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Interview mit Sumilan (29.06.2012)
Die Gruppe aus Athens im US-Bundesstaat Georgia scharrt mit den Hufen, ihren tiefsinnigen und doch locker leichten Sound auch außerhalb ihrer Heimat zu Gehör zu bringen. Ein erster Schritt stellt dieses Interview dar; Vorhang auf für SUMILAN, die kollektiv auf unsere Fragen antworten …
Wie ist dieser Athens-Sound entstanden, wenn man es so nennen darf? Zwar klingen Bands aus eurer Heimatstadt nicht identisch, aber Attitüde und Feeling der Musik sprechen eine einheitliche Sprache.
Nun ja, in Anbetracht der beschaulichen Größe des Ortes gibt es geradezu lachhaft viele junge Musiker. Deswegen geht es stilistisch auch recht bunt zu, aber ob bewusst oder unterbewusst: Alle beeinflussen sich auf die eine oder andere Weise.
Ich habe gerade die neue Scheibe von „Yellow & Green“ von Baroness gehört, die mich zumindest in puncto Atmosphäre und Gesang an euch erinnert. Kennt ihr die Band?
Vom Namen her, aber nicht die Musik. Sollte man dann wohl mal einem Durchlauf unterziehen …
Obwohl eure Stücke relativ weitläufig angelegt sind, wirken sich in sich stimmig. Inwieweit komponiert ihr penibel, und bis zu welchem Grad entsteht die Musik beim Improvisieren?
Unsere Arbeitsweise fußt wahrscheinlich zu gleichen Teilen auf beiden Methoden; Hauptsache, etwas Anständiges kommt dabei heraus. Manchmal bringt jemand ein fertiges Grundgerüst mit, und indem jedes Mitglied seinen eigenen Senf dazugibt beziehungsweise geringfügige Änderungen vorschlägt, nimmt der Song Gestalt an, ohne dass sich die zu Anfang vorgegebene Richtung ändert. Auch ist es möglich, dass ein kurzes Lick und eine Gesangsmelodie vorliegen, aus denen Refrains sowie Strophen entstehen, oder allen gefällt eine Melodie, die sich beim Jammen herausschält, weshalb wir sie weiterverfolgen. Einer von uns nimmt sich ihrer an und komponiert zu Hause einen Part, den man anfügen könnte, und so weiter. Du siehst, wir berufen uns nicht auf eine bestimmte Formel beim Schreiben.
„How Now Does It Feel“ klingt nach schmerzlicher Nostalgie. So sei die Gegenwart nichts wert, sondern nur „the dust we kick in our eyes“. Übertreibt ihr hier künstlerischen Zwecken wegen, und ist der zitierte Staub ein Symbol für Selbstbetrug?
Ja, es geht darum, auf die Vergangenheit zurückzuschauen, insbesondere die Momente, die einmal wegweisend für uns waren. Obwohl man sie rekapitulieren kann, ist es unmöglich, das ursprüngliche Gefühl wieder zu erfahren. Versucht man dies, gelangt man nur zu einer schwammigen Ahnung davon, und dafür steht eben der Staub.
Wer gibt die „Message From Below“? Hinsichtlich der Verlockungen, die er anfügt, kommt er mir recht dubios vor, etwa wie ein Dämon oder so, was wiederum nicht zur freundlichen Musik passt …
Die Botschaft stammt vom Teufel in seiner archetypischen Form als aalglatter Verführer, der dir manipulative Worte ins Ohr flötet. Die Musik trägt dem Textinhalt Rechnung, denn das Stück beginnt ganz sachte, geradezu fröhlich. Im weiteren Verlauf wird es abgedrehter, um der Verwirrung Ausdruck zu verleihen, die der Protagonist empfindet.
„Frequency Lost“ widmet sich der Beeinflussung durch die Medien. Die betroffene Person findet letztlich jedoch zu sich selbst, wird dank des „simple picture that I drew“ zur „empty slate“. Welches „word“ ist es, das ihr mit diesem schlichten Bild gleichsetzt?
Das darf jeder für sich deuten, denn dieses Stück zielt darauf ab, dass der Hörer seine Fantasie spielenlässt. Am Ende ist seine Interpretation so stichhaltig wie unsere eigene.
Na gut, aber in „Auditory“ unterstreicht ihr die Wichtigkeit menschlicher Vernunft, derweil die Person im Text ein hoffnungsloser Fall zu sein scheint, weil er seine innere Stimme nicht wahrnimmt. Was meint ihr damit konkret?
Es geht schlichtweg darum, sich selbst treu zu bleiben, keine äußeren Einflüsse oder negativen Gedanken zuzulassen, wenn es um die eigene Lebensführung geht. Jeder Mensch hadert von Zeit zu Zeit mit sich selbst und anderen, wenn es darum geht.
„Home“ bezieht sich auf Heimweh und wiederum Nostalgie. Impliziert ihr mit dem Ausdruck „fading out“ eine Art Identitätsverlust im Zuge der Isolation? Definieren wir uns dermaßen stark über unsere geografischen und kulturellen Wurzeln, unsere Familienbande?
Wir denken bloß, dass Heimat sehr wichtig fürs eigene Selbst ist, aber sie bestimmt nicht, wer wir sind. Fortzuziehen bedeutet im wörtlichen wie übertragenden Sinn, dass wir unser Leben verändern. Man lässt den Ort zurück, an dem man aufgewachsen ist, und auch die Menschen, die einen dabei begleiteten, sodass man sich zwangsläufig wandelt. Der Sprecher realisiert, dass er sich von seinen Ursprüngen entfremdet hat, doch selbst wenn er wollte, könnte er weder seinen alten Platz einnehmen, noch die gleiche Einstellung hervorkehren wie einst.
Wenn ihr sagt „seen the world but seen the same old song“: Sprecht ihr euch damit für mehr Qualität statt Quantität im Leben aus? Schließlich kann man reisen und wie blöde Informationen schlucken, ohne sein Dasein befriedigender zu gestalten, geschweige denn Probleme zu lösen …
Die Zeile zielt darauf ab, dass gewisse Erfahrungen, egal von wem und woher man kommt, immer zu einem Menschen gehören werden, ob er sich örtlich entzieht oder geistig häutet. Man schreitet immerzu voran und entwickelt sich weiter, womit eine Rückkehr ausgeschlossen bleibt. Zugleich ergibt sich die Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“ größtenteils aus einer anderen: Wer war ich?“ Zusammenfassend geht es auf „Natural Selection“ somit darum, dass sich unsere Einflüsse geändert haben, wobei wir musikalisch zusammengewachsen sind, hoffentlich zu einer eigenständigen Band mit schlüssigen Songs.
Wie lassen sich diese Einflüsse zusammenfassen? Abschließend könntet ihr angeben, welche Künstler euch in letzter Zeit beeindruckt haben.
Wir alle mögen Unmengen unterschiedlicher Musik, momentan stehen auf Harris' Liste Dream Theater, bei Mark The Motet und Ozric Tentacles, JT hört M83, Sam Umphreys McGee, und Alex die Pat Metheny Group.
Ein Kessel Buntes also – vielen Dank für eure Zeit!