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Rock Hard Festival 2014 - Samstag - Amphitheater Gelsenkirchen - 07.06.2014
Der zweite Tag des diesjährigen Rock Hard Festivals verspricht nicht nur ein höchst abwechslungsreiches Programm, sondern auch der heißeste der drei Tage zu werden. Und abgesehen von ein paar harmlosen Wolken, die beim Auftritt der PRETTY MAIDS vorbeiziehen, brennt die Sonne den ganzen Tag über erbarmungslos ins Rund des Amphitheaters. Da werden schützende Hüte zum begehrten Accessoire und Regenschirme zu Sonnenschirmen umfunktioniert. Aber alles besser als Regen, der nämlich für den Sonntag droht. Doch widmen wir uns erst einmal dem Samstagsprogramm. (ASZ)
Ziemlich unglaublich, wie wenige mit dem Namen ROXXCALIBUR vor ihrem Auftritt als Opener des zweiten Festivaltages was anfangen können. Nun gut, wir sind hier nicht auf dem Keep It True oder dem Headbangers Open Air, aber um so mehr wird es Zeit für eine intensive Unterrichtsstunde in Sachen NWOBHM. Die Zahl der Wissbegierigen auf den Rängen ist zur Mittagszeit allerdings noch recht niedrig, dafür stehen vor der Bühne doch schon einige Fans, die den Fortgeschrittenenkurs gebucht haben und schon ziemlich gut mit dem Programm der Coverband, die mehr ist als eine Coverband, vertraut sind. Das auf einer Position überraschend neu besetzte Quintett eröffnet sein Programm mit "Witchfinder General" und hat von Anfang an sichtlich Spaß an seinem Auftritt. Während Schlagzeuger Neudi, jetzt schon länger auch in Diensten seiner eigenen Helden Manilla Road, gleichzeitig Zigarillo rauchend den Takt angibt, spielen sich die alten Haudegen Mario Lang am Bass und Gitarrist Kalli neben ihrem agilen Frontmann (anfangs trotz Hitze noch in Ledermantel und mit Piratenhut) die Bälle zu. Nur der neue Mann an der zweiten Flying V Holger Ziegler, den Kalli von seiner anderen Band Abandoned mitgebracht hat und der den abgängigen Roger Dequis ersetzt, wirkt noch etwas zurückhaltend. Von der Songauswahl her wird es dann noch spezieller. Nummern wie "Running For The Line" (im Original von JJ"s Powerhouse), "Destiny" (Trident), "Flying High" (Hollow Ground) und "Lady Of Mars" (Dark Star) kennt der gemeine Metal-Fan wenn überhaupt tatsächlich in erster Linie von den beiden ROXXCALIBUR-Scheiben. Und "Seven Days Of Splendour" von Jameson Raid ist mittlerweile sowieso fast ihr eigener Signature-Song, dafür sorgt alleine schon die unverkennbare Stimme von Alexx Stahl, den man wirklich unter hunderten Sängern heraushört. Zwischendurch wird es mit dem Cloven-Hoof-Kracher "The Gates Of Gehenna" zwar auch mal wieder etwas bekannter, dennoch geht die Band keinesfalls auf Nummer sicher, schließlich wäre es ein Leichtes gewesen, die Zuschauer mit Klassikern von Saxon oder Iron Maiden, die durchaus auch schon mal in ihren Shows vorkommen, in Stimmung zu bringen. So bleibt es nicht weniger Großartigem aus der Metal-History wie Demons "Don"t Break The Circle" und "See You In Hell" von Grim Reaper vorbehalten, für die Gänsehaut-Momente zu sorgen. Die Publikumsreaktionen sind speziell am Ende des Sets auch wahrlich nicht schlecht, und etwas übermütig und vielleicht auch angestachelt durch den einsamen Crowdsurfer, der während des gesamten Auftritts unermüdlich seiner Leidenschaft nachgeht, lässt sich am Ende auch Basser Mario über die weiter angewachsenen Fanreihen tragen. (LS)
