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Interview mit King Of Agogik (21.02.2010)
God Save The King Of Agogik!
Es ist vollbracht! Zum ersten Mal in meinem Leben darf ich einen König interviewen! Leider musste ich deswegen umgehend das offerierte Angebot von Prinz Charles ausschlagen, auch ihn zu befragen, denn er wollte trotz seiner überdimensionierten Segelohren mit mir nicht über Musik, geschweige denn über den Unterschied sexueller Praktiken von Lady Di und Karmilla sprechen. Prinzen eben – die totalen Langweiler, deren Ohren nur zur besseren Haltbarkeit für ihre Krone geschaffen sind.
Könige sind dagegen schon ganz anders. Denn die beschäftigen sich mit so weltbewegenden Dingen wie beispielsweise der Agogik, also der Lehre von der lebendigen Gestaltung eines Musikstückes, die im Gegensatz zur mechanisch-exakten Wiedergabe, wie bei einer Spieldose, steht. Außerdem regieren sie musikalisch in einer verträumt-romantischen Stadt wie Andernach und lachen sich über Monarchien und Autokratien kaputt, die von anderen selbstgerechten Königen des schlechten musikalischen Geschmacks regiert werden und die Dieter Bohlen oder Hansi Hinterseer heißen.
Das Zepter der musikalischen Könige ist aus musikalischer Vielfalt gemacht, das der selbstgerechten aus vermarktbarer Einfalt. Also stürzen wir uns auf ein vielfältiges Gespräch mit dem KING OF AGOGIK, der immer dann, wenn er seine Krone abgelegt hat, auch als Hans Jörg Schmitz bekannt ist.
Kommen wir also vom Dieter, der nicht nur ein Brett, sondern riesige Bohlen vorm Kopf hat und dem volkstliedtümelnden Hinterse(h)er Hansi zum königlichen Vorwärtsgucker Hans Jörg Schmitz!
Also, gnädige Hoheit! Oder doch besser Hans Jörg? Welche Anrede ist Ihnen/dir denn lieber?
Hans Jörg ist zwar kein besonders schöner Name, aber immerhin (m)ein Name ;-)Laut Stammbuch heiße ich eigentlich Hans Jürg, dies wurde mir allerdings erst bei meiner Hochzeit bewusst. Die Standesbeamtin bestand auf die Unterschrift mit Hans Jürg, und legte mir ans Herz, alle meine Urkunden/Ausweise ändern zu lassen ....Auf Nachfrage bei meiner Mutter, was denn da passiert sei, erzählte sie mir, dass mein Vater bei meiner Geburt die Angabe Hans Jörg gemacht hatte, die Beamtin aber Hans Jürgen verstanden hatte, sie ließ der Einfachheit halber das „ü“ stehen und radierte den Rest aus ...so what... Hans Jürg---würg-----
Der „Titel“ King of Agogik entstand in der Zeit mit der Coverband „ASSHOLES“, deren Mitbegründer ich war und die 17 Jahre lang zusammen musizierte, Hunderte von Gigs im In- und Ausland spielte und u.a. 4 CDs und eine „DVD“ veröffentlichte.Während den Gigs konnte es schon mal vorkommen, dass die ein oder andere Nummer im Tempo „variierte“, meistens etwas zu schnell ... Adrenalin halt. So ist der „King of Agogik“ eigentlich der „König des Rumeierns“, ein eher humorvoller gemeinter Titel, denn das Schlimmste ist, sich selbst zu Ernst zu nehmen.
Es gibt aber auch Menschen, die dies nicht verstehen, und das Ganze in eine andere Richtung interpretieren, dann wirkt es wohl eher hochnäsig. Natürlich arbeite ich heute bewusster mit dem Einsatz der Agogik, eine Art der Unabhängigkeit, welche sich über die Jahre entwickelt hat. Von daher ist „King of Agogik“ der perfekte Name für mein Projekt und dazu ... Google-geeignet!!
Du hast während deiner bisherigen Musikerkarriere insgesamt drei Alben veröffentlicht, wobei das erste, Membraphonic Experience, nicht gerade mit euphorischen Kritiken überschüttet wurde. Du selber hast die CD mit „A drummers little egotrip“ untertitelt, was eigentlich eine ganze Menge sagt. Hast du eine Erklärung für die befremdlichen Kritikerreaktionen oder haben da einige Kritiker nur etwas falsch verstanden?
