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Wacken Open Air 2014 - Donnerstag - Wacken - 31.07.2014
Ein Vierteljahrhundert Wacken Open Air - an dieser Stelle natürlich nachträglich herzlichen Glückwunsch zum 25. Jubiläum. Wacken - das ist für die einen immer noch das Mekka des Heavy Metals, für die anderen nicht viel mehr als eine überlaufene Kirmes. Die Wahrheit liegt - wie so oft - irgendwo dazwischen. Hat vor allem die Berichterstattung in den Mainstream-Medien dazu geführt, dass über die Jahre hinweg viele "Touristen" nach Schleswig-Holstein kamen, um mal auf dem berühmt-berüchtigten Wacken Open Air die Sau rauszulassen, so muss man aber immer noch festhalten, dass das Festival für jene, die in erster Linie wegen der Musik dort hinfahren, seit jeher verdammt viel zu bieten hat. Auch 2014.
Angesichts des Jubiläums hatte man im Vorfeld mit dem großen Wurf in Sachen Headliner gerechnet. Metallica wurden gerüchtet, kamen aber nicht. AC/DC auch nicht. Dafür waren Lemmy und seine Motörhead da - nachdem er im letzten Jahr den Auftritt aus gesundheitlichen Gründen abbrechen musste, war damit nicht unbedingt zu rechnen. Und auch sonst gab es jede Menge Bands zu sehen, die auf anderen Festivals Headlinerstatus hätten, so dass letztlich ein gutes, wenn auch nicht überragendes Programm auf die Abgesandten von musikreviews.de wartete. In diesem Jahr berichten wieder Lars Schuckar (LS) und Andreas Schulz (ASZ).
In 2014 gibt es einige Änderungen auf dem Gelände. Dass die Presservertreter neuerdings recht weit ab vom Schuss untergebracht sind und ausschließlich mit dem Pendelbus zum Infield und zurück kommen können, ist für den Leser vielleicht nicht so relevant, bleibt aber ein kleines Ärgenis, zumal man dadurch weit weniger flexibel ist. Aber auch am eigentlichen Festivalgelände gibt es Neuerungen. Das Wackinger Village sowie der bisherige Vorplatz mit dem Biergarten sind nun Teil des Infields, die Einlasskontrollen finden also schon vor dem Mittelalterdorf statt. Was dafür sorgt, dass am eigentlichen Infield, das nochmal abgetrennt ist, eine deutlich entspanntere Situation vorzufinden ist und die Leute sich besser verteilen.
Obwohl das Festival offiziell erst donnerstags beginnt, gibt es am Mittwoch schon jede Menge Vorprogramm auf den kleineren Bühnen abseits des Hauptgeländes. Wir reisen jedoch aus zeitlichen Gründen erst Donnerstagmittag an und erfahren, dass der Pressecampingplatz bereits voll belegt sei. Was zum Glück nicht so ganz stimmt, auf eigene Faust finden wir eine Lücke, die groß genug für unsere Zelte und den Pavillon ist. Nachdem man sich also einquartiert hat und die ersten Getränke zu sich genommen sind, geht es am späten Nachmittag Richtung Festivalgelände.
