Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

No Sugar, No Cream: Future, Exhale (Review)

Artist:

No Sugar, No Cream

No Sugar, No Cream: Future, Exhale
Album:

Future, Exhale

Medium: CD/Download
Stil:

Folkrock, Americana, Singer-Songwriter, Country-Rock, Roots-Pop

Label: Eigenproduktion
Spieldauer: 42:28
Erschienen: 08.06.2024
Website: [Link]

Er ist ein Mann mit exzellentem Musikgeschmack, dieser Peter Funk, der sich als Künstler - in Anlehnung an seine nordamerikanischen Helden - Pete Jay Funk nennt. Seine drei "Inselplatten"? "Blood On The Tracks" von Bob Dylan, "Kind Of Blue" von Miles Davis und "No Deeper Blue von Townes Vand Zandt. Seine Lieblings-Songwriter? Na klar, "pars pro toto besagte Bob Dylan und Townes Van Zandt. Auch Steve Forbert und John Hiatt gehören dazu sowie die jüngeren Semester Conor Oberst und Jason Isbell. Nicht zu vergessen: Jeff Tweedy. Lloyd Cole gehört auch ganz nach oben auf die Liste. Hab ich Leonard Cohen vergessen?" Seine Lieblingssprüche? "This machine kills fascists“ von Americana-Legende Woody Guthrie und Dylans "What looks large from a distance close up ain’t never that big".

Ja, es macht Spaß, sich mit dem 1966 in Stuttgart geborenen und dort in der Nähe aufgewachsenen Sänger und Gitarristen über seine Favoriten zu unterhalten. Und wer so tief drin steckt in der Rock-, Jazz- und Pop-Geschichte und dann auch noch ziemlich begabt als Musiker, der wird im besten Falle selbst ein guter Songschreiber und Performer. Bei Pete Jay Funk - nennen wir ihn fortan weiterhin so - klappte es. Er übernahm die Frontmann-Rolle bei der von ihm mitgegründeten Karlsruher Band NO SUGAR, NO CREAM, die inzwischen weit übers Ländle hinaus bekannt ist. Und zwar völllig zu Recht - Tendenz steigend, auch dank des neuen Albums "Future, Exhale".


Man muss nicht unbedingt in die USA oder nach Kanada schauen, um starke Americana-Musik zu entdecken. Was kürzlich an dieser Stelle schon über die neuen Alben des Schweden Jesper Lindell und der englischen Band The Hanging Stars zu berichten war, gilt auch für NO SUGAR, NO CREAM, die laut Selbstauskunft auf ihrer Website "New Americana from Southwest Germany" machen. Wie wunderbar das klingen kann, beweist das Quintett nun zum wiederholten Mal mit einer Platte voller formvollendeter Roots-Music-Perlen. "Future, Exhale" enthält zehn neue Funk-Lieder, die oft schwermütig, aber auch mal beschwingt oder rockig-treibend (in der Vorab-Auskopplung "Makes My Day" oder der zusammen mit Gitarrist Oli "Earl Grey" Grauer geschriebenen ZZ Top-Annäherung "Come On Home") daherkommen. 

Kein einziger Song lässt hinter NO SUGAR, NO CREAM eine Band vermuten, die nur aus Spaß an der Freud‘ und quasi im Nebenberuf Musik macht (was aber tatsächlich der Fall ist). Sänger/Gitarrist Funk und Bassist/Band-Mitgründer Andreas "AJ" Jüttner etwa sind Zeitungsjournalisten in Karlsruhe, auch die anderen festen NSNC-Mitglieder Heike Wendelin (Gesang, Violine, Bratsche, Mandoline), Frank Schäffner (Schlagzeug) und Grauer spielen zwar top-professionell, sind aber keine Profis im Sinne von The Jayhawks, Son Volt oder (den folkigeren) Wilco, mit deren Sound sich diese Musik am ehesten vergleichen lässt.