Die drei Alben sind meine Solo-Alben. Meine erste Veröffentlichung überhaupt war 1983 die LP „Die Zocker - Ich brauch Geld“ - Deutschrock aus Koblenz. Den Mix der Platte machte Walter Quintus, der aber darum bat, nicht auf dem Cover erwähnt zu werden, was mir zu denken gab..... Über die Jahre folgten dann noch viele Recordings.
Anfang der 90er spielte ich in 4 Bands gleichzeitig, da konnte es passieren, dass man mal zwei Gigs an einem Tage machen konnte, teilweise über 120 Auftritte im Jahr.
„Membranophonic Experience“ entstand eher aus Frust. 2005 stieg ich bei einer Progband ein, leider entpuppten sich zwei der drei neuen Mitmusiker als echte (musikalische) Zeitverschwendung und menschliche Wracks. Gefrustet über die verlorene Zeit, begann ich nach meinem Ausstieg mit den Aufnahmen. Diese Arbeit bereitete mir soviel Freude, dass mir die Reflexion der Umwelt eher egal war. In erster Linie ging es mir einfach nur um mein Ego und Spaß an der Freude, deswegen auch der Untertitel.... als eine Art Warnung oder Hinweis.
Natürlich gab es auch ordentlich Schelte der Kritiker... Wer hört schon gerne ein 10-minütiges Schlagzeugsolo auf einer Studio-CD. Meine Musik polarisiert halt.Aber es wurden auch andere Stimmen laut. Es gab sehr gute Reviews, z.B. bei Ragazzi oder MWLZ aus Polen. In der Schlagzeuger-Fachzeitschrift „Sticks“ wurde die Platte „CD des Monats“ und es folgte ein Workshop mit Notenmaterial und einem mehrseitigen Interview. Letztendlich ist es aber mit dem Musikgeschmack, wie mit dem Essen: Entweder es schmeckt dir ...oder halt nicht!
Nunmehr ist ja dein erstes Doppelalbum deine insgesamt dritte Veröffentlichung. Wie würdest du aus heutiger Sicht deine musikalische Entwicklung beschreiben? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen den drei Alben und liegt dir, aus der Distanz betrachtet, ein Album besonders am Herzen, ein anderes vielleicht weniger?
Bei den Arbeiten an den drei Platten gab es unterschiedliche „Herangehensweisen“. Bei „Aleatorik System“ hatte ich eine Menge schräges, rhythmisches „Zeug“ ausgearbeitet. Quintolen-Grooves über ungerade Metren, viele verschiedene unkonventionelle Beats. Mir geht das immer gleich klingende Mainstream-Gekloppe tierisch auf den ....! „The Long March of the Royal Fifth“ ist eins meiner Lieblingsstücke! 22:22 Minuten lang und vollgepackt mit progressiver Musik. Klar ist aber auch, dass solche komplexe Rhythmus-Strukturen Unverständnis und Ablehnung hervorrufen können. Mir kommt das manchmal so vor wie ein „Kafka im Bahnhofskiosk“. Ein Kollege von dir schrieb auf den, nennen wir sie mal die, „Opa-Grünen-Seiten“, dass seine Frau meinte .......“der ist nicht im Takt“........oh Mann, wo kommen wir denn hin, wenn die Mutter, aus der Küche mit einem Ohr hinhörend, die Rezensionen mitschreibt.. ;-)
Aber im Ernst, mich ärgert es nicht, wenn jemand mit der Musik nichts anfangen kann, und gute Kritik nehme ich mir zu Herzen, wenn ich aber merke, dass der- oder diejenige sich gar nicht erst richtig damit beschäftigt hat und dann unprofessionelle Aussagen trifft, kann ich nur den Rat auf Dieter Nuhr’s T-Shirt anbieten: „Wer keine Ahnung hat ... einfach mal Schnauze halten“ (Haha) SORRY! Schließlich würde ich auch niemals einen chinesischen Gedichtband in Originalversion beurteilen können....
Nun aber zurück zu deiner Frage: Bei der neuen Platte“The Rhythmic Drawing Room“ habe ich mehr Wert auf Sounds und Strukturen gelegt. Natürlich gibt es auch hier eine Menge verrückter Drumparts. In der aktuellen „Sticks“ Ausgabe vom Februar 2010 ist die Platte auch wieder CD des Monats geworden. Durch die Mitarbeit von anderen Musikern entstand aber ein erweiteter musikalischer Horizont, es waren ja knapp 10 Menschen in das Projekt involviert. Auch war mir ein besserer, transparenter Sound wichtig. Da ich ja alles alleine mache (John George Smith, Sam Noah sind auch meinereiner) lerne ich ständig hinzu. Das Schlagzeug klingt auf den Platten so, wie ich es hinter dem Set höre, die Hörgewohnheiten des Konsumenten haben sich geändert. Ein Drumset auf einer aktuellen Mainstream-CD hat vom Klang immer weniger mit dem akustischen Instrument zu tun. Ich mische den Sound so, wie ich es seit über 30 Jahren hinter dem Schlagzeug empfinde, das ist für manchen Zuhörer ungewohnt.....