Dort stehen HAMMERFALL als erste Band auf dem Programm. Beim letzten Auftritt 2012 hinterließen die Schweden einen überraschend guten Eindruck, 2014 wird es sogar noch ein bisschen besser. Was vor allem daran liegt, dass die Band ihr legendäres Debüt "Glory To The Brave" komplett spielt. Das war zwar im Vorfeld angekündigt worden, doch entweder hatte ich das schon wieder vergessen oder gar nicht erst mitbekommen. Und so erklingt auf dem Weg zur Bühne bereits das Warlord-Cover "Child Of The Damned" - der Kenner weiß, dass das aber nicht der Albumopener ist. HAMMERFALL spielen das Album also in anderer Reihenfolge. Der Sound ist im Mittelfeld ganz ordentlich, aber verhältnismäßig leise - vor allem im Vergleich mit anderen Auftritten an diesem Wochenende, die mitunter verdammt laut werden sollen. Mit "The Metal Age" und "Steel Meets Steel" geht es weiter und das Publikum ist ziemlich angetan von der Performance. Zu "Stone Cold" begrüßt die Band mit Stefan Elmgren ihren ehemaligen Gitarristen auf der Bühne, weitere Gäste folgen mit ex-Drummer Patrik Räfling bei "Unchained" und Gründungsmitglied und ex-In Flames-Gitarrist Jesper Strömblad bei "The Dragon Lies Bleeding". Schöne Geste von den Jungs. Mit dem epischen Titeltrack und der selbstbetitelten Bandhymne geht es in den Schlussspurt, natürlich wird die Band aber für einige Zugaben auf die Bühne zurückgeholt. Nach "Any Means Necessary" und dem Stampfer "Blood Bound" gibt es die Livepremiere des neuen Songs "Bushido", bevor "Hearts On Fire" den Schlusspunkt unter einen gelungenen Auftritt setzt. Nicht nur angesichts des guten neuen Albums "(r)Evolution" ist mit HAMMERFALL also immer noch zu rechnen. (ASZ)
Nach den vor allem dank der guten Setlist überraschend kurzweiligen HAMMERFALL, bringen sich auf der anderen Hauptbühne STEEL PANTHER frisch geschminkt und gepudert in Pose. Dass der Glam Metal des Hollywood-Quartetts mit seinen schlüpfrigen Texten (steht das aktuelle Album "All You Can Eat" in Deutschland eigentlich mittlerweile auch auf dem Index?) beim partyhungrigen Wackenvolk gut funktionieren würde, war vorher klar. Der kundige Zuschauer weiß aber auch, dass Michael Starr und die anderen drei Kätzchen-Liebhaber neben Haarspray, Schminkspiegel (der von Basser Lexxi Foxxx heute in pink und mit WOA-Emblem) und versauten Sprüchen, von denen es auch diesmal wieder reichlich zu hören gibt, auch musikalisch einiges zu bieten haben. Damit man das nicht überhört, legen STEEL PANTHER gleich mal doppelt so laut los, wie ihre schwedischen Vorgänger, und ziehen die Leine mit "Pussywhipped" und dem aktuellen Smasher "Party Like Tomorrow Is The End Of The World" gleich stramm an. Aber nicht, ohne zwischendurch noch schnell festzustellen, dass neben den Scorpions und David Hasselhoff auch die geilsten Girls aus Germany kommen. Und man mag kaum glauben, wie viele von diesen der oft wiederholten 'Zeig-mir-deine-Titten'-Aufforderung nur zu gerne nachkommen, um auf der Leinwand aufzutauchen (manches Mal wäre man froh gewesen, sie hätten es nicht getan). Spielerisch ist die Stirnbandkombo erwartungsgemäß top und bringt ihre vielzähligen Ohrwürmer musikalisch perfekt rüber. Der Gesang von Schleckzunge Michael, der später mit seinem roten Filzhut doch ganz schön dämlich aussieht, hat Bon-Jovi-in-den-80ern-Qualität - dementsprechend klingen ja auch manche Songs nach der New-Jersey-Größe - und was Satchel auf seiner rot-schwarzen Tigergitarre abzieht, ist auch aller Ehren wert. Nicht umsonst hat die rote Mähne u.a. ja mal bei Rob Halfords Fight gespielt. Während das Gelaber zwischen den Songs auf Dauer fast zu viel des Guten wird, halten notgeile Songs wie "Asian Hooker", "Community Property" (mit textsicheren Fanchören) und "Eyes Of A Panther" die Stimmung hoch. Wiederholende Bekenntnisse wie 'I like Pussy-Lecken' mögen dazu beitragen. Sanfteren Stoff wie "Girl From Oklahoma" nutzt zwischendurch gewiss der ein oder andere Fan, um distanzfreien Kontakt zur Angehimmelten aufzunehmen. Nach dem größten Hit "Death To All But Metal" werden zur Abschlussnummer "Party All Day (Fuck All Night)" nochmal alle willigen Schönheiten (oder die sich dafür halten) zum gemeinsamen Nackigmachen auf die Bühne gebeten. Um zu merken, dass hier so manche der gut zwei Dutzend Damen nicht spontan blankzieht und mit den Musikern knutscht, sondern bestellt ist, dafür muss man aber nur mal genauer auf die Armbänder achten. Das ändert aber nichts daran, dass die paarungsfreudigen Panther auch heute wieder eine Menge Spaß gemacht haben.
