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Summer Breeze 2010 - Mi / Do - Dinkelsbühl - 18.08.2010
Das mittelfränkische Dinkelsbühl hat zwei Attraktionen zu bieten. Zum einen eine wunderschöne, mittelalterliche Altstadt sowie das Summer Breeze Open Air, das 2010 zum fünften Mal hier stattfindet. Mit gut 30.000 Besuchern ist das Festival inwzischen zum zweitgrößten deutschen Metal-Festival nach dem Wacken Open Air avanciert, was angesichts des tollen Line-Ups in diesem Jahr nicht wundert. Zwar haben jene ein bisschen das Nachsehen, die auf eher traditionelle Metal-Klänge abfahren, denn davon gibt es 2010 eher wenig zu sehen und zu hören, dafür präsentieren sich Bands wie HEAVEN SHALL BURN und SUBWAY TO SALLY aber als würdige Headliner. Doch auch die schwedischen Death Metal-Urgesteine HYPOCRISY beweisen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen zählen, während DIE APOKALYPTISCHEN REITER ihren Ruf als äußerst unterhaltsame Live-Band eindrucksvoll untermauern. Hoffnungsvolle Newcomer wie BLEEDING RED, sehenswerte Black Metal-Shows mit WATAIN, GORGOROTH, DARK FUNERAL und 1349, rasanter Thrash mit WARBRINGER und SUICIDAL ANGELS - unter den 101 Bands findet so gut wie jeder etwas für seinen Geschmack. Und so ist das Summer Breeze 2010 ein rundum gelungenes Event.
Das Festvial startet am Mittwoch auf der Party Stage im großen Zelt. Auf dem Programm steht zunächst der Nachwuchswettbewerb unter dem Titel "New Blood Award", der in Zusammenarbeit mit metal.de und dem Hellfest veranstaltet wird. Aus mehr als 2.000 Bewerbungen werden letztendlich sechs Bands gewählt, die jeweils 20 Minuten lang um die Gunst der Jury buhlen. Den Anfang machen TORTURIZED mit gut gespieltem, letztlich aber eher gesichtslosem Death Metal. Weiter geht es mit A.O.D., die vor allem mit dem energischen Frontfräulein Feben auf sich aufmerksam machen. Zu dem modern groovenden Metal schreit die Blondine sich schier die Seele aus dem Leib und springt agil über die Bühne. Das Energielevel können ihre Bandkumpanen nicht ganz halten, aber mit eingängigen Songs irgendwo zwischen ARCH ENEMY und IN THIS MOMENT hinterlassen A.O.D. einen guten Eindruck. Was man von LEVIATHAN nicht unbedingt behaupten kann, die optisch und musikalisch lediglich als CHILDREN OF BODOM-Plagiat durchgehen und handwerklich noch sehr weit von ihren Idolen entfernt sind. In ähnlichen Sphären bewegen sich PARASITE INC. aus Aalen, deren Drummer wegen Soundproblemen auf der Bühne ein ums andere Mal neben dem Takt klöppelt. Schade, denn mit ihrem melodischen Death Metal und dem guten Auftreten auf der Bühne kann die Band ansonsten durchaus gefallen. Qualitativ ein ganzes Stück nach oben geht es dann mit KADAVRIK. Es steht symphonischer, melodischer Black Metal auf dem Plan, der musikalisch genauso überzeugt, wie die Bühnenshow der Band aus dem niederrheinischen Wesel. Man darf sich getrost fragen, warum eine Band mit solchen Fähigkeiten noch keinen Deal an Land ziehen konnte. Gleiches gilt für BLEEDING RED aus dem schwäbischen Spraitbach. Es ist wirklich erstaunlich, wie selbstsicher und zielstrebig die junge Band (der Drummer ist gerade mal 17 und der älteste der Buben 22 Jahre alt) zu Werke geht und ihren melodischen Black Death Metal ins Publikum feuert. Das Songwriting der Band weiß auf Anhieb zu gefallen und Frontmann Timo Joos agiert absolut souverän. Und so verwundert es letztlich auch kein bisschen, dass die Entscheidung der Jury letztendlich auf BLEEDING RED fällt, die sich mit diesem Auftritt definitv für höhere Weihen empfohlen haben und am nächsten Tag auf der Pain Stage den Startschuss abfeuern dürfen.