Alle drei Platten sind mir gleich wichtig, doch sobald man ein Projekt abgeschlossen hat, zählt nur noch die Arbeit an der neuesten Produktion.
In deinem „Rhythmic Drawing Room“ hängen insgesamt 10 Bilder, die man auf der Innenseite des liebevoll gestalteten Digi-Packs bewundern kann. Alle scheinen in Beziehung mit den Titeln auf dem Album zu stehen. Kannst du uns etwas zu den Hintergründen dieser Bilder und deren Verbindung zu den einzelnen Titeln erzählen?
Klar, da gibt es z.B. ein Bild mit dem echten „Crimson Drawing Room“, der Raum im Windsor Castle, in dem die Queen ihre Gäste empfängt.
Der alte Hafen Roms „Ostia“ ist zu bewundern.
Ein Portrait von John Cleese, der als Sample auf dem Stück „...too much butter...“ zu hören ist.
Der Mad-Hatter, ein Symbol für die Plattenfirma Charisma und meine Verneigung vor Genesis und Konsorten.
Meine Heimatstadt Andernach ist zu finden, genauso wie ein Bild mit der Entwicklung des konventionellen Schlagzeuges und eine Mondszene von Constantinovich, stellvertretend für meine romantische Seite. Ich bin eigentlich ein Romantiker, der in dem Körper eines LKW Fahrers gefangen ist ;-)
Du bist ein großer Freund von schwarzem Humor. In „Welcome To The Butchery“ arbeitest du, laut eigener Aussage, wortwörtlich recht bissig die Problematik auf, was wir Menschen den Tieren so alles antun. Kannst du das ein wenig konkretisieren?
Na ja, wenn ich mir die Massenhaltung von Tieren anschaue, schaudert es mir. Ich bin bestimmt kein Kostverächter und auch kein Vegetarier, aber bei manchen Dingen bleibt auch mir der Bissen im Halse stecken. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir seit einiger Zeit eigene Hühner haben, die werden zwar auch eines Tages, wenn sie dann wirklich alt sind, geschlachtet, aber ich kann mir 100% sicher sein, dass sie bei uns ein gutes Leben hatten.
Da kommt mir der Satz einer alten Nachbarin in den Sinn: „Wer keine Viecher leiden kann, kann auch keine Menschen leiden!“
Bleiben wir mal bei deinem neusten Album. Auf „Moonlit Window“ beschreibst du deine Sicht aus dem Blickwinkel des 14-jährigen Jungen Hans Jörg, der sich unter dem Einfluss der Musik verändert. Also wie war sie denn so, deine Kindheit vor und nach Genesis?
Musik gab und gibt mir immer die Möglichkeit dem Alltag zu entrinnen. Meine erste Single war von den Beatles „Penny Lane/Strawberry Fields forever”. Ich war und bin ein großer Beatles Fan und auf allen drei KoA-CDs findet man John Lennon akustisch vertreten. Dann kam die Zeit der musikalischen Weiterentwicklung, z.B. durch „Seconds Out“ oder andere tolle Platten.
Genesis und Yes waren die Favoriten, aber ich bin und bleibe musikalisch für alles Gute offen.
Mike Oldfield ließ mich wirklich der Welt entrücken ... und selbst heute empfinde ich ähnlich, wenn ich wieder mal Hergest Ridge oder Ommadawn höre...... zum Entspannen nach einem mehrstündigen „Trommeltag“ lasse ich sehr gerne z.B. Vollenweider, Vangelis oder Klassik in mein Tinnitus geplagtes Ohr fließen....
Wenn wir schon bei Kindern sind. Du hast auf deinem letzten Album sogar deinen Sohn an den Keyboards mitwirken lassen. Wie kamst du auf die Idee und habt ihr beide einen ähnlichen Musikgeschmack?
