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Shakin' Stevens: Re-Set (Review)
Artist: | Shakin' Stevens |
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Album: | Re-Set |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Singer/Songwriter, Rock, Pop |
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Label: | BMG | |
Spieldauer: | 32:19 | |
Erschienen: | 28.04.2023 | |
Website: | [Link] |
Es ist mal wieder an der Zeit zu ein paar ordentlichen Hüftschwüngen und einer gehörigen Portion Arschwackeln – selbst wenn dabei die Gelenke knacken. Beim Musiker genauso wie bei denjenigen, die mit ihm groß geworden sind und sich spätestens wenn „You Drive Me Crazy“ erklang, in der Disco auf die Tanzbühne sausten, um ein wildes Tänzchen hinzulegen.
Und während man noch in diesen Erinnerungen schwelgt, stellt man fest, wie sehr doch die Zeit ins Land gezogen ist – einen die Musik aber immer jung gehalten hat, selbst wenn die nunmehr völlig anders klingt und sich endlich, statt 'in' oder im 'Trend' zu sein, auf die Suche nach den Wurzeln begibt.
Eine Suche, die uns viel mehr zu sagen hat als dieses Hinterhergehechle nach neuen Trends.
Oder das Gieren nach Klick-Zahlen und das kunstverächtliche Streamen, das an Oberflächlichkeit kaum mehr zu überbieten ist.
Lasst sie sich doch in ihren digitalen Welten verlieren und kleinen Ohrhörer-Stecker in ihre Gehörgänge rammen, als würden sie ihre Ohren mit einen dicken Schmalzpfropfen verkleistern.
Da legen wir viel lieber unsere LP auf den Plattenspieler und genießen, das große LP-Cover und die mit den Texten bedruckte Innenhülle in der Hand, das was uns an Musik, der man richtig zuhört und auch haptisch verfällt, erwartet.
Da setzen wir 'alten Säcke' doch liebe selber die Trends...
...Genauso wie SHAKIN' STEVENS!
Denn der blickt uns 43 Jahre nach dem verrückten 'Driver' zwar nachdenklich, aber bestens gestylt und in hervorragend erscheinender körperlicher Verfassung von seinem aktuellen Album „Re-Set“ entgegen. Ein Album, für das er sich gut vier Jahre Zeit ließ – bzw. Pandemie-bedingt lassen musste – und das diesen nachdenklichen Blick durchaus rechtfertigt, denn aus dem Disco-King ist trotz allem Hit-Appeal auf „Re-Set“ ein sehr kritischer und bedächtiger Musiker geworden, dem die unverkennbar immer negativere Entwicklung in puncto Klima und Gesellschaft durchaus nicht am Allerwertesten vorbeigeht, sondern indem er sich in bester Songwriter-Manier damit auseinandersetzt. Zum Glück sind die wirklich tiefgründigen Texte auf der bedruckten Innenhülle nachzulesen.
Und diesen setzt er gleich noch sein eigenes Statement zuvor: „Die meisten Probleme, mit denen wir heute in unserer Welt konfrontiert sind, wurden durch das intensive und egoistische Verlangen nach übermäßigem materiellen Gewinn, Kontrolle und Macht über andere verursacht. Es mag als Bedürfnis beginnen, steigert sich aber schnell und mündet in Gier, ohne Rücksicht auf die Auswirkungen für andere.“
Bereits der Album-Opener „George“ geht extrem tief und scheint sich mit der Isolation sowie dem Tod bedingt durch die Pandemie zu befassen, wobei offensichtliche Trauer im Mittelpunkt steht: „Now your time stands still / And we will never, forget about you“.
In dieser traurigen Ballade für George, in der Stevens nur zum Piano singt, macht sich viel Verwunderung breit – und sofort wird klar, dass die wilden Disco-Zeiten voller Hüftschwünge und den Gedanken, welches weibliche Wesen man nach der Disco 'abschleppt', längst der Vergangenheit angehören.
Aber dieses Trauerstück stimmt zugleich sehr gut auf „Re-Set“ ein, das viel Wert auf Singer/Songwriter-Qualitäten legt und dabei mehr auf Folk und Country und Blues zurückgreift, ohne dabei das Gespür für eingängige Melodien mit lauter kleinen Ohrwürmchen, die langsam Richtung Ohrmuschel krabbeln und sich spätestens, wie beispielsweise „Not In Real Life“, beim dritten Hördurchgang dort einnisten, aus dem Blick zu verlieren.