Im Anschluss an den Wettbewerb startet um 20 Uhr die Nuclear Blast-Labelnight auf der Party Stage und wird von den griechischen Thrashern von SUICIDAL ANGELS eröffnet. Das Zelt ist mehr als ordentlich gefüllt, das Publikum hat mächtig Bock auf den oldschooligen Sound des Quartetts und wird auf eine Zeitreise in die seligen 80er mitgenommen. Mit engen Jeans und den typischen Turnschuhen ist das Outfit der Band ein Musterbeispiel für den klassischen Thrash-Stil. Da darf natürlich der Sound nicht hinten anstehen und so schreddern sich SUIDCIDAL ANGELS durch ihre Songs, dass es eine wahre Freude ist. Nicht nur einmal erinnert man dabei an altgediente Thrash-Legenden wie KREATOR und SLAYER, ohne aber wie eine Kopie zu klingen. Zwei neue Tracks vom kommenden Album („Bleeding Holocaust“ und „Dead Again“) reihen sich nahtlos in die Setlist ein, die darüberhinaus mit Thrash-Perlen wie „Bloodthirsty“. „Vomit On The Cross“ und „Inquisition“ für ausgelassene Action im Publikum sorgt. Circle Pit, Wall Of Death, Crowdsurfer, gereckte Fäuste und fliegende Matten sind das Ergebnis eines mehr als unterhaltsamen Auftritts der Griechen.
Zwischen SUFFOCATION und UNLEASHED sind RAGE, die Herner Institution in Sachen teutonischer Heavy Metal auf dem Papier zwar die softeste Band des Abends, dieses vermeintliche Manko macht das Trio aber mit einer umso härteren, recht modernen Setlist wett. Und beweist wieder einmal, dass es keiner drei Gitarristen auf der Bühne bedarf, um einen strammen Sound zu fabrizieren. Saitenhexer Victor Smolski darf aber auch getrost als Großmeister seines Fachs bezeichnet werden und stellt sein Können auch an diesem Abend eindrucksvoll unter Beweis. An der Seite von Bandleader Peavey – der mit ausgeprägter Mimik und ungewöhnlicher Gesangstechnik, bei der er immer wieder die Zunge raustreckte, auf sich aufmerksam macht – zockt der Weißrusse die Riffs und Soli von Songs wie „Soundchaser“, „Hunter And Prey“ oder „Drop Dead!“ mit erstaunlicher Lässigkeit herunter. Highlight des Auftritts ist natürlich der Klassiker „Higher Than The Sky“, der die Temperatur im eh schon subtropisch anmutenden Zelt nochmals ansteigen lässt. Kaum weniger begeistert werden „Down“, „Set The World On Fire“ und der Rausschmeisser „Carved In Stone“ aufgenommen. Superber Sound, gelungene Songauswahl und knackige Härte – so bestehen RAGE jederzeit locker zwischen Thrash und Death Metal.
Als um kurz nach halb zwölf die schwedischen Death Metal-Urgesteine UNLEASHED die Zeltbühne entern, ist das Publikum zwar schon etwas weniger beweglich, aber immer noch in bester Feierlaune, gut gefüllt ist der Raum vor der Party Stage zudem immer noch. Mit „Winterland“ steigen Johnny Hedlund und seine Mitstreiter in ihr ruppiges Set ein, das Songs aus fast allen Dekaden der Band zu bieten hat. Die Band präsentierte sich sehr aktiv und besonders die Gitarristen Tomas und Fredrik lassen die Haare permanent fliegen. Das Publikum reckt zu Songs wie dem alten „Shadows In The Deep“ oder „Hammer Battalion“ die Fäuste und wird von Hedlund bei „Wir kapitulieren niemals“, dem Hit vom aktuellen Album „As Yggdrasil Trembles“, zum Mitbrüllen animiert. Mit „Into Glory Ride“ vom 1991er-Album „Where No Life Dwells“ gedenkt man den verstorbenen Pete Steele und Ronnie James Dio, die man natürlich in Valhalla wiedersehen wird. „Legal Rapes“ wird den Kumpels von SUFFOCATION gewidmet und mit dem Midtempo-Hammer „The Longships Are Coming“ sowie dem pragmatisch betitelten „Death Metal Victory“ biegen die Schweden auf die Zielgerade ein. Ein ordentlicher Auftritt, der verdientermaßen auch guten Zuspruch beim Publikum findet - im Gegensatz zum lahmen Volk beim Wacken Open Air. Bis in die frühen Morgenstunden geht es mit EQUILIBRIUM, ANNOTATIONS OF AN AUTOPSY und MILKING THE GOATMACHINE weiter.
