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Hämatom: Wir sind Gott (Review)
Artist: | Hämatom |
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Album: | Wir sind Gott |
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Medium: | CD/LP+CD/Download | |
Stil: | Neuer Deutscher Metal, bei dem Marmor, Ramm und Steine brechen |
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Label: | Rookies & Kings / Soulfood | |
Spieldauer: | 51:33 | |
Erschienen: | 25.03.2016 | |
Website: | [Link] |
Die Einen hören heute, am Ostersonntag, ihr „Urbi Et Orbi“ und die Anderen „Wir sind Gott“ von HÄMATOM!
HÄMATOM schreien auf „Wir sind Gott“ in ihrer ganz speziellen RAMMSTEIN-Manier mal wieder ihre Wut auf diese Welt hinaus, weil ihnen das, was hier so passiert, gehörig stinkt. Dabei machen sie auch deutlich die dafür Schuldigen aus und erheben textlich-musikalische Anklage, aber nie den moralischen Zeigefinger, den sie ja schon längst durch den mittleren Stinkefinger ersetzt haben. Und insgesamt betrachtet machen die das sogar richtig gut, so lange man als Hörer ein Faible für brachial-metallische Klänge und provokante Texte hat, denen RAMMSTEIN und PANTERA - aber ohne Hitlergruß - nahestehen.
„Wir sind Gott“ ist auf fast erschreckende Weise dermaßen nah am aktuellen Zeitgeist, dass einem angst und bange werden muss. Haben wir nicht längst erkannt, dass man uns mit göttlichen Trugbildern zum Schafott unserer eigenen Dummheit und Gutgläubigkeit führt, um uns ausbluten zu lassen? Wo man in (angeblichen) Demokratien Menschen, die an grüne Männchen und UFOs glauben, in die Klappsmühle steckt, aber unsere Politiker statt auf eine Verfassung auf eine monotheistisches Märchenbuch namens Bibel schwören und in Kirchen einen toten Gekreuzigten anbeten oder in Synagogen einem mysteriösen Gott huldigen, um dann Tiere auf grausamste Art zu schächten und junge Buben zu beschneiden, oder in Moscheen einen Allah anbeten, um seine fanatischen Gläubiger zu Massenmord und Terror für die ewige Glückseligkeit im Paradies zu mobilisieren: „Wir sind Gott / Wir entscheiden über Leben und Tod / Wir sind Gott / Die Schöpfer von Elend und Not!“, setzen ihnen HÄMATOM als Antwort auf diesen intoleranten, monotheistischen Religionswahn entgegen und werden sich damit neben vielen Freunden ihrer Musik auch eine gehörige Masse von Feinden anhäufen, die „Blasphemie“ schreien und gar nicht richtig zuhören können. Doch auch für die gibt‘s eine klare Antwort, die mit fetten Bässen, bretternder Gitarre, Schreigesang und fetten Keyboards plus treibenden Drums den eindeutigen Titel „Fick das System“ trägt.
Wem das noch immer nicht reicht, der darf sich dann seinen letzten Hirn-Fick mit „Made In Germany“ holen und sich über eine zusätzliche Mädchenstimme im Background freuen, die uns auf ein paar besondere „Errungenschaften“ hinweist: „Wir bieten Diktatur und Anarchie / Made In Germany / Liebe und Pornografie / Made In Germany / Wir haben Chaos und Bürokratie / Made In Germany / Propaganda und Poesie / Made In Germany.“ Danach nehmen sich HÄMATOM dann die Netz- und Handy-Junkies mit „Compressorhead - Offline“ zur Brust und rufen allen, die noch nicht komplett gleichgeschaltet sind und manchmal noch abschalten „Tanz aus der Reihe“ zu, während sie mit „I Have A Dream“ klar Stellung gegen alle braunen Grütz-Köpfe beziehen und zwar so deutlich, dass es für jeden, der HÄMATOM bisher auch nur ansatzweise eine gewisse Rechtslastigkeit unterstellte, ein fetter Faustschlag in die dümmliche Fresse solcher Plapperköpfe ist, die allem, was deutsch ist und singt, ohne dabei mit ekelhaften linksradikalen Dumpfbacken-Botschaften der Marke FEINE SAHNE FISCHFILET aufzuwarten, erst einmal pauschal eine rechte Gesinnung unterstellt: „Wer selber denkt kriegt einen Stern / Rechts und Rechts gesellt sich gern / Dieser Platz wird niemals eure Heimat sein.“ Darin besteht eben der Unterschied, dass man nicht auf die Idee kommt, Radikales mit Radikalem zu bekämpfen, sondern mit Texten, die klar Stellung beziehen, ohne sich auf die Seite der Hau-drauf-Links-Fraktion, wie das wenig schmackhafte, sahnige, rotverpestete, keinesfalls feine Fischfilet, zu schlagen.