Na was gibt es den Schöneres für einen Musiker, wenn der ...gude Jung... auch Musik macht. Philipp spielt mit seinen 15 Jahren bereits in drei Bands. Bei einer agiert er als Keyboarder und bei den beiden anderen zupft er den Bass. Er hat seit ein paar Jahren Klavierunterricht und sein Basslehrer ist Volker Cornet, welcher auf allen KoA-CDs mitspielte. Philipp hört von Klassik bis Prog alles und ist von mir seit frühester Kindheit mit „guter“ Musik versorgt worden....... Er zeigt starkes Interesse an einem Chapman Stick, und ich hoffe ihn weiterhin gut unterstützen zu können. Seine Band probt bei uns und es macht mich stolz, ihn so aufwachsen zu sehen.
In einigen Kritiken zu deinem letzten Album wurde behauptet, „The Rhythmic Drawing Room“ wäre ein Konzeptalbum. Von dir selber habe ich gehört, dass das einzige Konzept, welches du bei dem Album gewählt hast, die totale Konzeptlosigkeit sei. Also, welche Hintergründe hattest du beim Produzieren deines Albums und was hältst du im Allgemeinen von Konzeptalben?
Ein paar der besten Platten aller Zeiten sind Konzeptalben. „Tales from Topographic oceans“, „The Lamb lies down on broadway”, “The Wall”, wenn das Konzept stimmt und es dann auch entsprechend umgesetzt wird, kann das die Krönung sein.Die nächste King of Agogik CD wir ebenfalls ein Konzeptalbum werden. Allerdings bleibt es, nur instrumental, schwieriger dies umzusetzenund ich möchte mich bestimmt nicht damit an o.g. Alben messen. Es ist einfach eine von meinen nicht enden wollenden Ideen, die ich nun verwirklichen werde. Bei „The Rhythmic Drawing Room“ wollte ich völlig unterschiedliche Gefühle transportieren. Z.B. ist mir Humor sehr wichtig ...... Romantik, Aggressionen, aber auch alle anderen Facetten!
Was erwartet uns zukünftig vom King Of Agogik?
Ich versuche bei der nächsten Platte wieder in eine neue Richtung zu gehen, obwohl das Verrückte immer Bestandteil bleiben wird. Aber bedingt durch das Konzept werden vielleicht dann doch mehr Songstrukturen als bisher gewohnt entstehen. Ich hoffe auch, wieder einige neue Mitmusiker begrüßen zu können.
Also, wer das liest ist doo... ne, wer Interesse hat und ein guter Musiker, vielleicht sogar mit einem ausgefallenen Instrument, ist, der kann sich gerne melden....... Es wartet viel Arbeit für wenig Geld auf euch J
Ich wurde irgendwann einmal als Kritiker gefragt, ob ich mir schon Gedanken darüber gemacht hätte, was für Musik bei meiner Beerdigung gespielt werden sollte. Eine Frage, über die ich noch heute nachgrüble und wobei mir nur von Frank Zappa sein abgefahrener Text von „Sofa Nr. 2“ einfiel, der mit der beeindruckenden Weisheit: „Ich bin hier und du bist mein Sofa“, verblüffte. Ein guter Abgesang eines Unbequemen an seine bequemen Landsleute. Hast du dir über diese existenzielle Frage schon einmal Gedanken gemacht?
Bei mir steht das schon seit Jahren fest und ich bläue dies meinem Sohn ein.
„Good Night“ vom „White Album“ der Beatles. Und ich freue mich schon darauf, auf einem Hügel unter einem Baum zu liegen, der Musik zu lauschen und alles ist getan..........
Habe ich eine wichtige Frage vergessen? Wenn ja, welche? Und natürlich darfst du die auch gleich beantworten!
Was sind wichtige Fragen? Ich bin froh, dass du nicht die sonst üblichen Standard-Fragen gestellt hast, also was ich für Instrumente spiele usw. findet sich ja auf den Internetseiten:
www.schlag-das-zeug.de und www.king-of-agogik.com
Du verzichtest auf deinen Alben ja gänzlich auf Texte. Gibt’s aber vielleicht doch eine verbale Weisheit, die du unseren Lesern am Ende dieses Interviews mit auf den Weg geben willst?
Zuerst möchte ich dem Interviewer, also dir, danken. Nur durch Menschen mit dem wirklichen Interesse an neuen, wahrhaftig nicht kommerziellen Dingen, ermöglicht man überhaupt eine Weiterentwicklung.
Für Alle aber gilt: Locker bleiben, sich Zeit nehmen. Alles nicht zu Ernst sehen.
Jedes Ende ist ein neuer Anfang! ....... „Good Night, ev’rybody, ev’rywhere”!