Freitag:
Am Freitag werden dann auch die beiden Hauptbühnen eröffnet und los geht es mit der Verleihung des New Blood Awards an BLEEDING RED, die sich sichtbar über den Gewinn des Preises freuen. Zwar gibt es zu Anfang ihres folgenden Sets ein paar technische Probleme mit der Gitarre von Manuel Waible, doch als die behoben sind, zeigt das Quartett, dass es auch auf einer größeren Bühne bestehen kann. Nachdem das Wetter sich bis zum Mittwoch eher von seiner Festival-untauglichen Seite zeigte, kommt am Donnerstag die Sonne zum Vorschein und lässt die Matsche auf dem Gelände schnell trocknen. Der ausgelassenen Party steht nun nichts mehr im Wege und zur Kaffee-und-Kuchen-Zeit entert die britische Grindcore/Death Metal-Legende NAPALM DEATH die Main Stage. In 40 Minuten bollert man 13 Songs herunter, darunter Klassiker wie "Suffer The Children" und "Nazi Punks Fuck Off". Der sympathische Brüllwürfel Barney zuckt und springt agil wie eh und je über die Bühne und gibt immer wieder umjubelte Statements zu den Songs ab. Zudem ist es vor der Bühne schon gut gefüllt und beweglich und so dürfen die Briten diesen Auftritt als aboluten Erfolg verbuchen.
Um kurz vor halb sechs ist der Anteil an weiblichen Zuschauern im Publikum dann rasant angestiegen. Der Grund dafür kommt aus Finnland und nennt sich THE 69 EYES. Und die Mädels begrüßen den charismatischen Frontmann Jyrki 69 und seine Band mit enthusiastischem Geschrei. Die Band freut sich über den weiblichen Zuspruch und bedankt sich mit einer sehenswerten Show. Im angeschwärzten Glam-Outfit wurden die Songs mit gekonnten Rockstar-Posen in Szene gesetzt und besonders Jyrki 69 besticht dabei mit ausdrucksstarker Gestik, großem Bewegungsdrang und seiner dunklen Stimme. Mit „Back In Blood“ beginnt der düstere Reigen und schon beim folgenden „Never Say Die“ steigt die Stimmung im Publikum nochmals an. Hingebungsvoll tanzen die Damen zu den düsteren Klängen, die stets zwischen Sleaze und Gothic Rock pendeln. Bei „Devils“ gehen auf Kommando die Hörner in die Höhe und auch die neue Single „Kiss Me Undead“ kommt gut an. Das melancholische „Wasting The Dawn“ setzt dunkle Glanzpunkte und bei „Framed In Blood“ klatscht das Publikum begeistert mit. Mit dem energischen Rocker „Dead Girls Are Easy“ geht es in den Schlußspurt und der folgende Hit „Brandon Lee“ wird mit einem Zitat aus dem Kultfilm „The Crow“ eingeleitet: „The weather is always good when we play because it can’t rain all the time“. Da der späte Nachmittag fest in Händen der Damenwelt ist, gibt es auch ausschließlich Crowdsurferinnen zu sehen. Und mit dem zweiten großen Knüller „Lost Boys“ geht der Auftritt dann langsam zu Ende, aber nicht ohne dass Jyrki 69 nochmal lasziv auf dem Drumriser stehend mit dem Hintern wackelt. Zum Dank haucht er dann noch ein „You guys rock – ohne Scheiß!“ ins Mikrofon und hinterlässt so manch seufzendes Mädchenherz.