Nach mehreren bereits sehr hörenswerten Vorgängern seit 2012 und dem top-ausgereiften Vorgänger "Promises" (2021) dürfte "Future, Exhale" nun das Opus magnum von NO SUGAR, NO CREAM sein. Schon der fünfminütige Opener "Just Bear With Me“ mit seinen düster-elegischen und trotzig-aggressiven Klangfarben hebt das Songwriting auf ein neues Niveau. Funks melancholischer Lead-Gesang sowie Wendelins Geige und Backing-Vocals harmonieren aufs Herzallerliebste, die Rhythmusgruppe Jüttner/Schäffner schiebt toll an - keine Frage, dieses Lied geht sofort "runter wie Öl“. Ein Ausrufezeichen nach all dem Corona-Elend.

Das vorab mit einem Video ausgekoppelte "Makes My Day" spiegelt anschließend neue Lebensfreude, passend zum Albumtitel. Der sei nämlich "die Mitte des Spruchs ‚Inhale the Future, Exhale the past‘ und spukte schon während der Entstehung des Vorgängeralbums durch unsere Köpfe“, erklärt Funk. "Promises" sei eine Trennungs-Platte gewesen – "das neue Album in gewissem Sinne auch, allerdings geht es mehr um eine Trennung von der Vergangenheit. Und damit auch um einen Aufbruch.“ Diese beiden Grundstimmungen spiegeln sich in Songs wie "You Left Me Standing" und "West Of Paris" auf der einen Seite, "Moving On" und "Meet The Future" auf der anderen.



Nach zwei "ganz passabel" überstandenen Corona-Sommern sei der Band 2022 "irgendwie die Luft ausgegangen", erzählt Funk. Der Wendepunkt  für NO SUGAR, NO CREAM war ein Schweden-Urlaub, bei und nach dem Funk sowie "Earl Grey" (Co-Autor auf drei Albumtracks) die Lieder nur so aus den Federn flossen. „Auf dem neuen Album sind zehn Songs – im Vorbereitungsprozess wurde vieles an- und ausprobiert, umarrangiert, verworfen und dann mal wieder ausgepackt“, so Funk. "Ich hatte ungefähr 20 Songs geschrieben. Manche hatten wir sogar geprobt, und trotzdem gerieten sie aus dem Blickfeld. Es war ein längerer Prozess als sonst, aber sehr hilfreich und konstruktiv. Wir würden sagen, er hat uns als Band nochmal weitergebracht.“

Das ist keine Übertreibung. Eine epische Ballade wie "How Crazy It Can Get", der prachtvolle Jingle-Jangle-Countryrocker "Looks Like Rain" oder der Uptempo-Track "He Knows What It’s Like" mit euphorisierender Wendelin-Mandoline sind neue Aushängeschilder für NO SUGAR, NO CREAM. Die Band hatte schon früher mit tollen Gastmusikern (etwa Chris Cacavas von Green On Red und The Dream Syndicate) ihre Anziehungskraft bewiesen, diesmal waren Stefan Roller (Pedal-Steel bei drei Stücken), Miriam Kühnel (Akkordeon) und Rolf Ableiter (Orgel und Produktion) mit dabei. "Gäste waren und sind für uns wichtig. Mit ihnen entwickeln wir uns weiter“, sagt Funk.


FAZIT: Für eine Zeit, in der das Bild von Amerika (zumindest der USA) sich angesichts des Trump-Lügenwahnsinns gerade wieder furchterregend verdüstert, ist schöne, ehrliche Americana-Musik umso wichtiger. NO SUGAR, NO CREAM liefern mit dem programmatisch betitelten "Future, Exhale" einen superben Soundtrack für Gefühle zwischen Verunsicherung und (letztlich dann doch) Optimismus. Dem kalorienarmen Bandnamen zum Trotz (eigentlich geht es hier um starken, unverfälschten Kaffee) bietet dieses Album wie schon die Vorgänger alles Andere als Magerkost - diesmal sogar auf noch höherem Songwriting-, Aufnahme- und Spielniveau.

Werner Herpell (Info) (Review 673x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Just Bear With Me
  • Makes My Day
  • West Of Paris
  • He Knows What It's Like
  • How Crazy It Can Get
  • Looks Like Rain
  • You Left Me Standing
  • Moving On
  • Come On Home
  • Meet The Future

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Wer anderen eine ___ gräbt, fällt selbst hinein.

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!