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Rock Hard Festival 2016 - Samstag - Amphitheater Gelsenkirchen - 14.05.2016
Da man es sich am Freitag geklemmt hat, beginnt stattdessen der Samstag mit Thrash und zwar in Form von ACCU§ER. Die bereits seit einigen Jahren wieder existenten 80er-Veteranen liefern eine solide Show, die jedoch zunächst gezwungenermaßen eher vor spärlicher Kulisse stattfindet. Nach und nach füllt sich das Amphitheater allerdings zügiger und auch der Bereich vor der Bühne wird stärker frequentiert. Die Siegener wissen ganz offensichtlich, was sie machen und dementsprechend überzeugen starke Songs wie "Who Dominates Who" die meisten Anwesenden trotz vielleicht etwas mangelnder Originalität. Somit kann man problemlos von einem angemessenen Opener sprechen.
Danach ist es an den Schweden SORCERER das Publikum vor Ort zu halten. Rein musikalisch ist bei der Mischung aus klassischem Metal und Doom mit einigen flotteren Passagen alles im grünen Bereich, allerdings fallen ein paar zu deutliche Hinweise auf das eigene Merchandise etwas negativ ins Gewicht. Darüber kann man jedoch hinwegsehen, da das qualitativ hochwertige Songmaterial der Band mit der ulkigen Veröffentlichungsgeschichte (erstes Demo Ende der 80er, erste Full-length im vergangenen Jahr) genug Abwechslung bietet, um auch Zuhörer zu begeistern, die vorher nicht damit vertraut sind. Daumen hoch! (LH)
Im Jahr 15 ihrer Historie sind TRIBULATION zur hippen Konsenstruppe geworden … weshalb sich der Chronist lange am Kopf gekratzt hat, denn die Alben der Schweden waren solide, keine Frage, doch mehr konnte man zumindest in diesem Hörerhaushalt nicht daraus ziehen. Erlebt man die immer noch jungen Musiker indes auf der Bühne, wird ihr Reiz sehr deutlich, und die Qualität ihrer Kompositionen entfaltet sich vollends. Ihre modrige Aura und okkulte Anmutung passen zum gegenwärtigen Zeitgeist im extremeren Metal-Bereich und funktionieren sogar am helllichten Tag - insbesondere dank Rundum-Künstler und Kunstwerk Jonathan Hultén, der sich als Gitarrentransvestit in einen Rausch spielt, weshalb sich Unbedarfte wirklich fragen, ob er Männlein oder Weiblein ist. Selbstverständlich steht hauptsächlich Material ihres aktuellen Albums "The Children of the Night" auf dem Plan, aber dass sich die stilistisch recht konträren Frühwerke des Quartetts prima einfügen, zeugt vom ganzheitlichen Gedanken dieser Combo, die einen der am meisten Aufsehen erregenden Gigs des Festivals hinlegt und in Zukunft gern den erhabenen Posten einnehmen kann, den man In Solitude bis zu ihrer frühen Auflösung gewünscht hat. (AS)
Auch wenn das aktuelle Album eher enttäuschend ausgefallen ist, live weiß man bei GRAND MAGUS, was man zu erwarten hat und bekommt es auch. Auf Bühnen, bei deren Größe es manchen fünfköpfigen Bands schwer fällt sie angemessen auszufüllen, strahlt das schwedische Trio eine Präsenz aus, die nicht vielen Bands eigen ist. JB besitzt immer noch eine der großartigsten Metal-Stimmen der Szene, da kann man auch darüber hinwegsehen, dass er bei den höheren Passagen von Songs wie "Iron Will" inzwischen etwas zu kämpfen hat. Die Setlist beinhaltet mit "Varangian" nur einen Song vom am Vortag veröffentlichten "Sword Songs", stattdessen konzentriert man sich zu etwa gleichen Teilen auf die vier Vorgänger und spart wie so oft die Prä-2008-Phase der Bandgeschichte aus. Das mag manche Supporter stören, macht das Bild aber insgesamt runder. Die ganze Band ist sichtlich begeistert von den positiven Reaktionen im Amphitheater und ist bis zum finalen "Hammer of the North" entsprechend angespornt. Keine große Überraschung, aber gleichwohl ein Highlight.
