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SFF – Schicke*Führs*Fröhling: Schicke*Führs*Fröhling – The Complete Recordings (Review)

Artist:

SFF – Schicke*Führs*Fröhling

SFF – Schicke*Führs*Fröhling: Schicke*Führs*Fröhling – The Complete Recordings
Album:

Schicke*Führs*Fröhling – The Complete Recordings

Medium: 3-CD-Box
Stil:

Instrumentaler Progressive-, Kraut- und Jazz-Rock

Label: MIG music
Spieldauer: 194:29
Erschienen: 07.04.2023
Website: [Link]

SFF?!
Drei Buchstaben, die für die Nachnamen der drei beteiligten Musiker dahinter stehen – Eduard Schicke, Gerd Führs und Heinz Fröhling –, welche sich zum ersten Mal bei einem Jazz-Rock-Konzert der Progressive-Rock-Band SPEKTAKEL, eine der federführenden Prog-Bands im Norden Westdeutschlands, trafen.
Schicke war damals der druckvolle Schlagzeuger der Jazz-Rock-Combo SAMPSEL, während Fröhling der Gitarrist und Führs der Keyboarder bei SPEKTAKEL waren. Nach dem Konzert erkannten die drei, dass sie eine unglaublich ähnliche Musikleidenschaft, die sich zwischen instrumentalem Progressive- und Jazz-Rock mit einer Aura zwischen GROBSCHNITT und GENTLE GIANT sowie KING CRIMSON bewegt, und schon waren SFF geboren. Auch sollten all diejenigen, welche noch immer die nicht gerne über den Tellerrand- oder Mauer-Blicker (leider auch in der Musik-Kritiker-Szene) geblieben sind, hier noch wissen, dass es zu diesem Zeitpunkt längst eine ganz ähnliche, dem symphonischen Art- und Progressive-Rock verbundene und mit ausladenden instrumentalen Longtracks aufwartende DDR-Band gab: die STERN-COMBO MEISSEN.
Ob auch SFF diese kannten?
Wer weiß – auf jeden Fall waren die drei Musiker und ihre SFF-Band eine der wohl trotz des Erfolges ihres ersten Albums am unterbewertetsten und zugleich trotzdem besten Prog-Jazz-Rock-Bands der 70er-Jahre aus Deutschland.
Eine Folge daraus war jedenfalls, dass alle drei Alben bei Brain Records, dem führenden Label für Kraut-, Progressive- und Deutschrock, aufgenommen.

Bereits auf ihrem ersten, deutlich von gleich zwei Mellotronen geprägten 1976er-Album „Symphonic Pictures“, bei dem der Titel hervorragend zur Musik, die einen erwartet, passt, klingen SCHICKE * FÜHRS * FRÖHLING tatsächlich wie der schwer beeindruckende Vorbote der erst viel später besonders in Deutschland intensiv abgefeierten, 1992 gegründeten Ami-Progger SPOCK'S BEARD – nur ohne Gesang – und wie die federführende, zu diesem Zeitpunkt längst in der DDR hochverehrte, aktive symphonische Art-Rock-Band STERN-COMBO MEISSEN. Doch da bekanntlich der progressive Prophet gerade im eigenen Land nicht sonderlich viel zählt, mussten unter dieser Tatsache auch SFF oder beispielsweise ELOY leiden, deren Sänger und Gitarrist Bornemann in der remasterten 2000er-Ausgabe ihres 1973er-Albums „Inside“ feststellt: „Damals war jede deutsche Gruppe kraft ihrer Nationalität automatisch eine Band zweiter Klasse. Dominiert wurde das Musikgeschehen hauptsächlich durch die britischen und amerikanischen Bands. Wen interessierten im eigenen Land schon eine deutsche Band? Und englische Gruppen zeigten normalerweise keinerlei Interesse, diese in ihr Vorprogramm reinzunehmen.“
Noch schlimmer erging es den eingesperrten Musikern in der „Zone“, da ihre freien Brüder und Schwestern viel lieber – nicht nur aus musikalischer Sicht – zwar über den 'Großen Teich' als über die deutlich näher gelegene Mauer blicken und hören wollten.

