GRIFTEGÅRD sind ein schwedischer Fünfer, der sich mit Leib und Seele Doom der Marke alte CATHEDRAL oder CANDLEMASS verschrieben hat. Mit ihrem 2-Song-Demo von 2007 erregten sie international Aufsehen, sind aber nach nur knapp zwei handvoll Konzerten jetzt dabei, den ersten Longplayer aufzunehmen. Anlässlich ihres Gigs in Hamburg mit den Holländern THE DEVIL'S BLOOD nutzte ich die Gelegenheit, mich über Gott und die Welt mit Gitarrist Ola zu unterhalten. Here we go:

Hi Ola, es ist nicht gerade einfach eine Band zu interviewen, von der eigentlich nur 3 Songs bekannt sind...Wir Deutschen haben ja immer Schwierigkeiten mit den skandinavischen Schriftzeichen, wie spricht man den Bandnamen eigentlich richtig aus?

Ha, ja das Problem mit dem schwedischen „Å“, der Name wird „Griftegoord“ ausgesprochen.

Ihr spielt heute Abend mit den Holländern THE DEVIL'S BLOOD. Wie kommt ihr zu denen?

Naja, wir sind auf demselben Label, Van-Records, und die haben dieses 2-Band-Event heute hier organisiert. Das ist die Verbindung, zumindest auf dem Papier.

Und persönlich?

Persönlich war ich schon länger mit der Band in Kontakt, weil ich ein Label namens „I Hate“ Records hatte und THE DEVIL'S BLOOD signen wollte. Es ist Ironie und Laune des Schicksals, dass wir jetzt beide bei demselben Label gelandet sind.

Du machst das Label nicht mehr, warum?

Aus familiären Gründen, es ist sehr hart, ein Label am Laufen zu halten, Vollzeit zu arbeiten und Familie zu haben. Deshalb habe ich mich bis auf ein paar Kleinigkeiten, die ich gelegentlich mal erledige, komplett daraus zurückgezogen.

Es ist ja fast unmöglich, GRIFTEGÅRD zu interviewen, ohne über Religion oder die Zeugen Jehovas zu sprechen.

Ja, ich befürchte, ich habe mich selbst in diese Lage gebracht...

Du bist ja als Zeuge Jehovas aufgewachsen. Wie fühlt sich das im Nachhinein an? Ich nehme die Zeugen Jehovas immer als seltsame Leute wahr, die mir den „Wachturm“ aufschwatzen wollen. Auf der anderen Seite habe ich während meines Studiums ziemlich viele Zeugen Jehovas in der Psychiatrie gesehen...

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite hat mir die Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas viele Schmerzen bereitet, aber im Nachhinein auch positive Aspekte, da es mir eine Basis gegeben hat und mir einige Erfahrungen erspart hat, wie Drogen oder Alkohol; Dinge die ich zu der Zeit, wenn Jugendlicher sie normalerweise ausprobierten, noch nicht kennengelernt hatte. Es ist immer noch wie ein unfreiwilliger Kompass in mir, aber das Meiste war definitiv Schmerz.

Die Zeugen Jehovas zu verlassen war also auch eine Flucht?

Auf jeden Fall. Sonst würde ich jetzt nicht hier sitzen, in meiner Band spielen und Metal hören. Ich könnte mir nichts davon vorstellen, wenn ich sie nicht verlassen hätte. Unter keinen Umständen könnte ich heute noch bei ihnen sein.

Das ist natürlich eine sehr persönliche Frage gewesen, aber wenn man einen Track der „Psalmbok“-EP nach dem Gründer der Zeugen Jehovas benennt, liegt sie ja irgendwie nahe.

Das stimmt und irgendwie bettele ich ja auch um diese Fragen, aber der Song „Charles Taze Russell“ ist meine Beschreibung der Paranoia und des immer angedrohten Weltuntergangs, der Wahnsinn, der unter den Mitgliedern dieses Kultes oder dieser Sekte herrscht. Dieses Gefühl der Angst, die ständige Alarmbereitschaft aus Angst vor Armageddon, all das wollte ich mit dem Text ausdrücken. Und irgendwie bin ich auch ein Teil des Ganzen.

Ich will dir nicht zu nahe treten, aber kann man als Heranwachsender wirklich noch an Dinge wie Armageddon glauben?

Natürlich, es ist so natürlich wie Atmen für dich. Ich bin da hineingeboren worden und damit aufgewachsen, da gibt es nichts anderes. Und wenn du Teil dieser Sekte bist, bist du für die Außenwelt nicht empfänglich, das ist die Welt Satans, er regiert sie. Und du hütest dich natürlich davor, dass diese Welt zu dir kommt. Selbstverständlich habe ich auch an Armageddon geglaubt, das kann jederzeit kommen. Das klingt verrückt für Menschen, die nicht der Gehirnwäsche der Zeugen Jehovas unterzogen wurden, ich weiß.

Wie würdest du denn deine Kinder in religiösen Dingen erziehen, neutral oder zu Atheisten?

