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Sus Dungo: Down The River (Review)
Artist: | Sus Dungo |
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Album: | Down The River |
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Medium: | CD | |
Stil: | Neo-progressiver Folk aus dem siebten Himmel |
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Label: | Beste! Unterhaltung | |
Spieldauer: | 49:14 | |
Erschienen: | 26.06.2015 | |
Website: | [Link] |
Russland, das Land der „lupenreinen Demokraten“ sowie der „astreinen Musik“ wird in unseren Breitengraden wohl immer ein Geheimnis für uns bleiben und politisch auf der Beliebtheitsskala, wenn man nicht gerade Gerhard Schröder heißt, nicht wirklich vordere Plätze einnehmen. Aber wenn man sich der Musik zuwendet, die in letzter Zeit aus diesem riesigen Putin-Reich kommt, dann wird einem vor Begeisterung und Überraschung glattweg die Kinnlade runterklappen.
Mir jedenfalls ging es bereits bei IAMTHEMORNING so. Aber es gibt auch eine wahrhafte Entdeckungen, die sich direkt neben diesem riesigen Land erhebt. Eingegrenzt von Russland, Weißrussland, Litauen und dem Estland liegt das kleine Lettland, das gezwungenermaßen in sozialistischen Russland-Zeiten dazu “verurteilt" war, der UdSSR beizutreten und sich 1990 seine Unabhängigkeit wieder eroberte. Aus der Hauptstadt dieses nun EU-Landes Riga kommt eine ähnlich faszinierende Band wie IAMTHEMORNING. Ihr Name: SUS DUNGO. Dieses multiinstrumentale & multivokale Damen-Sextett, das sich mit einer Vielzahl von Instrumenten und elfen- sowie engelsgleichen und wenn‘s sein muss auch teuflischen Stimmen wie in einem Rausch von „Down The River“ bewegt, gehört zum Besten, was ich bisher in diesem nun schon ein wenig in die Tage gekommenem Musikjahr zu Ohren bekommen habe!
Doch bevor ich hier weiter ins Schwärmen verfalle, sollte sich der Leser dieser Zeilen erst einmal die Zeit nehmen und sich ein „Wolves“-Video vor Augen und zu Ohren führen, in dem eine fast philosophische Fabel von zwei Wölfen - einem guten und einem bösen - verewigt wurde. Ich bin mir sicher, dass viele bereits nach dem fabelhaften Wolfs-Erlebnis ähnlich wie der Kritiker, dem diese Zeilen so leicht über die Laptop-Tastatur gehen, empfinden werden!
Bei SUS DUNGO, die in ihrer Heimatstadt bereits in den lokalen Radiosendern die Charts erobert haben (Ja, da können wir uns von den Letten eine verdammt dicke Radio-Scheibe abschneiden!), begegnen wir einer sehr geschickten Verknüpfung aus Traditionellem und Progressivem, um am Ende eine kunstvolle Variante des Neo-Folk genießen zu dürfen. Eigentlich ist auf „Down The River“ für alle Hörer anspruchsvoller Musik, die jenseits Extremmetallischem oder Schlagerhaftem liegt, etwas dabei, egal ob wir es komplex oder einfach und ruhig, härter oder zärtlich entspannt mögen.
Dem intensiven, weitreichend gebildeten Prog-Head kommen da sicher solche Namen wie HÖSTSONATEN bzw. FINISTERRE und SEVEN REIZH in den Sinn. Anderen wiederum werden so einige Anklänge an große Harfenisten, wie ALAN STIVELL oder ANDREAS VOLLENWEIDER, Gitarristen wie MIKE OLDFIELD, Flötisten wie bei ENID oder JETHRO TULL und Sängerinnen wie LOREENA McKENNITT und ANNIE HASLAM von RENAISSANCE auffallen. Das alles aber auf eine authentische, wirklich einzigartige Art und Weise dargeboten, dass einem beim Hören die Spucke wegbleibt.
Leider kenne ich bisher noch nicht das erste Album dieser noch in Deutschland völlig unbekannten Größe, aber es gibt sprachlich jedenfalls einen riesigen Unterschied zwischen Album 1 und 2. Auf „Down The River“ wird (ein sehr sauberes) Englisch gesungen, während auf dem Debüt noch in der Muttersprache Lettisch, was ich ebenfalls als sehr reizvoll empfinde, die sehr lyrischen Texte vorgetragen wurden. Einzige Ausnahme auf der aktuellen CD ist das französische Chanson „A La Clair Fontaine“, in dem uns die sechs Musikerinnen beweisen, dass sie auch ganz locker die französische Lied-Tradition beherrschen.