Überraschend erhielt aber gerade das erste SFF-Album eine besondere Aufmerksamkeit, was – Achtung! Achtung! – wiederum mit einem Amerikaner zusammenhing.
„Symphonic Pictures“ sollte eigentlich nicht, wie später geschehen, von Dieter Dierks produziert werden, sondern von keinem Geringeren als FRANK ZAPPA, der während einer Deutschlandtour verschiedene SFF-Demos zu Gehör bekam und dermaßen begeistert davon war, dass er sich sofort für deren Debüt als Produzent zur Verfügung stellte. Leider machten andere Verpflichtungen und zeitliche Gründe dieser Absicht einen Strich durch die Rechnung, da der Maestro sein eigenes im gleichen Jahr erscheinendes Album (Demnach wohl „Zoot Allures“ und wer das Album kennt, kann sofort auch ZAPPAs Begeisterung für SFF verstehen!) aufnehmen musste. Aber die Tatsache der ZAPPA-Begeisterung für SFF bleibt. Und man kann dieses amerikanische Musik-Genie nur zu gut verstehen, wenn man selber genüsslich „Symphonic Pictures“ hört.

Auf ihrem zweiten Album „Sunburst“ des Jahres 1977 gehen die drei deutlich elektronischer und sogar noch etwas jazziger zur Sache, beackern viel stärker den Keyboard-geprägten Krautrock (Auch den mussten die Amis für uns erfinden und begeistert in die Welt tragen...), irgendwo zwischen ASH RA TEMPEL, GROBSCHNITT und frühen TANGERINE DREAM, wenden sich gerne aber auch komplexeren Spielereien Richtung GENTLE GIANT und KING CRIMSON oder GENESIS zu.
Auch dieses Album, das gemeinsam mit dem Debüt die CD 1 von „Schicke*Führs*Fröhling – The Complete Recordings“ füllt, begeistert von der ersten bis zur letzten Minute.

„Ticket To Everywhere“, das dritte und zugleich letzte Studio-Album von 1978, weckt gleich mit „Open Doors“ anfangs überraschende Erinnerungen an „Riders On The Storm“ und stößt damit wortwörtlich Türen in unspektakulärere Instrumentalexkursionen auf, die sogar – wie bei „Song From India“ – mit deutlich eingängigeren Rhythmen und programmierten Beats daherkommen und die Freunde der ersten beiden, deutlich komplex-experimentelleren Alben nicht unbedingt glücklich machen werden.
Noch dazu taucht flotter Sprechgesang auf, der nach einer tanzbaren Anbiederei in Richtung des damals angesagten Disco-Feelings schielt. Vielleicht hätte sogar ein Ilja Richter seinen kultigen Disco-Ruf: „Licht aus, Spot an!“, dazu beitragen können. Auch ist der Titel wieder Programm, denn in die Stücke fließen klar erkennbare, traditionelle musikalische Einflüsse verschiedener Länder (Indien, Spanien, England usw.), also von überallher, ein.
So ist auf CD 2 nicht etwa das letzte und zugleich schwächste Studio-Album das Highlight, sondern die beiden abschließenden Bonus-Stücke mit einer Laufzeit von insgesamt einer Viertelstunde, die beim legendären Festival des Jahres 1978 ihres Plattenlabels Brain mitgeschnitten wurden. Ganz speziell wird hierbei auch die „Wir-lieben-ein-Schlagzeug-Solo“-Fraktion mit einem grandiosen Schicke-Solo im über zehnminütigen „Medley: Explorer / Wizzard“ befriedigt. Da geht selbst in alten Hosen noch die Post ab und Erinnerungen an das ekstatische Solieren samt Klamotten-vom-Leib-reißen eines CARL PALMER werden wach.

Mit „Ticket To Everywhere“ endete auch die SFF-(Studio-Album-)Ära und die drei Musiker entschieden sich, da sie einfach von ihrer Musik allein nicht leben konnten und wohl einige musikalische wie ideologische Ansichten – Was man bereits auf ihrem dritten Album hören kann! – auseinander zu driften schienen, SFF 1978 aufzulösen. Eduard Schicke wechselte daraufhin zu HOELDERLIN und Heinz Fröhling begleitete NOVALIS auf ihren Live-Tourneen, während Gerd Führs für Yamaha Sounds als Programmierer tätig wurde, bis er 1992 auf tragische Weise (So kann man es im zur Box dazugehörigen 12-seitigen Booklet, allerdings ohne genauere Angaben zur Todesursache, nachlesen!) aus dem Leben gerissen wurde.