Den Ausreißer geben dann heute mehr oder weniger THE EXPLOITED. Wattie (mit ordentlichem Bauch) und seine "etwas" jüngere Begleitmannschaft lassen schon mit dem Opener "Let's Start a War" nichts anbrennen und geben über die gesamte Spielzeit Vollgas. Obwohl man die Punkwurzeln natürlich zu keinem Zeitpunkt verleugnet oder auch nur unterdrückt wirkt der Auftritt spielerisch etwas ans Metalpublikum angepasst und dementsprechend positiv sind die Reaktionen. Besonders vor der Bühne ist die Action durchaus beachtlich, insbesondere wenn man sich mal den Altersdurchschnitt ebendort vor Augen führt. Trotz des durchgängig hohen Energielevels ist gegen Ende wegen einer gegen null tendierenden Abwechslungskurve allerdings etwas die Luft raus. Die Fans, die zu "Sex and Violence" auf die Bühne gebeten werden, wird das allerdings eher nicht gestört haben. (LH)
Ganz ehrlich? bei den ein wenig über Gebühr hochgejubelten KADAVAR ist Schautrommler Christoph "Tiger" Bartelt die halbe Miete. Nachdem das neue Album "Berlin" der, äh … Berliner im Vergleich zum Debüt einen angemessenen Sound verpasst bekommen hat, steht einer voraussichtlich steilen Karriere im Retro-Bereich nichts mehr im Weg, doch ohne ihren Drummer wären die Berliner live nicht so sehenswert - kompakteres neues Songmaterial hin oder her. Ganz im Geiste von The Whos Keith Moon rührt der passend Tiger-Top tragende Rübezahl die Kessel, als gebe es kein Morgen, und sitzt folgerichtig mitten auf der Bühne, während das Wetter ringsum dem Programm fast entsprechend Licht und Schatten im Wechsel beschert. Das introvertierte Gerödel von Gitarrist und Sänger Lupus bleibt bei Konzerten Geschmacksache, wenngleich man zu seinen Gunsten argumentieren darf, er müsse eine Doppelbelastung tragen und lasse sowieso lieber die Musik an sich sprechen, als sich durch verbale Kommunikations hervorzutun. Andererseits erfrischt das Trio durch angenehme Härte und ein kompaktes Set anstelle ausufernder Improvisationen, wie man sie an derselben Stelle etwa schon von den Label-Kollegen Blues Pills gehört hat. Die ausgewogene Mischung aus Neuem ("Lord Of The Sky", "Pale Blue Eyes", "Thousand Miles Away From Home", "The Old Man", "Last Living Dinosaur") und Altem ("Doomsday Machine", "Living In Your Head", "Black Sun", "Goddess Of Dawn", "All Our Thoughts", "Come Back Life") holt den Pokal schließlich definitiv heim. Cool wäre aber das deutschsprachige Nico-Cover "Reich der Träume" gewesen, das am Ende der aktuellen Platte steht. (AS)
Viel ist vor dem METAL-CHURCH-Auftritt spekuliert worden. Die meisten Fans hatten den zurückgekehrten Mike Howe zumindest schon in wackligen Live-Videos unter die Lupe genommen, allerdings wusste doch niemand so recht wie er denn nun bei Stimme ist. Dementsprechend kann man die Anspannung im Amphitheater beinahe greifen als die Band nach "Terminator 2"-Intro mit den ersten Tönen von "Fake Healer" die Bühne entert. Besser kann man ein Konzert kaum eröffnen und Howe braucht ebenfalls nur wenige Sekunden um alle Kritiker (und effektiv alle anderen Frontmänner des Festivals) in ihre Schranken zu verweisen. Der Mann singt mindestens so gut wie vor über 20 Jahren auf Platte, manche Leute sind nach dem Gig gar überzeugt, dass er noch besser geworden ist. Seine Bühnenpräsenz ist einmalig und was Motivation oder zumindest Spielfreude und Begeisterung angeht stehen ihm die restlichen Musiker um Kurdt Vanderhoof in nichts nach. Die Setlist findet einen guten Mittelweg zwischen allen drei alten Howe-Alben sowie neuen Songs und Material der ersten beiden METAL-CHURCH-Werke, gegen "Losers in the Game" oder "Down to the River" wäre dennoch nichts einzuwenden gewesen. Aber das ist ein lächerlich kleiner Kritikpunkt nach einer solchen Show, deren Fokus aber natürlich auf Mike Howes Rückkehr nach Maß liegt. Nach der bescheidenen Meinung des Verfassers hatte man es hier mit dem ungeschlagenen Festival-Highlight zu tun.
Nach dieser Machtdemonstration hätte es vermutlich jeder Headliner schwer und in der Tat, das Gelände leert sich merklich. Im Vorfeld hatte es ja bereits viel Unmut geben, da TURBONEGRO angeblich kein richtiger Headliner seien. Hinterher muss man (sofern man scheuklappenfrei ist) festhalten, dass sie im direkten Vergleich definitiv mehr Headliner sind als Sodom am Tag zuvor. Die Band stört sich offensichtlich genau gar nicht daran, dass es nicht mehr besonders voll ist und feiert mit den Anwesenden eine Party, einfach weil sie grade da sind. Die langen, aber unterhaltsamen Ansagen drücken den bekannten Humor der Band aus und mit Songs wie "Are You Ready (For Some Darkness", "All My Friends Are Dead" und besonders "The Age of Pamparius" im Programm kann man einfach wenig falsch machen. Als dann zum Abschluss das unvermeidliche "I Got Erection" ins Rund donnert, scheinen zumindest alle Anwesenden ihren Spaß gehabt zu haben. Wer das aus Ignoranz oder metallischer Beschränktheit verpasst hat, ist selbst schuld, will es aber vermutlich auch nicht anders. (LH)
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