Wenn es eine Band gibt, die an diesem Tag den Titel „heimlicher Headliner“ verdient hat, dann sind es DIE APOKALYPTISCHEN REITER. Vor der Main Stage ist es brechend voll und kaum dass die Thüringer in ihr Set gestartet sind, sehen sich die Mitarbeiter der Security (die sich "Grabenschlampen" nennen) mit einer wahren Flut von Crowdsurfern konfrontiert, die bis zum Ende des einstündigen Auftritts auch nicht nachlässt. Der Rest des Publikums pogt, hüpft, bangt und springt zu den eingängigen Songs der Band, die sich mal wieder optisch eine Menge hat einfallen lassen. So ist zu Beginn des Sets ein riesiger schwarzer Luftballon auf der Bühne postiert, aus dem Sänger Fuchs plötzlich springt. Bei „Wir sind das Licht“ entzündet der stolz seinen Brustpelz präsentierende Fronter ein stimmungsvolles bengalisches Feuer und immer wieder rutscht Keyboarder Dr. Pest seine eigens für ihn aufgebaute Kinderrutsche hinunter, um dann in Unterhose und mit Ledermaske über die Bühne zu springen und seine Peitsche zu schwingen, während Gitarrist Ady und Basser Volk-Man ihre Matten kreisen lassen. Der erste Teil des Sets besteht erfreulicherweise aus härteren Nummern wie „Revolution“, „Unter der Asche“ und „Friede sei mit Dir“ und nach dem vom Publikum mitgesungenen „Es wird schlimmer“ präsentieren die Reiter auch einen brandneuen Song namens „Boten einer neuen Zeit“. Nach „Adrenalin“ wird es mit „Nach der Ebbe“ ein wenig ruhiger, bevor im Endspurt zunächst „Der Adler“ in die Luft gelassen und „We Will Never Die“ proklamiert wird. Und wie es bei den Reitern üblich ist, klettert Fuchs beim abschließenden „Seemann“ in ein Gummiboot und lässt sich übers Publikum tragen. So geht perfektes Festival-Entertainment.
Während der auf Main Stage die floridianischen Death Metal-Dauerbrenner OBITUARY bestens gelaunt ihr klassisches Todeblei abfeuern, wird im Zelt auf der Party Stage die finnische Dunkelheit musikalisch zelebriert. Wie schon bei INSOMNIUM ist das Zelt auch bei SWALLOW THE SUN gerappelt voll und so wird die Show zu einem atmosphärischen Triumphzug. Derweil beginnen auf der Pain Stage die Vorbereitungen für eines der Highlights des heutigen Tages. Was ein guter Frontmann ausmacht, zeigt sich an diesem Abend bei DARK TRANQUILLITY. Sänger Mikael Stanne hüpft, rennt, kniet, steht, gestikuliert, bangt, lacht, feuert das Publikum an und freut sich über die Reaktionen, die zurück kommen. Mit ausdrucksstarken Posen untermalt er die Texte, die er mit seiner unnachahmlichen Stimme intoniert und reisst die Fans vor der Bühne von der ersten Sekunde an mit. Das liegt aber nicht nur an seiner guten Show und der ausgiebigen Interaktion mit dem Publikum, sondern auch an dem Songmaterial, das die Schweden auf Lager haben. Mit „At The Point Of Ignition“ steigen die Melodic Death Metal-Meister in ihr Set ein, bei dem die ganze Zeit über sehenswerte und auf die Songs abgestimmte Videoprojektionen auf die große Leinwand hinter den Drums geworfen werden. „The Fatalist“, wie auch der Opener vom aktuellen Album „We Are The Void“, entpuppt sich erwartungsgemäß als Live-Granate und mit „Focus Shift“ steigt die Stimmung nochmals an. Mit „The Wonders At Your Feet“, „Final Resistance“ und „Therein“ gibt es dann gleich drei ältere Tracks hintereinander. Die beiden Gitarristen Niklas Sundin und Martin Henriksson sowie Basser Daniel Antonsson stehen musikalisch und optisch wie ein Wand hinter ihrem Sänger und sorgen bei sehr guten Soundverhältnissen für das harte Fundament. „Germany is the place to be for metal“ skandiert Stanne und als er den Hit „Lost To Apathy“ ankündigt, gibt es unter den Fans kein Halten mehr. Und der rotgelockte Sänger setzt nochmals einen drauf, als er in den Fotograben springt und die Zuschauer in den ersten Reihen herzlich umarmt. Kurioserweise verwechselt einer der Security-Leute den Frontmann mit einem Fan und stößt ihn erstmal unsanft zur Seite, bis er seinen Fehler bemerkt und ihm wieder aufhilft. Stanne unterstütz die Security dann auch noch dabei, Crowdsurfer aus dem Pulk zu ziehen, bevor er zurück auf die Bühne klettert, um das eingängige „Misery’s Crown“ anzustimmen. Mit dem thrashigen „Punish My Heaven“ vom 1995er-Album „The Gallery“ gibt es noch ein Geschenk für die langjährigen Anhänger der Band, bevor sich der beeindruckende Auftritt mit dem stimmungsvollen „Iridium“ langsam aber sicher dem Ende zuneigt, das mit dem tollen „Terminus (Where Death Is Most Alive)“ erreicht wird.
