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Myrra Rós: Kveldúlfur (Review)

Artist:

Myrra Rós

Myrra Rós: Kveldúlfur
Album:

Kveldúlfur

Medium: CD
Stil:

Isländische Singer- und Songwriterin mit traurig-intimen Liedern

Label: Beste! Unterhaltung / Brokensilence
Spieldauer: 34:19
Erschienen: 26.04.2013
Website: [Link]

Wer die Biografie von MYRRA RÓS genauer liest, der wird entdecken, dass diese Isländerin ihr erstes Konzert im nicht mehr zarten Alter von 20 Jahren vor zwei roten Papageien veranstaltete. Seitdem wächst ihr Publikum stetig und ändert nicht nur seine Farbe, sondern auch die Herkunft. Aus Vögeln wurden Menschen, die beim Hören dieser wundervoll melancholischen Musik vielleicht sogar den Vögeln nacheifern. Wünschenswert wäre diese Vereinigung von Mensch und Tier allemal, selbst wenn kleingeistige Puristen damit nur noch abwertend ihre sexuellen Aktivitäten verbinden. Schönheit ersetzt durch eine Gier, die man den Tieren unterstellt und sie damit auf eine Ebene degradiert, wo diese gefiederten Lebewesen wirklich nicht hingehören. Nein, diese unsympathische Ebene gehört ausschließlich uns Menschen, so sehr wir sie auch auf Tiere jeglicher Art abzuwälzen versuchen. Ach, wären wir doch besser die roten Papageien geblieben! Vielleicht wohnt gerade darum jedem der 9 Songs eine Traurigkeit inne, die ansteckend ist und sicher ihren guten Grund hat.

Überhaupt sollten wir bei „Kveldúlfur“ nicht nur genauer hinhören, sondern auch hinsehen. Auf dem Cover erscheint die isländische Liedermacherin eine Art Symbiose vom Vogel zum Menschen durchzumachen. Oder noch genauer von einer toten Singdrossel (???) zur lebendigen Liedermacherin, die anklagend erst ihre Stimme und dann stellvertretend ihren Gesang erhebt, um uns zu zeigen, was wir im Umgang mit dieser Natürlichkeit der Tierwelt anrichten, indem unser Menschsein irgendwann sogar die Gesänge der Vögel verstummen lässt, genauso wie den dieser toten Singdrossel, die MYRRA RÓS in ihren Händen hält.

Natürlich bleibt mir bei der Beschreibung dieser Musik und der Texte manchmal nur eine inhaltliche Vermutung über, denn ich habe gerade dank eines Christian Pliefkes, der sich das hehre Ziel gesetzt hat, uns mit seinem Label BESTE! UNTERHALTUNG viele festgefahrene, deutsche Hörgewohnheiten auszutreiben und den Schönheiten von Musik aus Island, Finnland, den Faröer Inseln, denen man ihre Herkunft eindeutig anhört und die beinahe unvergleichlich ist, näher zu bringen, oft nicht die Chance, auch alle Texte zu verstehen. Dafür kann ich aber sagen, wie wunderschön es ist, die isländische Sprache mit ihrem zarten Wohlklang, eingekleidet in Musik voller Weite und Freiheit, wie der Blick übers Meer bis hin zum Horizont, an dem gerade die Sonne auf- oder untergeht, wo sich zuvor der Mond am Sternenzelt abzeichnete, anhört. Fast zwanghaft spielen hier oft Streichinstrumente eine wichtige Rolle, genauso wie auf „Kveldúlfur“. Besonders das Cello vermittelt uns die Wärme eines Sommertags genauso wie die Bedrohlichkeit dunkel aufziehender Gewitterwolken am Himmelszelt. Diese Bilder können wir wirklich hören und ihre Stimmungen in uns aufnehmen – wir müssen es einfach nur wollen. Diese Lieder sind wie Gedichte, die man nicht interpretiert, weil es irgendein Lehrer in der Schule von einem verlangt, sondern die wir fühlen. In den Gedichten geht es um sterbende Singvögel oder die Liebe oder den Verlust oder die Natur oder die Zerstörung oder das Glück, einfach hier zu sein und Musik zu hören, die man in dieser Intensität und Strahlkraft noch nie so wahr genommen hat wie in diesem Moment. Vielleicht sollte man sich einfach nur dieses Video zu The House The Home anschauen, um mich zu verstehen.

Insgesamt ist die Atmosphäre aller Songs auf „Kveldúlfur“ sehr ruhig, beinahe intim. Und nach 34 Minuten viel zu schnell zuende. Ein Album für die gestresste Seele, das einen wieder runterholt, das einen aber auch traurig macht. Manchmal beinahe zu traurig. In diesem Falle durchbricht es nicht die Stille, wie es das Vertriebsunternehmen „Brokensilence“, unter dem diese CD zusätzlich verteilt wird, ankündigt, sondern es schafft sie.

FAZIT: Im Herbst geht MYRRA RÓS gemeinsam mit ARSTIDIR auf Deutschland-Tour. Eine ideale Kombination aus isländischem Lebensgefühl + eindringlich-melancholischer Musikintimität + Texten, die mehr zu sagen haben als „I love you“!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4873x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Vid Og Vid Tvö
  • Animal
  • Láru Lag
  • Værd Og Vökul þrá
  • Milo
  • Kveldúlfur
  • River
  • Sail On

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

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  • keine Interviews
Kommentare
Andreas Schiffmann
gepostet am: 30.04.2013

Zur Information - unser Herr Koß wurde nicht vom Label gekauft ... die Firma veröffentlicht tatsächlich so starke Musik :)
Thoralf Koss [musikreviews.de]
gepostet am: 30.04.2013

Vielen Dank für die Klarstellung, Andreas, aber manchmal denke ich wirklich, es muss doch auch mal 'ne echte Graupe aus dem Hause Beste! Unterhaltung kommen!
Aber ne, da kommen ständig kleine Musik-Diamanten, die bisher wohl noch niemand entdeckt hat!
Jessica
gepostet am: 01.05.2013

User-Wertung:
14 Punkte

Eine wunderschöne Musik, man hat das Gefühl wie ein Vogel dahin zu gleiten und eine großartige Kritik, die sich die Mühe macht auch die Hintergründe aufzudecken. Ihre Botschaft passt zu unserer schamanischen Weltsicht, wieder zurück zur Natur, zu der wir immer noch gehören. Unsere Weltsicht und was wir auf unserer kleinen Insel so alles machen findet man auf unserer Homepage Lebe-Liebe.
Petra
gepostet am: 01.05.2013

User-Wertung:
13 Punkte

Natürlich gut, unsere Sehnsucht wie ein Vogel zu fliegen... Ikarus grüßt die Sonne und vergisst die Gefahr.
Licht und Schatten gehören zusammen, wie die Vielfalt der Musik von Myrra die alle Seiten erklingen lässt.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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