Bleibt also noch das dritte Album im Rahmen der dicken Jewelcase-Box: „Live 1975“.
Leider sind die Aufnahmen vom Sound her – trotz neuem Mastering – noch immer etwas dumpf, aber natürlich deutlich besser als jegliches Bootleg-Niveau. Mit „Modimfore“, das deutlich an „Pictures“ erinnert, und seinen knapp 28 Minuten gibt es zudem gleich das längste Stück von SFF, das nie als Studio-Version existierte, zu hören.
Dieses Papenburg-Konzert von SFF ist ohne Einschränkung die wahre Messe, gerade weil hier neben den wohl erwarteten ELP-Einflüssen speziell auch durch das doppelte Mellotron-Spiel ausgiebige Erinnerungen an KING CRIMSON der größtenteils ruhigeren Sorte – wie „Moonchild“ oder „Starless“ – und GENESIS geweckt werden. Natürlich ist hierbei auch unbedingt die Tatsache zu beachten, dass dieses Konzert live noch deutlich vor der Veröffentlichung aller drei Studio-Alben eingespielt und außerdem nicht auf dem Brain- sondern dem Oldenburger Nordsee-Records-Label veröffentlicht wurde. Zudem enthält es neben nie veröffentlichten Songs auch welche aus dem ersten und dritten Studio-Album, die sich recht deutlich voneinander unterscheiden.
Selbst Live waren SFF eine absolute Bank, die leider viel zu früh aus insgesamt mangelnder Aufmerksamkeit ihr nicht wirklich glückliches Ende fand.

Unter diesem Aspekt kann man allerdings aus heutiger Sicht ohne Umschweife nur zu einem…

...FAZIT kommen: SCHICKE * FÜHRS * FRÖHLING – kurz SFF – sind nunmehr unverkennbar im Studio wie live die wahre Offenbarung für alle Freunde progressiver Instrumentalmusik, welche sich zwischen ELP und KING CRIMSON und GROBSCHNITT sowie der STERN-COMBO MEISSEN bewegt. Darum zollen wir MIG music einfach mal wieder ein herzliches Dankeschön, dass sie uns mit dieser neu gemasterten „Schicke*Führs*Fröhling – The Complete Recordings“-3CD-Box plus 12-seitigem Booklet ein deutsches Prog-Rock-Fusion-Jazz-Trio, das nur knapp vier Jahre Bestand hatte, wieder in Erinnerung rufen, weil genau diese Musik von „Symphonic Pictures (1976)“, „Sunburst (1977)“, „Ticket To Everywhere (1978)“ und „Live 1975“, wenn man seine damals leider recht intensiv ausgeprägten Scheuklappen gegen deutsche Bands in Ost wie West ablegt, einen offensichtlich progressiven Dauerhaltbarkeitswert besitzt!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2064x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • CD 1 = Symphonic Pictures (1976) / Sunburst (1977) = (71:54):
  • Symphonic Pictures (1976)
  • Tao
  • Solution
  • Dialog
  • Sundrops
  • Pictures
  • Wizzard
  • Sunburst (1977)
  • Autumn Sun In Cold Water
  • Artificial Energy
  • Driftin'
  • Troja
  • 1580
  • Explorer
  • CD 2 = Ticket To Everywhere (1978) + Bonus – Live in Essen @ Brain Festival 1978 = (50:29):
  • Ticket To Everywhere (1978)
  • Open Doors
  • Song From India
  • Ticket To Everywhere
  • Spain Span Spanish
  • Here And Now
  • Slow Motion
  • Folk'n'Roll
  • Bonus – Live in Essen @ Brain Festival 1978
  • Every Land Tells A Story
  • Medley: Explorer / Wizzard
  • CD 3 = Live 1975 = (72:06):
  • Tao
  • Dialog
  • Gedankenspiel
  • Modimidofre
  • Prickel Pit
  • Ammernoon
  • Dadadam
  • Ticket To Everywhere

Besetzung:

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