Die Potsdamer Folk Metaller SUBWAY TO SALLY sind heute der Headliner auf der Main Stage und seit jeher Garanten für tolle Liveshows. Daran soll sich an diesem Abend auch nichts ändern, denn an diesem Auftritt stimmt wirklich alles. Angefangen bei den einheitlich rot-schwarzen Outfits (Frau Schmitt in ihrem Kleid ausgenommen) über die im wahrsten Sinne des Wortes heiße Bühnenshow und die genre-typische Instrumentierung mit Geige und Drehleier bis hin zur von Hits nur so gespickten Setlist begeistert die Band das Publikum uneingeschränkt. Schon der Einstieg mit „Henkersbraut“, dem Dauerbrenner „Kleid aus Rosen“ und „Feuerland“ ist superb und besonders bei letzterem beeindruckt der Einsatz von Feuersäulen und Pyro-Effekten. Man hat beinahe schon Sorge, dass Sänger Eric Fish plötzlich in Flammen stehen würde, denn er tänzelt völlig unbeeindruckt zwischen dem Feuer auf der Bühne herum. Toll auch, wie das Publikum in den Strophen des Songs die Arme in der Luft wiegt. Natürlich fordert der blonde Frontmann auch an diesem Abend wieder den charakteristischen Schrei, der ihm aus tausenden Kehlen entgegenschmettert. Aber nicht nur im Publikum ist viel los, sondern auch auf der Bühne, denn die Musiker zeigen viel auf die Songtexte abgestimmte Interaktion. Ein Ozean aus klatschenden Händen begleitet „2000 Meilen unter dem Meer“, bevor es mit dem ruhigen, von den Zuschauern im Chor mitgesungenen „Maria“ in eine erste Verschnaufpause geht. Dem Titel entsprechend gibt es dann bei „Meine Seele brennt“ wieder viel Feuer auf der Bühne und Fish schwingt dazu einen brennenden Stab. „Genug ist genug“ schallt es bei „Falscher Heiland“ über das Gelände, bevor der Frontmann das Publikum zum „Veitstanz“ bittet. Und die Menge lässt sich nicht zweimal bitten und tanzt ausgelassen zu dem Hit vom „Herzblut“-Album. Danach ist erstmal Schluss, doch ohne Zugabe dürfen SUBWAY TO SALLY die Bühne natürlich nicht verlassen und so spendiert man noch „Sieben“, bevor das unvermeidliche, von den Zuschauern inbrünstig gesungene „Julia und die Räuber“ das fulminante Finale darstellt. So sieht ein würdiger Headliner aus.
Um Mitternacht stehen auf der Party Stage ENDSTILLE auf der Bühne, die den Ersatz für BEHEMOTH darstellen, die den Auftritt aufgrund der Leukämie-Erkrankung ihres Frontmannes Nergal absagen mussten. An der Kanzel stehend predigt Sänger Zingultus, bevor der Orkan losbricht. Der Sound ist laut und brachial und auf der kleinen Bühne wirken die Kieler authentischer und bodenständiger, als vor zwei Wochen in Wacken. Dummerweise hat Gitarrist L.Wachtfels so einige Problemchen mit seinem Gitarrenkabel, was ihn zusehends nervt. Ebenso das Publikum, das schon früh immer wieder "Navigator" fordert. Vorher gibt es mit "Dominanz" und "Bastard" aber zwei andere Highlights der Diskografie auf die Lauscher, bevor der schwer durchgeknallt wirkende Lugubrem, der ENDSTILLE 2009 auf dem Sängerposten aushalf, die Bühne entert und im Duett mit Zingultus endlich das geforderte "Navigator" brüllt. Ein perfekter Auftritt sieht zwar anders aus, aber vielleicht gerade deshalb macht die Show an diesem Abend umso mehr Spaß.