Thoralf Koß - Chefredakteur
(Info)
Es ist vollbracht! Zum ersten Mal in meinem Leben darf ich einen König interviewen! Leider musste ich deswegen umgehend das offerierte Angebot von Prinz Charles ausschlagen, auch ihn zu befragen, denn er wollte trotz seiner überdimensionierten Segelohren mit mir nicht über Musik, geschweige denn über den Unterschied sexueller Praktiken von Lady Di und Karmilla sprechen. Prinzen eben – die totalen Langweiler, deren Ohren nur zur besseren Haltbarkeit für ihre Krone geschaffen sind.
Könige sind dagegen schon ganz anders. Denn die beschäftigen sich mit so weltbewegenden Dingen wie beispielsweise der Agogik, also der Lehre von der lebendigen Gestaltung eines Musikstückes, die im Gegensatz zur mechanisch-exakten Wiedergabe, wie bei einer Spieldose, steht. Außerdem regieren sie musikalisch in einer verträumt-romantischen Stadt wie Andernach und lachen sich über Monarchien und Autokratien kaputt, die von anderen selbstgerechten Königen des schlechten musikalischen Geschmacks regiert werden und die Dieter Bohlen oder Hansi Hinterseer heißen.
Das Zepter der musikalischen Könige ist aus musikalischer Vielfalt gemacht, das der selbstgerechten aus vermarktbarer Einfalt. Also stürzen wir uns auf ein vielfältiges Gespräch mit dem KING OF AGOGIK, der immer dann, wenn er seine Krone abgelegt hat, auch als Hans Jörg Schmitz bekannt ist.
Kommen wir also vom Dieter, der nicht nur ein Brett, sondern riesige Bohlen vorm Kopf hat und dem volkstliedtümelnden Hinterse(h)er Hansi zum königlichen Vorwärtsgucker Hans Jörg Schmitz!
Also, gnädige Hoheit! Oder doch besser Hans Jörg? Welche Anrede ist Ihnen/dir denn lieber?
Hans Jörg ist zwar kein besonders schöner Name, aber immerhin (m)ein Name ;-)Laut Stammbuch heiße ich eigentlich Hans Jürg, dies wurde mir allerdings erst bei meiner Hochzeit bewusst. Die Standesbeamtin bestand auf die Unterschrift mit Hans Jürg, und legte mir ans Herz, alle meine Urkunden/Ausweise ändern zu lassen ....Auf Nachfrage bei meiner Mutter, was denn da passiert sei, erzählte sie mir, dass mein Vater bei meiner Geburt die Angabe Hans Jörg gemacht hatte, die Beamtin aber Hans Jürgen verstanden hatte, sie ließ der Einfachheit halber das „ü“ stehen und radierte den Rest aus ...so what... Hans Jürg---würg-----
Der „Titel“ King of Agogik entstand in der Zeit mit der Coverband „ASSHOLES“, deren Mitbegründer ich war und die 17 Jahre lang zusammen musizierte, Hunderte von Gigs im In- und Ausland spielte und u.a. 4 CDs und eine „DVD“ veröffentlichte.Während den Gigs konnte es schon mal vorkommen, dass die ein oder andere Nummer im Tempo „variierte“, meistens etwas zu schnell ... Adrenalin halt. So ist der „King of Agogik“ eigentlich der „König des Rumeierns“, ein eher humorvoller gemeinter Titel, denn das Schlimmste ist, sich selbst zu Ernst zu nehmen.
Es gibt aber auch Menschen, die dies nicht verstehen, und das Ganze in eine andere Richtung interpretieren, dann wirkt es wohl eher hochnäsig. Natürlich arbeite ich heute bewusster mit dem Einsatz der Agogik, eine Art der Unabhängigkeit, welche sich über die Jahre entwickelt hat. Von daher ist „King of Agogik“ der perfekte Name für mein Projekt und dazu ... Google-geeignet!!
Du hast während deiner bisherigen Musikerkarriere insgesamt drei Alben veröffentlicht, wobei das erste, Membraphonic Experience, nicht gerade mit euphorischen Kritiken überschüttet wurde. Du selber hast die CD mit „A drummers little egotrip“ untertitelt, was eigentlich eine ganze Menge sagt. Hast du eine Erklärung für die befremdlichen Kritikerreaktionen oder haben da einige Kritiker nur etwas falsch verstanden?
Die drei Alben sind meine Solo-Alben. Meine erste Veröffentlichung überhaupt war 1983 die LP „Die Zocker - Ich brauch Geld“ - Deutschrock aus Koblenz. Den Mix der Platte machte Walter Quintus, der aber darum bat, nicht auf dem Cover erwähnt zu werden, was mir zu denken gab..... Über die Jahre folgten dann noch viele Recordings.
