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Otava Yo: What Are Those For Songs! (Review)

Artist:

Otava Yo

Otava Yo: What Are Those For Songs!
Album:

What Are Those For Songs!

Medium: CD
Stil:

Volksmusik-Punk + Folk-Rock + Humppa im russischen Gewand

Label: CPL-Music
Spieldauer: 48:49
Erschienen: 10.07.2015
Website: [Link]

Es ist mal wieder an der Zeit für einen Blick in die Musikkiste der besonders ausgefallenen Neuentdeckungen, von denen wir schon immer etwas hören wollten, aber nie zu fragen wagten, ob diese bei uns tatsächlich zugänglich sein könnten. Aus dem bösen Buh-Land, das nicht Winnie Puuh, sondern Wladi Putin regiert, kommt diese Entdeckung, die weit umrissen in ähnlich verrückter Art wie die russische Ausgabe der finnischen Humppa-Chaoten ELÄKELÄISET rüberkommt. Wobei die Betonung natürlich auf Russisch liegt, denn OTAVA YO schaffen in ihrer Musik die NRW (Neue Russische Welle) des russischen Humppa-Folks, bei dem Don-Kosaken wild Pogo tanzen, während sich OTAVA YO in ihren weißen Feinripp-Unterhemden wild den Arsch abspielen, bis ihnen der Schlabber-Schlüpfer in der Po-Po-Ritze klebt. Am besten schaue man sich als Beweis solch schlüpfrigen Vergleiches umgehend dieses fein gerippte Video an.

Die fünf Jungs mit „Bärenfotze“ (Ja, so hießen umgangssprachlich diese russischen „Fell-Mützen mit Ohrenklappen“, die wir bei der Nationalen Volksarmee während des Winterbefehls tragen mussten und die auch im Inneren des Digipacks ausgiebig zu bewundern sind!) auf der Birne und weißem Trägerunterhemd am Oberkörper sowie die eine wilde Geigerin, die statt „Bäfo“ auf, ein weißes Blümchen im Haar trägt, haben mich nicht nur dazu gebracht, mir mal wieder solche längst aus meinem Kleiderschrank verbannten Unterhemden - die bei OTAVA YO nämlich garantiert als Fan-Shirt durchgehen - zu kaufen, sondern auch wild nach deren Rhythmen und Gesängen durch mein Musikzimmer zu hüpfen, in der stillen Hoffnung, dass mich niemand meiner Nachbarn bei diesen sommerlichen Temperaturen durch mein weit geöffnetes Fenster beobachtet hat. Und selbst wenn mir der hockende Kosaken-Tanz noch nicht überzeugend gelang, den Pogo hatte ich bei „What Are Those For Songs!“ aber sowas von drauf, dass unter mir im Keller sogar die Ratten vor Schreck stiften gingen.

Nun mag man dem Kritiker hier unterstellen, er wäre ein wenig plemplem bzw. durchgeknallt, was wahrscheinlich sogar zutreffend ist. Aber Auslöser war eindeutig dieser Silberling mit den noch verrückteren russischen Bärenfotzen-tragenden Musikern, die einem mit den exotischsten Instrumenten von Dudelsack über Löffel bis zu E-Gitarren und Geigen sowie noch etwa 20 (!!!) weiteren Instrumenten alles unterhalb besagter Ferkel-Mütze zum Kochen bringen. Aber auch der hervorragende russische Solo- und Satz-Gesang verfehlt seine Wirkung nicht. Als freundliche Geste gibt es zu dem Album außerdem für alle, die der russischen Welt-Sprache nicht mächtig sind, im Booklet die englischen Übersetzungen gratis mit dazu, welche sich übrigens ausschließlich musikalisch wie textlich an russischen Traditionals orientieren, so wie beispielsweise auch dieser „Straßenreiniger“-Song, dem Schillers „Handschuh“ genauso wie Fontanes „Effie Briest“ innewohnt.