Bereits das eröffnende Instrumental „Randa Loul“ gibt die musikalische Richtung des gesamten Albums vor. Harfen eröffnen, Flöten übernehmen und dann gesellen sich sogar E-Gitarren und Schlagzeug hinzu: Sonnenauf- und Sonnenuntergang sollen hier von der Musik beschrieben werden. Sofort beginnt auch unser musikalischer Sonnenaufgang, denn wir werden gefangen genommen von diesen Klängen, die dann in dem ersten gesungenen Titel über den (Erz-)Engel „Gabriel“ durch die wundervollen Stimmen ihre Vervollkommnung findet. Sogar eine männliche, ebenfalls faszinierende Stimme und ein der Musik eine ganz besondere Note verleihendes Cello tauchen auf.
Musik für den Himmel bis wir uns dann auf die „Wolves“-Pfade begeben, die eine erste dunkle, fast etwas beängstigende Stimmung - vorangetrieben durch eine E-Gitarre und ein treibendes Schlagzeug - verbreiten.
Auch tauchen immer wieder Trommeln und Percussions auf, die klingen, als würden wir einer Geisterbeschwörung oder einem Liebesritual der Indianer oder mittelalterlichen Zeremonien beiwohnen. Und „Fall“ lässt sogar Anspielungen an OLDFIELDs „Ommadawn“ erklingen, nur mit weiblichem Gesang veredelt, um dann in vokale Höhen zu entschweben, in denen sich die grandiosen BENT KNEE bisher gänzlich unerreicht bewegen. Da kann man nur jedem Wort der ersten „Fall“-Strophe zustimmen: „I came in this world falling down from sky / So high / And nothing to gain or lose in this Horror time - But I want you to see all the beauty of Roses, and Sunsets, and Oceans ...“!
Genau so oder zumindest ganz ähnlich verblüfft uns die SUS DUNGO-Musik 50 Minuten lang, bis wir endgültig in deren Fluss ertrunken sind.
FAZIT: Wenn Schönheit und musikalische Eleganz Hand in Hand gehen, dann ist deren Name SUS DUNGO!
Auf ihrem zweiten, diesmal nicht lettisch, sondern englisch gesungenen Album erreichen die sechs Musikerinnen eine Klasse, die nicht nur neue Maßstäbe setzt, sondern gänzlich nach ihresgleichen sucht. Das beginnt beim Versuch, dieses Klangerlebnis zu kategorisieren, was nicht möglich ist, und endet mit einer nordisch anmutenden Atmosphäre, die überhaupt nur selten von anderen Bands erreicht wird, wenn diese nicht gerade ARSTIDIR oder OCHRE ROOM oder ELIN KÅVEN heißen.
Ein Album wie eine einzigartige Liebeserklärung zwischen zwei Geliebten, egal welchen Geschlechts (Scheiß auf die katholischen, in mittelalterlichen Denkweisen verfangenen Polit-Sittenhüter!), die sich in lyrischen Worten und musikalischen Liebesspielen vereinen!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Randa Loul
- Gabriel
- Wolves
- Circles
- Intro Ra
- A La Claire Fontaine
- Sailing The Same Way
- No Roads
- Fall
- The River Lullaby
- Bass - Marika Arro
- Gesang - Diana Sus, Anneli Arro, Marika Arro, Marta Trofimova, Elizabeta Balcus, Liene Dravniece, Elizabeta Lace
- Gitarre - Diana Sus, Marta Trofimova, Elizabeta Lace
- Keys - Liene Dravniece
- Schlagzeug - Anneli Arro
- Sonstige - Elizabeta Lace (Harfe & Ukulele), Elizabeta Balcus (Flöte & Metallophone)
- Down The River (2015) - 14/15 Punkten
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keine Interviews
Kommentare | |
Lakuna
gepostet am: 30.06.2015 |
Sus Dungo sind in Lettland zu Hause und nicht
in Russland ! |
Thoralf Koß [Musikreviews.de]
gepostet am: 30.06.2015 |
Natürlich - da war ich noch in vergangenen UdSSR-Zeiten stehen geblieben! Ich habe den Fehler natürlich sofort behoben. Auch habe ich versucht, diese nicht mehr russische musikalische Faszination in die entsprechend lettische umzuwandeln und hoffe, dass mir dies auch gelungen ist. |
Lakuna
gepostet am: 30.06.2015 |
Kann passieren. :-)
Ein Pluspunkt für die schnelle Änderung ! |
Tom
gepostet am: 01.07.2015 |
Lieber Thoralf, ich geniesse es immer, Deine Reviews zu lesen und Du entdeckst immer wahre Perlen. Ich liebe auch IAMTHEMORNING. Check doch mal THE GRUS an, sehr genialer russischer Trip Hop mit jeder Menge analogen Instrumente aufgenommen. Und ich check asap SUS DUNGO. LG Tom |