Anfang der 90er spielte ich in 4 Bands gleichzeitig, da konnte es passieren, dass man mal zwei Gigs an einem Tage machen konnte, teilweise über 120 Auftritte im Jahr.
„Membranophonic Experience“ entstand eher aus Frust. 2005 stieg ich bei einer Progband ein, leider entpuppten sich zwei der drei neuen Mitmusiker als echte (musikalische) Zeitverschwendung und menschliche Wracks. Gefrustet über die verlorene Zeit, begann ich nach meinem Ausstieg mit den Aufnahmen. Diese Arbeit bereitete mir soviel Freude, dass mir die Reflexion der Umwelt eher egal war. In erster Linie ging es mir einfach nur um mein Ego und Spaß an der Freude, deswegen auch der Untertitel.... als eine Art Warnung oder Hinweis.
Natürlich gab es auch ordentlich Schelte der Kritiker... Wer hört schon gerne ein 10-minütiges Schlagzeugsolo auf einer Studio-CD. Meine Musik polarisiert halt.Aber es wurden auch andere Stimmen laut. Es gab sehr gute Reviews, z.B. bei Ragazzi oder MWLZ aus Polen. In der Schlagzeuger-Fachzeitschrift „Sticks“ wurde die Platte „CD des Monats“ und es folgte ein Workshop mit Notenmaterial und einem mehrseitigen Interview. Letztendlich ist es aber mit dem Musikgeschmack, wie mit dem Essen: Entweder es schmeckt dir ...oder halt nicht!
Nunmehr ist ja dein erstes Doppelalbum deine insgesamt dritte Veröffentlichung. Wie würdest du aus heutiger Sicht deine musikalische Entwicklung beschreiben? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen den drei Alben und liegt dir, aus der Distanz betrachtet, ein Album besonders am Herzen, ein anderes vielleicht weniger?
Bei den Arbeiten an den drei Platten gab es unterschiedliche „Herangehensweisen“. Bei „Aleatorik System“ hatte ich eine Menge schräges, rhythmisches „Zeug“ ausgearbeitet. Quintolen-Grooves über ungerade Metren, viele verschiedene unkonventionelle Beats. Mir geht das immer gleich klingende Mainstream-Gekloppe tierisch auf den ....! „The Long March of the Royal Fifth“ ist eins meiner Lieblingsstücke! 22:22 Minuten lang und vollgepackt mit progressiver Musik. Klar ist aber auch, dass solche komplexe Rhythmus-Strukturen Unverständnis und Ablehnung hervorrufen können. Mir kommt das manchmal so vor wie ein „Kafka im Bahnhofskiosk“. Ein Kollege von dir schrieb auf den, nennen wir sie mal die, „Opa-Grünen-Seiten“, dass seine Frau meinte .......“der ist nicht im Takt“........oh Mann, wo kommen wir denn hin, wenn die Mutter, aus der Küche mit einem Ohr hinhörend, die Rezensionen mitschreibt.. ;-)
Aber im Ernst, mich ärgert es nicht, wenn jemand mit der Musik nichts anfangen kann, und gute Kritik nehme ich mir zu Herzen, wenn ich aber merke, dass der- oder diejenige sich gar nicht erst richtig damit beschäftigt hat und dann unprofessionelle Aussagen trifft, kann ich nur den Rat auf Dieter Nuhr’s T-Shirt anbieten: „Wer keine Ahnung hat ... einfach mal Schnauze halten“ (Haha) SORRY! Schließlich würde ich auch niemals einen chinesischen Gedichtband in Originalversion beurteilen können....
Nun aber zurück zu deiner Frage: Bei der neuen Platte“The Rhythmic Drawing Room“ habe ich mehr Wert auf Sounds und Strukturen gelegt. Natürlich gibt es auch hier eine Menge verrückter Drumparts. In der aktuellen „Sticks“ Ausgabe vom Februar 2010 ist die Platte auch wieder CD des Monats geworden. Durch die Mitarbeit von anderen Musikern entstand aber ein erweiteter musikalischer Horizont, es waren ja knapp 10 Menschen in das Projekt involviert. Auch war mir ein besserer, transparenter Sound wichtig. Da ich ja alles alleine mache (John George Smith, Sam Noah sind auch meinereiner) lerne ich ständig hinzu. Das Schlagzeug klingt auf den Platten so, wie ich es hinter dem Set höre, die Hörgewohnheiten des Konsumenten haben sich geändert. Ein Drumset auf einer aktuellen Mainstream-CD hat vom Klang immer weniger mit dem akustischen Instrument zu tun. Ich mische den Sound so, wie ich es seit über 30 Jahren hinter dem Schlagzeug empfinde, das ist für manchen Zuhörer ungewohnt.....