Zu DEAD LORD lässt sich das Gleiche schreiben wie zum Gig der Schweden beim Hell Over Hammaburg im Frühjahr, auch weil die Setlist dieselbe ist. Auf der größeren Bühne spielen Hakim Krim und Co. aber wesentlich befreiter auf und empfehlen ihre zeitlosen, schlicht stark komponierten und vorgestragenen Thin-Lizzy-Huldigungen für mehr als nur einen Sommer der Nostalgie. (AS)
Nostalgisches haben auch die anderen Schweden von SCREAMER im Programm, allerdings setzt der Vierer aus Ljungby auf schnörkellosen Old School Metal. Neben ihren beiden starken Alben konnten sie damit bereits auch live überzeugen, etwa auf dem letztjährigen Headbangers Open Air. Seitdem hat es im Bandgefüge allerdings ordentlich gerappelt und Sänger und Bassist Christoffer Svensson hat die Band vor einigen Wochen verlassen. Da ein fester Nachfolger bisher nicht gefunden wurde, muss für den heutigen Auftritt also eine temporäre Aushilfe einspringen. Diesen Job übernimmt ihr Landsmann Burning Fire (Oskar Andersson) von Night. Dem Mann mit dem 80er-Pornobalken kann man sein Bemühen sicher nicht absprechen, er wirkt unter der Doppelbelastung mit Bass und Gesang allerdings sehr angestrengt und in seinem Auftreten ziemlich verklemmt und er muss wohl auch den ein oder anderen Text ablesen. Vor allem aber ist sein Gesang doch sehr speziell, um nicht zu sagen teilweise arg dünn. In seiner eigenen Band mag das passen (ihr Debüt kann nämlich einiges), aber für SCREAMER fehlt ihm doch die Power. Auch seine Mitstreiter wirken heute ziemlich gehemmt, dennoch weiß die Energie der Jungs bei Songs wie "Phoenix", "Slavegrinder" und "Keep On Walking" durchaus anzustecken. Ein ums andere Mal fühlt man sich an die mittlerweile etablierteren ENFORCER erinnert, zudem diese gerade live mit dem Gesang auch öfter ihre Probleme haben. Mit einem Smasher wie "Rock Bottom" und der Bandhymne "Screamer" können sie am Ende zwar noch einige Pluspunkte sammeln, aber mehr als ein durchwachsener Eindruck und das Prädikat "Notlösung" ist heute nicht drin. (LS)
SÓLSTAFIR nachmittags um Viertel vor Vier bei 30°C im Schatten. Das kann nicht klappen. Zu spröde, zu kühl, zu wenig partytauglich ist die Musik der Isländer, als dass sie damit die Meute im Amphitheater begeistern könnte. Könnte man meinen. Zugegeben, die Musik der Band ist recht speziell und tatsächlich nicht dazu geeignet, übermäßige Bewegung im Publikum auszulösen. Stattdessen stellt man sich lieber hin, schließt die Augen und genießt die wunderbare Musik, die da erklingt. Während des Intros gibt es aber zunächst ein paar technische Probleme mit einem Amp, der nicht so will, wie er soll. Also wird das Intro so lange von Gitarrist Sæþór Maríus Sæþórsson gespielt, bis alles läuft und man mit "Ljós í Stormi" in ein viel zu kurzes Set startet, das aus gerade mal vier Songs besteht - kein Wunder, wenn allein drei der vier Stücke schon gut 35 Minuten ausmachen. Der psychedelische Dark Rock mit dem leicht schrägen Gesang wird besonders von Sæþórssonn mit einer stoischen Ruhe gespielt, auch Basser Svavar Austman schränkt seinen Bewegungsradius auf ein Minimum ein, während zumindest Sänger und Gitarrist Aðalbjörn Tryggvason immer mal wieder für seltsame Posen an den Bühnenrand kommt und zeigt, wie er der Gitarre mit dem E-Bow langgezogene Töne entlockt. Wobei Bühnenshow völlig irrelevant ist, wenn eine Band einen Übersong wie "Fjara" zum Besten geben kann. Es folgt noch "Goddess Of The Ages", das den anwesenden Damen gewidmet wird, danach ist Schluss mit einem aus musikalischer Sicht überragenden Auftritt, der gerne doppelt so lang hätte ausfallen dürfen. Und man hält fest, dass SÓLSTAFIR auch nachmittags bei heißem Wetter funktionieren, wenn man sich auf ihre Musik einlässt. Traumhaft!
