léonie Pernet

Léonie Pernet: Le Cirque De Consolation – Vinyl-Version
Album:

Le Cirque De Consolation – Vinyl-Version

Medium: LP
Stil:

Indie, Alternative, Electronic, African Music, Dreampop, Neoklassik

Label: InFiné Éditions & Crybaby
Spieldauer: 36:49
Erschienen: 19.11.2021
Website: [Link]

Am Meisten liebt sie ja die Drumsticks, diese LÉONIE PERNET, die sich zugleich dadurch auszeichnet, dass sie nicht nur eine unglaubliche Dynamik hinter den Fellen entwickelt, sondern mit ihren Kompositionen und Texten jede Menge Grenzen überschreitet. Das macht diese französische Musikerin aus, welche ursprünglich aus dem Netzwerk der Lesben-Clubs in Paris, deren Mitglieder des Dub-Techno-Electro-Labels 'Kill The DJ' wie Jennifer Cardini, Chloe und Ivan Smaaghe erfolgreichen DJ-Karrieren verzeichnen konnten, kommt und mit „Le Cirque De Consolation“ bereits ihr zweites Album vorlegt.
Und was für eins!

Nunmehr jedenfalls haben sich die Verhältnisse geändert, denn ganz offensichtlich steht ihre mal extrem erotisch angehauchte, dann wieder fast einem Mantra folgende monoton-fordernde Stimme im Vordergrund, genauso wie die vielen elektronischen Samples, die mitunter einen Hang zur Experimentierkunst aufweisen, sodass man bereits bei den ersten verfremdeten Klängen des Album-Openers „Mon amour tu bois trop“ glaubt, sich auf die „Zoolook“-LP ihres Electronic-Guru-Landsmannes JEAN-MICHEL JARRE verirrt zu haben.

Der erste als Single ausgekoppelte Song „Hard Billy“ ist dagegen besagtes wildes, afrikanisches Mantra, glattweg zur musikalischen Hypnose geeignet, mit wildem Getrommel und rasanten Rhythmen, die einen genauso wie die maskierten Tänzer aus Burkina Faso, Mali, Togo und der Elfenbeinküste auf dem Video mitreißen.
Oder um es mit den Worten der Musikerin auszudrücken:
„Hard Billy ist eine Hymne auf das Leben und auf unsere Kämpfe.
Hard Billy ist eine Hymne auf die Vielfalt.?Hard Billy ist der Herzschlag einer zerbrechlichen Welt.“

Ein regelrechter Geniestreich von Song, der sogar im Gegensatz zu den anderen französisch gesungenen Songs – bis auf „Missing Love“ – mit englischen Lyrics, die düster und bedrückend wirken („Take a look at my veins / I wanna break the flow“), daherkommt.
Zuvor aber wurde der Hörer bereits am Ende der LP-A-Seite auf „Intérieut Négro“ und „Vowel“ bereits mit Sound-Collage-Spielereien irgendwo zwischen RADIOHEADs „Kid A“ und der bereits erwähntem Electronic-Koryphäe Jarre beglückt, während LÉONIE PERNET ihre ganz eigenen Stimm-Samples beiträgt.

„Le Cirque De Consolation“ ist jedenfalls nicht etwa ein Brückenschlag zu dem zweifelnden, ruhigen und sehnsuchtsvollen Dub-Techno-Debüt „Crave“, sondern vielmehr das fordernde, druckvolle „Jetzt erst recht“-Album geworden, das allerdings mit „La mort de Pierre“ einen der französischen Tradition grandios folgendes Chanson bereithält, das sich zum Ende hin zu einer modern instrumentierten Ballade entwickelt. Genau diese Stimmung greift der dann folgende Titelsong erneut auf, unterlegt diese sogar mit fetten Streichern, während die Pernet mit verrauchter Bar-Jazz-Stimme den französischen Text vorträgt. Gänsehaut pur!

Es ist eben viel passiert zwischen dem 2018er-Debüt und diesem epischen Kunstwerk, weswegen die singend-drummend-tastenspielende Multiinstrumentalisten auch unumwunden feststellt: „Dieses Album reflektiert mein Leben sowie das, was passiert ist, seitdem 'Crave' herauskam und wie es mir jetzt geht. Es gibt immer noch eine Menge Schwermut, aber auch viel mehr Sonnenschein und Licht. Ich habe meinen Vater wiedergefunden. Und ich habe viel an meiner Stimme gearbeitet. Das ist Teil eines Wunsches zu sprechen, mein Publikum direkter anzusprechen. Und auch ein viel stärker ausgeprägter Wunsch nach Pop."

Da passt auch die seltsame Piano-Ballade „Dandelion“ mit Männerstimmen nur zu gut hinein, die irgendwie genau das zu illustrieren scheint, was zuvor in „Il pleut des hommes“ besungen wurde – nämlich dass es Männer regnet – kein Idealfall für eine Lesbe. In ihrer Einheit wirken beide faszinierend und scheinen offensichtlich nach einem klugen Konzept gestrickt zu sein, bis dann „Missing Love“ eine LP zu ihrem Ende führt, die man unumwunden als ein kleines Meisterwerk bezeichnen darf, das dermaßen viele Wendungen und Stimmungsschwankungen bereithält, dass es eine wahre Freude ist, dieses Album wieder und wieder zu hören, ohne dass dabei jemals Langeweile aufkommt.

Eine schöne Beigabe zur LP ist auch der doppelseitige Einleger, dessen Inneres ein Poster mit der im Stroh liegenden Musikerin, samt ihrem in den Farben der Regenbogenfahne geschminktem Gesicht (welches zugleich das Platten-Cover illustriert), und die Außenseiten alle Texte zeigen. So schließt sich der Reigen zu einem Album, dem man heute schon prophezeien sollte, dass es in jede gut sortierte Plattensammlung gehört.
Braucht's da noch ein FAZIT!
Nö!
Außer: „Le Cirque De Consolation“ von LÉONIE PERNET muss man nicht nur gehört haben, sondern sollte es auch als Vinyl-Variante sein eigen nennen. Oder gibt’s hier immer noch wen, der keinen Plattenspieler für die besonderen musikalischen Momente in seinem Leben besitzt?

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 1948x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (17:25):
  • Mon amour tu bois trop (3:25)
  • Les chants de Maldoror (4:38)
  • À rebours (3:33)
  • Intérieur Négro (3:14)
  • Vowel (2:35)
  • Seite B (19:24):
  • Hard Billy (3:41)
  • La mort de Pierre (2:43)
  • Le Cirque de Consolation (3:41)
  • Il pleut des hommes (3:43)
  • Dandelion (2:15)
  • Missing Love (3:21)

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