Dieser Spaß ist danach aber erst mal vorbei, gilt es doch, in der musikalischen Pause zwei minder spannende Performance-Künstler zu überstehen. Die beiden Möchtegern-Zauberer biegen martialisch und in Siegerpose an einem Stück rostigen Metal herum, um schließlich den Wacken-Schriftzug (Oder war es der Schädel? Ich hab' das tatsächlich schon verdrängt...) zu formen. Da weint sogar kurz der Himmel und die ganz Herzlosen fangen an zu pfeifen und machen den Mittelfinger lang. Das muss zwar nicht sein, aber letztlich bleibt nur ein allgemeines Fazit: Toll...........................................nicht! (Das waren übrigens die Ehrlich Brothers, die mit ihrem Zirkus in Zukunft dem WOA bitte fernbleiben - ASZ)
"Och nö, echt jetzt? Schon wieder SAXON?" So wohl die meisten Reaktionen von vielen langjährigen Wacken-Gängern, als die Briten mal wieder im Line-up auftauchten. Aber was soll's, einen schlechten Gig der Briten hat es wohl noch nie gegeben und so geht man auch diesmal wieder hin. Außerdem soll sich zeigen, dass Biff & Co. bei aller Beständigkeit doch noch zu überraschen wissen. Wieder deutlich leiser als vorher auf der anderen Bühne eröffnet der Klassiker "Motorcycle Man" die Show und Biff wird dazu standesgemäß mit dem Motorrad auf die Bühne gefahren. Nicht in Halford-Manier, sondern nur als Sozius, aber immerhin. Während sich die Band vor dem großflächigen Banner und im zumeist rotem Bühnenlicht aus dem Stand in gewohnter Form präsentiert, sind beim Titelsong des aktuellen Album "Sacrifice" dann auch schon vielzählige Arme oben. Danach folgen mit "Heavy Metal Thunder" (inklusive geballter Pyro-Unterstützung), "Solid Ball Of Rock", "Wheels Of Steel", zu dem sich Basser Nibbs Carter auf Roadie-Schultern durch den Fotograben tragen lässt, und "747 (Strangers In The Night)" die nächsten Standards und man wähnt sich mittendrin in einem typischen SAXON-Gig. Dann macht Biff allerdings eine längere Ansage, in der er dem W:O:A zum 25. Jubiläum gratuliert und auf das 35-jährige Bandbestehen hinweist, das es jetzt speziell zu feiern gilt. Zur Ansage von "Crusader" fällt dann das Banner und vor einer farbenprächtigen Kirchenkulisse kommt zusätzlich ein Klassik-Ensemble, bestehend aus vier Streicherinnen, einem Keyboarder und einem Pauker, zu Vorschein. Diese bleiben dann auch bis zum Schluss und man bekommt die folgenden Songs in ungewohnter Form mit orchestraler Unterstützung präsentiert. Bei "Crusader" klingt das nach kurzer Eingewöhnung gar nicht übel, das mit dicken Feuerwänden verzierte "Battalions Of Steel" wirkt in dieser Umsetzung anfangs fast wie eine Nightwish-Nummer, zumindest bis Biff einsetzt, und dem getragenen "The Eagle Has Landed", bei dem der Adler in der kleinen Ausführung tatsächlich kurz herunterschwebt, steht die feierliche Atmosphäre auch ziemlich gut. Bei "Power & The Glory" hat sich der Reiz allerdings schon etwas abgenutzt und auch bei den beiden Schlusskalibern "Princess Of The Night" und "Denim & Leather" (bei dem man durch das helle Licht am Ende fast blind wird) geht einiges an der gewohnten Durchschlagskraft verloren. Dennoch ist der zusätzliche Aufwand durchaus dem Anlass würdig und wer die Band schon unzählige Male gesehen hat, weiß diese Abwechslung sowieso zu schätzen. Unterm Strich haben SAXON also auch heute wieder ganz viel richtig gemacht. (So viel, dass Kollege Schulz von dem Auftritt restlos begeistert ist und jedem erzählen muss, dass er Saxon noch nie so großartig gesehen habe - ASZ)