Alle drei Platten sind mir gleich wichtig, doch sobald man ein Projekt abgeschlossen hat, zählt nur noch die Arbeit an der neuesten Produktion.
In deinem „Rhythmic Drawing Room“ hängen insgesamt 10 Bilder, die man auf der Innenseite des liebevoll gestalteten Digi-Packs bewundern kann. Alle scheinen in Beziehung mit den Titeln auf dem Album zu stehen. Kannst du uns etwas zu den Hintergründen dieser Bilder und deren Verbindung zu den einzelnen Titeln erzählen?
Klar, da gibt es z.B. ein Bild mit dem echten „Crimson Drawing Room“, der Raum im Windsor Castle, in dem die Queen ihre Gäste empfängt.
Der alte Hafen Roms „Ostia“ ist zu bewundern.
Ein Portrait von John Cleese, der als Sample auf dem Stück „...too much butter...“ zu hören ist.
Der Mad-Hatter, ein Symbol für die Plattenfirma Charisma und meine Verneigung vor Genesis und Konsorten.
Meine Heimatstadt Andernach ist zu finden, genauso wie ein Bild mit der Entwicklung des konventionellen Schlagzeuges und eine Mondszene von Constantinovich, stellvertretend für meine romantische Seite. Ich bin eigentlich ein Romantiker, der in dem Körper eines LKW Fahrers gefangen ist ;-)
Du bist ein großer Freund von schwarzem Humor. In „Welcome To The Butchery“ arbeitest du, laut eigener Aussage, wortwörtlich recht bissig die Problematik auf, was wir Menschen den Tieren so alles antun. Kannst du das ein wenig konkretisieren?
Na ja, wenn ich mir die Massenhaltung von Tieren anschaue, schaudert es mir. Ich bin bestimmt kein Kostverächter und auch kein Vegetarier, aber bei manchen Dingen bleibt auch mir der Bissen im Halse stecken. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir seit einiger Zeit eigene Hühner haben, die werden zwar auch eines Tages, wenn sie dann wirklich alt sind, geschlachtet, aber ich kann mir 100% sicher sein, dass sie bei uns ein gutes Leben hatten.
Da kommt mir der Satz einer alten Nachbarin in den Sinn: „Wer keine Viecher leiden kann, kann auch keine Menschen leiden!“
Bleiben wir mal bei deinem neusten Album. Auf „Moonlit Window“ beschreibst du deine Sicht aus dem Blickwinkel des 14-jährigen Jungen Hans Jörg, der sich unter dem Einfluss der Musik verändert. Also wie war sie denn so, deine Kindheit vor und nach Genesis?
Musik gab und gibt mir immer die Möglichkeit dem Alltag zu entrinnen. Meine erste Single war von den Beatles „Penny Lane/Strawberry Fields forever”. Ich war und bin ein großer Beatles Fan und auf allen drei KoA-CDs findet man John Lennon akustisch vertreten. Dann kam die Zeit der musikalischen Weiterentwicklung, z.B. durch „Seconds Out“ oder andere tolle Platten.
Genesis und Yes waren die Favoriten, aber ich bin und bleibe musikalisch für alles Gute offen.
Mike Oldfield ließ mich wirklich der Welt entrücken ... und selbst heute empfinde ich ähnlich, wenn ich wieder mal Hergest Ridge oder Ommadawn höre...... zum Entspannen nach einem mehrstündigen „Trommeltag“ lasse ich sehr gerne z.B. Vollenweider, Vangelis oder Klassik in mein Tinnitus geplagtes Ohr fließen....
Wenn wir schon bei Kindern sind. Du hast auf deinem letzten Album sogar deinen Sohn an den Keyboards mitwirken lassen. Wie kamst du auf die Idee und habt ihr beide einen ähnlichen Musikgeschmack?
Na was gibt es den Schöneres für einen Musiker, wenn der ...gude Jung... auch Musik macht. Philipp spielt mit seinen 15 Jahren bereits in drei Bands. Bei einer agiert er als Keyboarder und bei den beiden anderen zupft er den Bass. Er hat seit ein paar Jahren Klavierunterricht und sein Basslehrer ist Volker Cornet, welcher auf allen KoA-CDs mitspielte. Philipp hört von Klassik bis Prog alles und ist von mir seit frühester Kindheit mit „guter“ Musik versorgt worden....... Er zeigt starkes Interesse an einem Chapman Stick, und ich hoffe ihn weiterhin gut unterstützen zu können. Seine Band probt bei uns und es macht mich stolz, ihn so aufwachsen zu sehen.