Zu später Stunde steht im Zelt eine Band auf der Bühne, die polarisiert: THE DEVIL’S BLOOD. Für die einen sind die Holländer eine Sensation, für die anderen lediglich ein überbewerteter Hype. Wie so oft liegt die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen. Fakt ist aber, dass die Band mit ihren drei Gitarren in der Lage ist, ein hypnotisches Feuerwerk von okkultem Rock zu entfachen. Das soll ihnen auch an diesem Abend gelingen, wobei die Musik in dieser Nacht letztendlich in den Hintergrund gestellt wird. Mit einer Verspätung von rund zehn Minuten geht die Band auf die Bühne und es fällt auf, dass die Lautstärke angenehmer ist, als bei manch anderen Auftritten der sechsköpfigen Band. Mit „Come, Reap“ und „Rivers Of Gold“ startet man erwartungsgemäß in das Set und spätestens bei „House Of 10.000 Voices“ ist die Magie, die die Band ausstrahlt, da. „Rake Your Nails Across The Firmament“ wird mit ausgiebiger Gitarrenarbeit im Vergleich zur Albumversion stark ausgedehnt und bei „The Heaven’s Cry Out For The Devil’s Blood“ hat man sich endgültig in einen Rausch gespielt. Schon jetzt verrät der Blick auf die Uhr, dass es für die Band schwierig werden wird, ihre Setlist komplett zu absolvieren. Nach dem straighteren „The Graveyard Shuffle“ wird trotzdem noch „Voodoo Dust“ in der ruhigeren Version gespielt, zu diesem Zeitpunkt hat die Band ihr Curfew aber schon überschritten, was der Stage Manager der Band auch mehrfach anzeigt. Aber entweder bekommt die Band das nicht mit oder ignoriert es einfach, was zur Folge hat, dass bei „Christ Or Cocaine“ erst die Monitorboxen und dann auch die P.A. abgedreht wurde. Und als Bandleader Selim Lemouchi dies bemerkt, rastet er aus, stürmt zum Bühnenrand und wird gegenüber der Bühnencrew handgreiflich. Wütend kehrt er auf die Bühne zurück, die Band spielt den Song nur noch über die Gitarrenverstärker weiter, wird aber vom perplexen Publikum lautstark angefeuert. Bis dann der Strom endgültig abgestellt wird und sich Selim erst noch mit der Security und dann mit seinem eigenen Tourmanager anlegt. Unschöne und vor allem unprofessionelle Szenen, die einen eigentlich guten, wenn auch beileibe nicht überragenden Auftritt von THE DEVIL’S BLOOD überschatten. Da die vorher spielenden NECROPHAGIST ihren Auftritt wegen technischer Probleme später begannen, dann aber einen Song aus der Setlist strichen und die Verzögerung somit egalisierten, hätten THE DEVIL'S BLOOD eigentlich recht pünktlich starten können. Letztendlich bleibt es offen, ob ein Missverständnis oder Ignoranz von Seiten der Band der Auslöser für das unrühmliche Ende des Auftritts waren.
Aufgrund der von THE DEVIL’S BLOOD verursachten Verzögerung müssen auch die süddeutschen Funeral Doomster AHAB rund zehn Minuten später auf die Bühne, als geplant. Erstaunlicherweise ist die Fläche vor der Party Stage zu nachtschlafender Zeit immer noch mit einigen hundert Fans mehr als ordentlich gefüllt. Der maritimen Thematik der Band entsprechend ist die Bühne in blaues Licht getaucht, als die dunkle, kleine Nachtmusik mit „O Father Sea“ eingeläutet wird. Die Songs des Quartetts sind auf der einen Seite unglaublich heavy und schwer, auf der anderen Seite aber auch ruhig und fragil und entwickeln eine wirklich packende Atmosphäre, die das Publikum zu lautem Applaus verleitet. Sänger Daniel Droste intoniert die Gesangspassagen entweder mit tiefem Gegrowle oder mit wirklich guten Klargesang, während seine Mitstreiter auch die zähesten Passagen mit viel Druck erklingen lassen. Zu einer Lehrstunde in Sachen intensivem, atmosphärischem Doom gerät das eindringliche „The Divinty Of Oceans“ und mit „Old Thunder“ gibt es dann auch ein Stück vom Debütalbum „The Call Of The Wretched Sea“. Als letztes Stück des Tages bzw. der langen Nacht entlassen AHAB das Publikum mit „Redemption Lost“ in die kühle Nacht.