Ich würde da gar nichts unternehmen, da weder ich, noch jemand anderes in der Band heute religiös ist. Aber um über mich persönlich zu sprechen, ich bin ein Suchender, ich suche immer und überall nach der Wahrhaftigkeit, ich benutze dazu alle Arten von Religion, Menschen,  Schriften, Kunst, aber ich habe bisher noch nichts absolut überzeugendes gefunden, das ich es zu meiner Religion machen könnte. Also suche ich weiter. Deshalb bin ich sicher nicht der Richtige, der Anderen was von Religion erzählen sollte. Das interessiert mich auch nicht so sehr, ich will, dass meine Kinder nachdenken und fühlen können, um das, was wir als tägliches Leben kennenlernen und ertragen müssen, für eine gewisse Zeit ausblenden zu können. Ich meine gar nicht so sehr übernatürliche Dinge, sondern den Dreck mit dem wir pausenlos bombardiert werden.

Du hast ja genau wie ich viele Tiere, lebst du auf dem Lande?

Es ist ein sehr kleines Dorf, genau genommen 5 Häuser, die um einen Stall angeordnet sind. Jeder macht da was mit Pferden, das kostet zwar viel Zeit, aber du bekommst unglaublich viel von den Tieren zurück. Gerade zwischen Menschen und Hunden gibt es eine Verbindung und es ist sicher gut für Kinder, mit Tieren aufzuwachsen.

Habt ihr eigentlich mal ein schlechtes Review für „Psalmbok“ bekommen?

Hm, das schlechteste was ich kenne, waren 7 von 10 Punkten. Also nicht wirklich, aber es ist natürlich einfach zwei gute Songs zu veröffentlichen, da ist ein Longplayer schon schwieriger.

Genau darauf wollte ich hinaus. Standet ihr deshalb bei den Aufnahmen zu eurer LP unter Druck, den hohen Standard zu halten? Oder seid ihr die Aufnahmen locker angegangen?

Wir sind locker herangegangen. Wir machen uns nicht den großen Kopf, wie wir das Level halten können, wir machen das, was wir fühlen. Ich weiß, jede Band sagt das, aber es dreht sich alles um Gefühl und Atmosphäre und darum, sich selbst treu zu bleiben, dann löst sich der Rest von selbst. Außerdem sind einige Riffs und Ideen schon 10 Jahre alt, also ordentlich gereift und ich spiele sie immer noch, ohne damit vorher was angefangen zu haben. Und wenn man sie nach 10 Jahren immer noch gerne spielt, können die Riffs nicht so schlecht sein, oder?

Kannst Du dir GRIFTEEGÅRD mit einem anderen Sänger als Thomas vorstellen?

Nein. Niemals. Thomas ist das Sprachrohr der Band, ohne ihn würde es GRIFTEEGÅRD nicht geben. Seine Stimme ist einmalig, einerseits klar, aber trotzdem derbe und verschlissen. Aber das wichtigste: Er hat das Gefühl für die Texte, die ich schreibe.

Gefühl ist ein gutes Stichwort. Ich schätze GRIFTEEGÅRD deshalb, weil sie mein Lebensgefühl treffen und in meinem Alter findet man nicht oft gute neue Bands.

Wie alt bist Du denn?

 Ähm, 43.

Also nochmal acht Jahre älter als ich. Da ist es natürlich ein besonderes Lob, haha. Aber das ist ja unser Anliegen, Gefühl vermitteln. Du kannst ja auch in einer Band spielen, weil sie headbanging-freundliche Rhythmen benutzt, aber darum geht es uns nicht. Es geht, wie schon gesagt, um Gefühl und Atmosphäre. Da hilft auch die beste Produktion nichts, es ist eher andersherum, wenn die Musik gut ist, kann man auch über eine schlechte Produktion hinwegsehen. Denk da nur an die vielen Achtziger-Metalscheiben, die zum Teil wirklich schlecht klingen, aber großartige Musik sind.

Wie wird denn eure neue Scheibe klingen, eher organisch oder stark produziert?

Eindeutig natürlich. Wir haben die Basics aller Songs zusammen live in einem Take aufgenommen, da bekommst du dieses „Live“-Gefühl. Soli und Gesang kamen dann hinterher dazu. Das Studio ist in einem großen, alten Industriegebäude mit hohen Decken. Das hört man auch und es passt perfekt. Aber zu den Produktionsdingen musst Du die anderen in der Band fragen, die sind da echt bewanderter. Das sind auch die besseren Musiker, ich bin nämlich keiner. Ich schreibe die Songs nur.

Ist es eigentlich eine Analogaufnahme? Das würde sich bei eurer Aufnahmemethode ja geradezu anbieten.

Leider nein. Es ist mittlerweile wirklich schwer, ein komplett analoges Studio zu finden. Ich kenne zumindest keines. Und dann sind sie wohl sehr teuer. Das würde sicher unser Budget sprengen.

Okay Ola, 1000 Dank für das Gespräch.

Dir auch, wir haben Dir zu danken.