Hier geriert sich wieder einmal ein Künstler als gebrochener wie geheimnisumwobener Charakter, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Kollektiv mit dem Nom de Guerre TOMY LOBO stammt ganz prosaisch aus dem französischen Neuilly-Plaisance und spielt elektronisch unterfütterten Rock, wobei die Betonung nicht auf Gitarren liegt, denn diese sind hier (falls überhaupt) lediglich in klanglich verfremdeter Form auszumachen.

"Golden Birds" verfügt zu ungefähr gleichen Teilen über die sanfte Eleganz der frühen New-Wave-Truppen Englands und das barsch Breitbeinige US-amerikanischer Industrial-Helden wie NINE INCH NAILS. Richtig heavy wird es wie gesagt nie, und an die Originale reichen TOMY LOBO nicht heran. Dennoch haben sie stringente Stücke bar jeglicher Experimentierfreude geschrieben, also bleibt ungenießbare Exzentrik anders als oft in Frankreich weitgehend aus.

Das stimmliche Ausdrucksvermögen des Sängers deckt einschmeichelnde Melodien und eher drögen Sprechgesang ('Night Prism') ab, doch Vocal-Hooks gehen ihm ab. Wird es besonders poppig ('Erase It All') dürften auch Indietronic-Fans warm mit TOMY LOBO werden. Absichtlich dilettantisch wie in diesem Bereich ist jedoch nichts an "Golden Birds". Gut so, denn andernfalls würden die Macher ihr ernste Substanz bergendes Schaffen selbst herabwürdigen.

Anspieltipp, das Shoegaze-mäßige Finale 'Lightfall Blue', das bis zuletzt knisternde Spannung aufrechterhält. Zu dumm, dass die Band nichts darauf folgen lässt.

FAZIT: "Golden Birds" ist mehr als nur okay, sondern ein eigenständiger Beitrag zum Sujet Electro mit rockigem Ethos. Ob die vier Franzosen mehr mit diesem momentan nicht unbedingt populären Sound reißen können, hängt sicherlich davon ab, ob und wie sie sich live präsentieren.