„Tick Tock“ lässt dann nicht nur die Uhr ticken, sondern verweist darauf, dass es nicht mehr nur noch '5 vor 12' ist, sondern schon weit darüber hinaus. Wir zerstören unseren Planeten (We treat our planet like a piece of dirt...“), vergiften die Ozeane („Plastic and poising choking the ocean...“) und missachten alle Zeichen („Too many people, ignoring the warning...“), sodass die Uhr tickt und dieses Ticken die endgültig letzte Warnung ist („This is your final call… Tick Tock“).
Von 2018 bis 2022 ließ sich – auch bedingt durch die Pandemie und ein damit verbundenes Umdenken – SHAKIN' STEVENS gut vier Jahre für sein Album Zeit, um dann diese musikalische „Re-Set“-Taste zu drücken, die er zur großen Überraschung bereits schon auf seinem sich den Stoner-Klängen zugewandten letzten 2016er-Album „Echoes Of Our Times“ in Betrieb nahm. Deshalb stellt er fest, dass „Re-Set“ im Grunde genommen eine Fortsetzung der Zeiten-Echos ist, „aber es ist auch anders. Die Menschen waren von 'Echoes Of Our Times' überrascht, und ich denke, dass das Gleiche mit 'Re-Set' passieren wird.“
Davon kann man ausgehen, selbst wenn die Stimme von SHAKIN' STEVENS bei weitem nicht mehr das hergibt, was sie zu seligen Disco-Zeiten zu leisten in der Lage war. Das wird bewusst von Stevens akzeptiert, weswegen auch der stilistische Wechsel erfolgte, bei dem er zudem mit „All You Need Is Greed“ sogar beweist, dass er richtig gut (blues-)rocken kann, während er dem grassierenden Größenwahn und aller Egomanie eine gehörige Absage erteilt. Genauso wie jeder Song ein kleines Stück Lebensgeschichte des Mannes erzählt, der mit seiner Musik die ganze Welt eroberte und Millionen verdiente, und der seine ganze Dankbarkeit, aber auch Angst um diese Welt zum Ausdruck bringt, denn er weiß als einer von 13 Kindern, die seine Mutter unter schwierigen Bedingungen großzog, genau, was es einerseits heißt, dankbar zu sein und andererseits das mit allen Mitteln zu bewahren, was viele in ihrer unbändigen Gier so selbstlos und unvernünftig durch ihr Handeln zerstören.
FAZIT: Wer weiterhin von SHAKIN' STEVENS hüftwackelnde Disco-Mucke mit extremer Hit-Garantie erwartet, der ist bei „Re-Set“ falsch aufgehoben, denn der König der Tanzflächen ist nicht nur deutlich älter sondern auch viel, viel weiser und kritischer geworden und wendet sich auf seinem aktuellen Album den Wurzeln zwischen Folk, Country, Blues und Rock zu, wobei er zudem als Singer/Songwriter berührende Geschichten erzählt, die viel mit seiner Vergangenheit – die wirklich nicht nur rosig war – zu tun haben und allen, welche durch ihr mieses Verhalten zur Gefahr für diesen Planeten und die Menschheit werden, den Kampf ansagt. Solch ein (abwechslungsreiches und kritisches) Album muss man sich erst einmal leisten können – und SHAKIN' STEVENS kann es sich leisten.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (16:15):
- George (3:17)
- Not In Real Life (3:07)
- It All Comes Round (2:57)
- MAY (3:46)
- All You Need Is Greed (3:08)
- Seite B (16:04):
- Tick Tock (3:17)
- Beyond The Illusion (3:57)
- Hard Learned Lesson (2:57)
- Dirty Water (2:57)
- Re-Set (3:06)
- Gesang - Shakin' Stevens
- Sonstige - Jede Menge, auf der LP nicht weiter oder genauer erwähnte Musiker, die an der Entstehung des Album von 2018 bis 2022 mitwirkten
- Singled Out - The Definite Singles Collection (2020)
- Re-Set (2023) - 12/15 Punkten
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