Die PRETTY MAIDS aus Dänemark sind eine Bank. Live sowieso und seit einiger Zeit auch wieder auf Platte. Zwar sind die Melodic Metaller optisch ein bisschen in die Jahre gekommen, aber Alter schützt nicht davor, beim Rock Hard Festival nach allen Regeln der Kunst abzuräumen. Nach der für viele eher schweren Kost von Sólstafir kommt eine Band mit flotten, melodischen Songs allerdings auch ziemlich gelegen an diesem Samstagnachmittag. Während die Band um Sänger Ronnie Atkins auf der Bühne loslegt, ist der Verfasser dieser Zeilen allerdings noch in ein Gespräch vertieft, aus dem er so schnell nicht herauskommt und deshalb nur mit einem Ohr mitbekommt, was die PRETTY MAIDS da fabrizieren. Unter anderem zitieren sie in einem Song den Pink Floyd-Klassiker "Another Brick In The Wall", mischen aber auch viele neuere Songs in ihr Set. Was der guten Stimmung aber keinen Abbruch tut. Und spätestens ab "Yellow Rain" haben die Dänen den Laden im Griff und als am Ende dann auch noch hintereinander "Back To Back" und "Future World" gespielt werden, gibt es kein Halten mehr. Und so sieht man nach dem Auftritt fast nur zufriedene Gesichter und für nicht wenige sind die PRETTY MAIDS eine der Hauptattraktionen in diesem Jahr. Und so ist es schade, dass man selber nur einen Teil des Auftritts mitbekommen hat.
Auf eine dänische Legende folgt eine floridianische. Ja, die Death Metaller von OBITUARY kann man durchaus so bezeichnen, denn sie gelten nicht nur als Genre-Pioniere, sondern haben auch das Kunststück vollbracht, mit "The End Complete" das meistverkaufte Death-Metal-Album aller Zeiten zu veröffentlichen. Für das Rock Hard Festival hat man sich ein Klassiker-Set vorgenommen und nicht zu viel versprochen. Denn das 15-stückige Set besteht fast ausnahmslos aus Songs der ersten drei Alben "Slowly We Rot", "Cause Of Death" und eben jenem "The End Complete". Hier kommen die Altfans der Band also voll auf ihre Kosten und auch der Band sieht man den Spaß an der Sache deutlich an. Sänger Jon Tardy stampft im Rhythmus über die Bühne und lässt seine langen Locken fliegen, wenn er nicht gerade seine Nicht-Lyrics ins Mikrofon growlt und auch Gitarrist Trevor Peres lässt sich nicht lumpen und überzeugt mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik, während er sein Instrument bedient. Vor der Bühne ist es richtig voll, die Stimmung ist bestens, die Sonne hat die Wolken wieder vertrieben und weil auch der Sound richtig gut ist, gerät auch der Auftritt von OBITUARY zu einem Höhepunkt des Festivals. Das sehen wohl auch Phil Rind von Sacred Reich und Jeff Walker von Carcass so, die sich diesen Auftritt nicht entgehen lassen wollen und das Geschehen neben der Bühne verfolgen. (ASZ)
Brauchst du 'ne sichere Thrash-Bank, buchst du SACRED REICH. Seitdem der Arizona-Vierer vor ein paar Jahren den Weg zurück auf die Bühnen gefunden hat, haben die Mannen um Wohlstandsplauze Phil Rind wahrscheinlich kein einziges schlechtes Konzert gespielt. Und so wird auch ihr zweiter Auftritt auf dem Rock Hard Festival nicht ganz unerwartet erneut zum Triumphzug. Wer Granaten wie den Opener "Independent", bei dem der Violent Fun unter den Fans nicht lange auf sich warten lässt, "One Nation", "Love