In einigen Kritiken zu deinem letzten Album wurde behauptet, „The Rhythmic Drawing Room“ wäre ein Konzeptalbum. Von dir selber habe ich gehört, dass das einzige Konzept, welches du bei dem Album gewählt hast, die totale Konzeptlosigkeit sei. Also, welche Hintergründe hattest du beim Produzieren deines Albums und was hältst du im Allgemeinen von Konzeptalben?
Ein paar der besten Platten aller Zeiten sind Konzeptalben. „Tales from Topographic oceans“, „The Lamb lies down on broadway”, “The Wall”, wenn das Konzept stimmt und es dann auch entsprechend umgesetzt wird, kann das die Krönung sein.Die nächste King of Agogik CD wir ebenfalls ein Konzeptalbum werden. Allerdings bleibt es, nur instrumental, schwieriger dies umzusetzenund ich möchte mich bestimmt nicht damit an o.g. Alben messen. Es ist einfach eine von meinen nicht enden wollenden Ideen, die ich nun verwirklichen werde. Bei „The Rhythmic Drawing Room“ wollte ich völlig unterschiedliche Gefühle transportieren. Z.B. ist mir Humor sehr wichtig ...... Romantik, Aggressionen, aber auch alle anderen Facetten!
Was erwartet uns zukünftig vom King Of Agogik?
Ich versuche bei der nächsten Platte wieder in eine neue Richtung zu gehen, obwohl das Verrückte immer Bestandteil bleiben wird. Aber bedingt durch das Konzept werden vielleicht dann doch mehr Songstrukturen als bisher gewohnt entstehen. Ich hoffe auch, wieder einige neue Mitmusiker begrüßen zu können.
Also, wer das liest ist doo... ne, wer Interesse hat und ein guter Musiker, vielleicht sogar mit einem ausgefallenen Instrument, ist, der kann sich gerne melden....... Es wartet viel Arbeit für wenig Geld auf euch J
Ich wurde irgendwann einmal als Kritiker gefragt, ob ich mir schon Gedanken darüber gemacht hätte, was für Musik bei meiner Beerdigung gespielt werden sollte. Eine Frage, über die ich noch heute nachgrüble und wobei mir nur von Frank Zappa sein abgefahrener Text von „Sofa Nr. 2“ einfiel, der mit der beeindruckenden Weisheit: „Ich bin hier und du bist mein Sofa“, verblüffte. Ein guter Abgesang eines Unbequemen an seine bequemen Landsleute. Hast du dir über diese existenzielle Frage schon einmal Gedanken gemacht?
Bei mir steht das schon seit Jahren fest und ich bläue dies meinem Sohn ein.
„Good Night“ vom „White Album“ der Beatles. Und ich freue mich schon darauf, auf einem Hügel unter einem Baum zu liegen, der Musik zu lauschen und alles ist getan..........
Habe ich eine wichtige Frage vergessen? Wenn ja, welche? Und natürlich darfst du die auch gleich beantworten!
Was sind wichtige Fragen? Ich bin froh, dass du nicht die sonst üblichen Standard-Fragen gestellt hast, also was ich für Instrumente spiele usw. findet sich ja auf den Internetseiten:
www.schlag-das-zeug.de und www.king-of-agogik.com
Du verzichtest auf deinen Alben ja gänzlich auf Texte. Gibt’s aber vielleicht doch eine verbale Weisheit, die du unseren Lesern am Ende dieses Interviews mit auf den Weg geben willst?
Zuerst möchte ich dem Interviewer, also dir, danken. Nur durch Menschen mit dem wirklichen Interesse an neuen, wahrhaftig nicht kommerziellen Dingen, ermöglicht man überhaupt eine Weiterentwicklung.
Für Alle aber gilt: Locker bleiben, sich Zeit nehmen. Alles nicht zu Ernst sehen.
Jedes Ende ist ein neuer Anfang! ....... „Good Night, ev’rybody, ev’rywhere”!
Alle Reviews dieser Band:
- King Of Agogik - Aleatorik System (2008)
- King Of Agogik - The Rhythmic Drawing Room (2009)
- King Of Agogik - From A To A (2011)
- King Of Agogik - Exlex Beats (2014)
- King Of Agogik - Morning Star (2017)
- King Of Agogik - After The Last Stroke (2019)