Dass ACCEPT ein würdiger und verdienter Headliner sind, dürfte kaum jemand bezweifeln, der die Band seit ihrem dritten Karrierestart vor fünf Jahren verfolgt hat. Schließlich hat kaum eine Metal-Größe bei ihrer Rückkehr musikalisch so überzeugt, wie die Vorreiter des Teutonen-Metal. Dementsprechend gut gefüllt ist das Festivalareal, als das Quintett mit "Stampede", dem Opener des zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten neuen Albums "Blind Rage", in bester Soundqualität loslegt. Der geradlinige Song, den manche Fans sicher schon von einigen Promo-Samplern kennen, ist mit seinem knackig einfachen Refrain bestens geeignet für die Live-Umsetzung und bringt Band und Publikum sofort in Fahrt. Der für die meisten immer noch neue Sänger steht dabei wie üblich zu Beginn eines jeden ACCEPT-Konzerts der Jetzt-Zeit im Zentrum des Interesses, um einmal mehr seinen Gesang mit dem seines Vorgängers zu vergleichen. Und nachdem sein Mikro nach kurzen Schwierigkeiten richtig funktioniert, stellt man schnell wieder fest, dass der 60-jährige Mark Tornillo am Mikro fast unantastbar ist. Wie kraftvoll und präzise und ohne jegliche Wackler er sowohl die 'eigenen' Songs wie auch die Klassiker singt, ist immer wieder beeindruckend. Selbst die größten Altfans dürften mittlerweile ihre Zweifel haben, dass Udo Dirkschneider da heutzutage noch mithalten kann. Lediglich an seiner Ausstrahlung und seinen Entertainment-Qualitäten könnte er noch etwas feilen und öfter den Kontakt zum Publikum suchen, das sich bei dieser überzeugenden Performance sicher noch etwas höher puschen lassen würde. Mit seiner tadellosen Leistung reiht er sich dennoch perfekt ein bei den anderen Vollprofis da oben, die die große Bühne alleine mit ihrer Präsenz zu füllen wissen. Die Coolness, mit der ein Wolf Hoffmann breitbeinig und auf seine unverkennbare Weise auf seiner Flying V spielt, ist immer wieder aufs Neue faszinierend. Und wohl kaum ein Gitarrist wird von den Fans dermaßen lautstark 'mitgesungen', wie er bei "Metal Heart". Von den Fangesängen bei "Balls To The Wall" ganz zu schweigen. Sein langjähriger Partner in Crime, Bassist Peter Baltes, hat ebenfalls unübersehbar gute Laune und macht so einige Bühnenmeter. Einziges kleines Manko auch diesmal wieder nur, dass Frank Herman auf der linken Bühnenseite etwas zu sehr im Hintergrund bleibt. Selbst von den Kameras wird er eher selten eingefangen. An der perfekten spielerischen Darbietung der gesamten Band ändert das indes nichts, auch die bandtypischen Chöre sitzen mal wieder perfekt. Zur musikalischen Klasse und einer fetten Lightshow kommt heute auch noch eine geniale Setlist. Neben den unverzichtbaren Klassikern und den bekanntesten Nummern der Neuzeit wie "Stalingrad", "Pandemic" oder "Teutonic Terror", die keinen Deut gegenüber dem Altbewährtem abfallen, darf sich der Fan über Selteneres wie "Monsterman", "London Leatherboys" und "Flash Rockin' Man" freuen. Und als ganz am Ende dann tatsächlich auch noch "Burning" gespielt wird, hat man gleich wieder einen Batzen mehr von den Ohne-Udo-bringt-das-nichts-Nörglern im Sack. Nicht auszuschließen, dass wir zu so einem frühen Zeitpunkt bereits die beste Show des Festivals gesehen haben.
Randnotiz: Während ACCEPT den Tagessieg einfahren, spielt mit MASTERPLAN eine andere deutsche Vorzeigeband mit ähnlichem Fan-Klientel zeitgleich auf der Zeltbühne und muss auf mancher Running Order als Streichobjekt herhalten. Wer hat das denn wieder ausgewürfelt? Sehr ärgerlich. (LS)