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Francis Of Delirium: Lighthouse (Review)

Artist:

Francis Of Delirium

Francis Of Delirium: Lighthouse
Album:

Lighthouse

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Indie-Pop

Label: Dalliance Recordings
Spieldauer: 38:10
Erschienen: 22.03.2024
Website: [Link]

Um es vorab aus dem Weg zu räumen: Der Projektname FRANCIS OF DELIRIUM, den sich die in Kanada geborene Songwriterin JANA BAHRICH und der aus Seattle stammende Drummer CHRIS HEWETT für ihre gemeinsame Band ausgesucht haben, hat nichts mit den religiösen Ekstasen des heiligen St. Franziskus zu tun, sondern mit einer hysterischen Bewohnerin in dem Altenheim von Bahrichs Großmutter, die ihr offensichtlich prägend im Gedächtnis blieb.

Der etwas eigenartig anmutende Name passt jedoch zu dem unüblichen Konzept, das FRANCIS OF DELIRIUM künstlerisch verfolgen. Die heute 22-jährige Songwriterin und der eine Generation ältere Drummer fanden in ihrer luxemburgischen Wahlheimat nämlich über die Hewetts Tochter zueinander, mit der die Musikerin an der Musikschule, an welcher der Schlagzeuger als Lehrer arbeitete, befreundet ist – und zwar über die gemeinsame Liebe zur großen Phase des Grunge-Booms der 90er, die Hewett ja noch unmittelbar mitbekommen hatte.

Zunächst etablierten sich FRANCIS OF DELIRIUM über die drei eigenproduzierten EPs „All Change“, „Wading“ und „The Funhouse“, mit denen Bahrich in einem ziemlich sperrig-dystopischen Post-Punk- und Shoegaze-Setting ihre Teenage-Angst- und Puberty-Blues-Anliegen anschaulich thematisierte. Parallel dazu empfahlen sich FRANCIS OF DELIRIUM als dynamisch-enigmatischer Live-Act auf Support-Touren für HORSEGIRL oder SOCCER MOMMY sowie als Gäste auf dem REEPERBAHN-Festival.

Die ganze Gemengelage änderte sich dann allerdings, als FRANCIS OF DELIRIUM die Band THE DISTRICTS erstmals auf einer Tour durch die USA begleiteten. Hier nämlich verliebte sich Bahrich (wobei sie nicht verrät, in wen) und zeigte sich von der positiven Attitüde der DISTRICTS und nicht zuletzt von der Weite der amerikanischen Landschaften beeindruckt und inspiriert. Letztlich führte dies dazu, dass sie ihre Einstellung zum Musizieren und Song-Schreiben ein weiteres Mal überdachte und mit einer deutlich positiveren Einstellung an die Sache heranging, als es galt, das Debütalbum „Lighthouse“ in Angriff zu nehmen, das unter diesem Blickwinkel seinen Namen nicht zu unrecht trägt. Kurz gesagt, hatte JANA BAHRICH ihre negativen Energien mit den drei EPs abgearbeitet und konnte sich nun mit einem positiven Mindset als Songwriterin auf dem „Lighthouse“-Album erst so richtig verwirklichen.

Die Rolle der versöhnlichen Romantikerin steht der Musikerin – auch gesanglich – dabei gar nicht schlecht zu Gesicht; vermutlich auch deswegen, weil die erzählten Geschichten auf authentischen Emotionen basieren und tatsächlich von positiven Gedankengängen beflügelt sind. Allerdings ergeht sie sich auch nicht in himmelhoch jauchzender Traumtänzerei, sondern beleuchtet in Songs mit Titeln wie „Real Love“, „First Touch“, „Want You“ aber auch „Alone Tonight“ oder „Starts To End“ so ziemlich alle Aspekte der Liebe – auch die bittersüßen - und singt über die verschiedenen Ausprägungen von Beziehungen, Verlustängsten, ersten Berührungen, enttäuschten Erwartungen, bittersüßem Herzschmerz oder die stoische Akzeptanz der Gegebenheiten.

Das Ergebnis dürfte alle, die die bisherigen Veröffentlichungen von FRANCIS OF DELIRIUM kennen, überraschen. Denn während JANA BAHRICH die düsteren Aspekte ihrer Jugendzeit auf den EPs therapeutisch verarbeitet hatte, entdeckte sie für das „Lighthouse“-Projekt die faszinierenden Möglichkeiten der Pop-Musik für sich und entschloss sich, praktisch ein ganzes Album über die verschiedenen Aspekte der Liebe zu schreiben und dieses auch musikalisch zum Ausdruck zu bringen. Allerdings nicht auf eine eskapistische Art, sondern mit dem Wissen und den Erfahrungen einer gewieften Rockmusikerin in der Hinterhand. So entdeckte sie für sich, dass es neben krachigen Rock-Gitarren eben auch akustische Instrumente, Balladen, ausgefeilte Gesangs-Arrangements, klassische Songformate und Dreampop-Szenarien gibt, die sie allesamt nutze.

Die ersten Aufnahmen von FRANCIS OF DELIRIUM fanden noch in einem Kellerraum neben einer Waschmaschine statt. Ein wichtiger Aspekt bei der Produktion des Albums war der, dass es FRANCIS OF DELIRIUM im Studio erstmals möglich war, den Drumsound greifbar und authentisch produktionstechnisch einzufangen, was wichtig war, da die Songs in gemeinsamen Jam-Sessions basierend auf Drum-Patterns Hewetts und Bahrichs Gitarren-Figuren herausgeschält werden und der nun raumgreifende Schlagzeug-Sound eine Expansion in poppigere Bereiche ermöglichte.

Während bei einigen Tracks, wie z.B. „Ballet Dancers Never Love Again“ „Blue Tuesday“ oder „Something's Changed“, immer noch polternde Drums, rollende Bassläufe und monumentale Breitwand-Riffs eingesetzt werden (wenngleich anders als bisher ornamental und nicht zum Selbstzweck), kommen sanftmütig-balladeske Pop-Nummern wie „Real Love“, das fast schon orchestral angelegte „Starts To End“ oder „Alone Tonight“ ohne solche musikalische Kraftmeierei aus. Insgesamt hinterlässt „Lighthouse“ in diesem Sinne einen ausgeglichenen Eindruck.

FAZIT: Das Debüt-Album des luxemburgischen Projektes FRANCIS OF DELIRIUM dürfte wohl alle jene überraschen, die eine konsequente Fortführung des Postpunk- und Grunge-Rock-Sounds erwartet hätten, den das Duo - insbesondere auch auf der Bühne – bislang in den Vordergrund gestellt hatte. Allerdings dürfte diese Überraschung positiv ausfallen, denn indem sich JANA BAHRICH Und CHRIS HEWETT musikalisch keine Beschränkungen mehr auferlegen und indem Bahrich ihre persönlichen Erfahrungen konstruktiv als Songwriterin zu nutzen weiß, ist „Lighthouse“ statt der vielleicht erwarteten musikalischen Machtdemonstration ein ausgewogenes, facettenreiches Indie-Pop-Album geworden.

Ullrich Maurer (Info) (Review 1664x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
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Tracklist:
  • Ballet Dancers Never Love Again
  • Real Love
  • First Touch
  • Want You
  • Blue Tuesday
  • Cliffs
  • Starts To End
  • Alone Tonight
  • Something's Changed
  • Who You Are
  • Give It Back To Me

Besetzung:

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