Hate" und "Ignorance" aufbieten kann, der braucht sich um die Zuneigung der Fans auch kaum Sorgen machen und lässt selbst die gestandensten Altmetaller im Publikum erstrahlen; auch wenn das ganz große Glücksgefühl, wie noch vor ein paar Jahren, durch die fehlende Überraschung mittlerweile ausbleibt, da die Auftritte doch längst nicht mehr so selten sind. Man kennt die Setlist und man freut sich drauf, und kaum einer Band verzeiht man mangelnde Neuigkeiten so, wie SACRED REICH. Und den Hoffnungen auf neues Material erteilt Phil Rind, der seine Truppe selbst als "semi-professionell" bezeichnet, einmal mehr eine Absage. Der durch die Reaktionen und die Bombenstimmung bis auf die obersten Ränge glaubhaft ergriffene Sänger ist heute extrem gut aufgelegt und gesprächig. Vor "State Of Emergency" startet er gar ein Mitklatsch-Spielchen ("If you"re happy and you know it clap your hands..."), dessen Ende er seiner Gattin dann aber doch lieber verheimlichen möchte. Mit "Death Squad", "Crimes Against Humanity" und "Who's To Blame" folgen weitere unvermeidliche Klassiker, bevor die Band, die sich in Sachen Bühnenaufbauten (u.a. ohne Backdrop) und Lautsprecher wieder aufs Nötigste beschränkt, mit dem melodischen "Free" auch mal kurz vorm Gas geht. Nach dem üblichen Black-Sabbath-Cover "War Pigs", lässt sich die Band kurz bitten, um mit dem angespielten "Ain't Talkin' 'bout Love" von Van Halen zu "Paranoid" überzuleiten. Nach "The American Way" und dem lauthals geforderten "Surf Nicaragua" ist die freundlich vorgetragene Machtdemonstration dann auch schon wieder vorbei (um zehn Minuten zu früh), und so unterschiedlich die Geschmäcker unter den Fans auf dem Rock Hard Festival auch diesmal wieder waren: Über SACRED REICH hat man hinterher zu Recht kein schlechtes Wort gehört. (LS)
Die CARCASS-Reunion war das Beste, was nicht nur dem Death, sondern dem Metal ganz allgemein passieren konnte: Überragende Musikalität, blitzgescheite Texte und Aggression in großen Tüten kann es im Zeitalter des Mittelmaßes (in noch größeren Tüten) nicht geben – inklusive Videoprojektionen und britisch trockenem Humor von Jeff Walker, den gleichwohl nur wenige kapieren oder schätzen. Die Setlist ist ein Genuss und verliert trotz eines schlechten Sounds nichts von ihrer Intensität oder ihrem Überraschungsmoment, selbst wenn man sie bereits von vorigen Gigs kennt. Michael Amott darf sich in Anbetracht seines sinkenden Langweiler-Schiffes Arch Enemy in den Allerwertesten beißen, nicht doch weiter dabeigeblieben zu sein. "Heartwork (vertreten etwa mit "Buried Dreams" und "No Love Lost"), "Necroticism” und das aktuelle Album "Surgical Steel” markieren erwartungsgemäß die mehr oder weniger gleichberechtigten Schwerpunkte, alldieweil Medleys und Vortäuschungen (vor "Keep On Rotting In The Free World" zitiert man "Black Star"; "Ruptured In Purulence", "Heartwork" und "A Congealed Clot Of Blood" kommen im Verbund, etc. pp.) die Spannung hochhalten. In dieser Form bitte weitermachen, auch wenn man sich schwerlich vorstellen kann, wie sich CARCASS nun stilistisch entwickeln werden, falls überhaupt. So oder so sind sie der eigentliche Headliner aller drei Tage des Rock Hard Festivals 2014. (AS)