Hinter OTAVA YO verbergen sich sehr professionelle russische Folkmusiker, die selbst bei der Wahl ihres Bandnamens nichts dem Zufall überließen und Ironie sowie Ernsthaftigkeit miteinander in eine (Klang-)Schale warfen. Der Begriff steht für die zweite Heumahd im Hochsommer, durch die das Vieh qualitativ hochwertigeres Futter als bei der ersten Mahd erhält. Gleiches gilt für die Musik der Band aus St. Petersburg, die größtenteils alte russische Volkslieder neu, modern und deutlich knackiger bearbeiten und musizieren. Dabei greifen sie sogar auf Lieder zurück, die vielen Russen gar nicht mehr bekannt sind und wahren so eine Volkslied-Tradition, welche immer mehr in Vergessenheit zu raten scheint. Natürlich dreht sich hierbei alles um das russische Lebensgefühl, die Liebe und den exzessiven Hang zu hochprozentigen Getränken, die zwar klar wie Wasser sind, aber eine Wirkung erzeugen, die Kopf und Kloschüssel zu einer Einheit verschmelzen lassen.

Feste Grenzen oder Beschränkungen kennen die Petersburger, die mit ihren Live-Auftritten schon in Mexiko, Portugal, Amerika, Finnland, Frankreich, Indien und Norwegen das Publikum begeisterten, allerdings nicht, denn von jedem ihrer Auftrittsländer schnappen sie sich zuvor ein bekanntes Volkslied, das sie dann live auf ihre unvergleichliche Art der Zuhörerschar so lange vor die Füße werfen, bis deren Schuhe sich in unkontrollierten Bewegungen selbstständig machen.

Jedenfalls wirkt all die Lebensfreude und das russische Temperament, das man spätestens beim fünften Sto Gramm mehr als intensiv empfindet, rundum ansteckend, auch wenn durchaus mal die traurige russische Seele baumeln gelassen wird, wenn es bei dem Siebenminüter „They Will Recruit Me“ darum geht, dass ein junger Ehemann in den Krieg zieht und diesen abgrundtief am Ende verdammt. Übrigens ein traditionelles russisches Volkslied, das auf angenehme Weise den permanenten Kriegsbedrohungs-Szenarien widerspricht, die wir immer so schön um alles Russische zu spinnen versuchen. Musik verbindet eben statt zu spalten. Und vielleicht sollten wir allen kalten Kriegern statt ihnen aus permanent erhöhten Wehr-Etats finanzierte Waffen nur ein paar Musikinstrumente in die Hand drücken, mit denen sie gerne gegeneinander antreten dürfen, während unser aller Waffen-Uschi halbnackt im Feinripp-Unterhemd und mit Bärenfotze auf ihrem fein gestylten Haar durch die Tundra hüpft, um sich ihren nächsten Zobel- und Nerz-Mantel in Natura zu erjagen, dabei aber nur auf die Gattung der Stinktiere trifft, denen sie sich irgendwie sofort zugehörig fühlt. Die Begleitmusik zu dieser filmreifen Leistung liefern natürlich OTAVA YO, während sie genüsslich auf schwarz-braunen Haselnüssen rumtrommeln bevor sie diese endgültig knacken!

FAZIT: Wenn Musik Sinn für Humor und Tradition sowie musikalisches Können und mitreißende Rhythmen zu einer Einheit verschmelzen lässt, die nach modernem Volksliedgut und Humppa klingt, dann gibt es dafür nur einen Namen: OTAVA YO!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4978x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
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Tracklist:
  • Kamarinskaya
  • Street-Cleaner
  • Those Pancakes Of Mine
  • By The River, By The River
  • Girls Coming Back From A Pilgrimage
  • Little Apple
  • They Will Recruit Me
  • I Tell Me Ma 3-In-1
  • A Cat Has Four Legs
  • What Are Those For Songs
  • Ivan The Crawfish 2013

Besetzung:

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