Auch wenn die Musik auf „Wir sind Gott“ mitunter von strammen, sich öfters wiederholenden Rhythmen lebt, denen sogar mit „Zu wahr um schön zu sein“ eine ansprechende, sehr UNHEILIGe Ballade oder „All You Need Is Love“ eine kurios-ironische Auseinandersetzung mit dem erfolgreichen BEATLES-Song beigefügt wurde, hinterlassen HÄMATOM auf ihrem nunmehr sechsten Album den Eindruck einer Band, die weiß was sie will und mit kritischem Blick sich und ihre Umwelt beobachtet, um diese dann in ihren provokanten Texten zu verewigen. Selten zuvor gelang einer anderen deutschen Band mit RAMMSTEIN-Allüren am Ende ein nur halbwegs ähnliches Ergebnis, das die „Freaks“ (So bezeichnet HÄMATOM liebevoll ihre echten Fans!) entweder als Digi-Pack oder Doppel-LP oder limitierte Fan-Box erstehen können.
Eigentlich sollte das Album erst „Eine kleine Machtmusik“ heißen, wie HÄMATOM es in einem ausgiebigen, durchaus humorvollen Interview zu „Wir sind Gott“ erzählen. Auch dass sie sich in ihren Texten, die sie allesamt einzeln im Interview vorstellen, als „Spiegel der Gesellschaft“ ansehen, eher links eingestellt sind und ihre Liebe zu PANTERA, dem Vorbild ihrer ersten Stunde, beendet haben, nachdem deren Frontmann auf der Bühne den Hitlergruß zeigte. Natürlich erfahren wir auch, warum sie nur mit Masken auftreten und welche Wirkung die Band RAMMSTEIN als „Gesamtkunstwerk“ auf ihre eigene Musik hat: „Auf RAMMSTEIN hat damals die Welt gewartet!“
So wundert es dann niemanden mehr, dass HÄMATOM (manchmal zu) oft nach ihrem Vorbild klingt, sogar noch eine Kohle Härte drauflegt und ihre Texte vor Provokationen nur so strotzen. Aber Provokationen, die einen ansprechen, auf textlich gutem Niveau sind und in brachialen Klangwelten musikalisch verpackt werden, die einem sogar zum Hin-, aber nie Weghören animieren.
Bereits das dem Album seinen Namen verleihende „Wir sind Gott“ hat neben den harten Rock-Rhythmen einen Refrain mit hochgradigem Hitpotenzial. Fast ein Ohrwurm, der seine blasphemischen, aber von der Wirklichkeit längst bestätigten Botschaften in die Ohren des Hörers zu fressen scheint und sich darin festsetzt. Ein kleiner, blöder Fehler diesbezüglich am Rande ist, dass HÄMATOM in ihrem Video und im Booklet jeweils den Diktator-Namen Hussein falsch schreiben, indem sie ein s vergessen. Aber auch Ost, West, Nord und Süd sind eben nur Menschen und keine Götter, weswegen einem immer mal wieder ein Fehler unterläuft, womit sie gleich das beste Beispiel an sich selbst praktiziert haben.
FAZIT: Auch wenn ich mit einigen Vorurteilen an die Besprechung dieses Albums herangegangen bin, freue ich mich wirklich darüber, dass diese von HÄMATOM fast gar nicht bestätigt wurden, sondern mit „Wir sind Gott“ ein RAMMSTEIN-Musikluft atmendes, zeitgeistkritisches Album entstand, dem auch noch mit dieser „Schöpfungsgeschichte 2.0“ - hervorragend eingesprochen von DAVID NATHAN - (Bitte unbedingt ansehen!) ein wahrhaft bewegendes, hochintelligentes Denkmal gesetzt wurde!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Wir sind Gott
- All U Need Is Love
- Fick das System
- Made In Germany
- Offline
- Tanz aus der Reihe
- I Have A Dream
- Ikarus Erben
- Zu wahr um schön zu sein
- Mach kaputt
- Hollywood brennt
- Halli Galli
- Ist das Kunst?
- Keinzeitmensch (2013) - 10/15 Punkten
- X (2014)
- Wir sind Gott (2016) - 11/15 Punkten
- Die Liebe ist tot (2021)
- Lang lebe der Hass (2022)
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