Um den Klos im Hals herunterschlucken zu können, den KETTCAR mit ihrem neuen Album hinterlassen haben, greift man nun idealerweise zu ihren Hamburger Mitbürgern LE FLY, denn deren neues Album versprüht ungleich mehr Heiterkeit, ohne an Ernsthaftigkeit einzubüßen, und bietet obendrein wie von dem Ensemble gewohnt ein grelles Potpourri aus unterschiedlichen Stilen, dessentwegen sich diverse andere Ska- oder Dub-Kapellen mit viel bekannterem Namen warm anziehen sollten.

"Kopf aus Fuß an", dieser Titel ist bis zu einem gewissen Grad Understatement, denn anspruchslose Musik haben LE FLY nie gezockt, und daran ändert sich auch jetzt nichts. Allein auf die Texte bezogen wird es eine Weile dauern, bis man sich in Anbetracht von Anspielungen auf den schönen neuen Internetwelt-Zeitgeist zwischen Twitter und Selfie-Narzissmus daran satt gehört hat, nicht zu vergessen die ins Spanische abgleitenden Parts, den augenzwinkernden Lokalpatriotismus und die vielen selbstreferenziellen Passagen, wie sie in dieser Szene zum guten Ton gehören.

All dies wurde so zwanglos geschrieben wie die Musik, die einen Ausbund von nicht mit dem Zaunpfahl herbeigewunkenem Multikulti repräsentiert. LE FLY zeigen sich in gleicher Weise leicht melancholisch ('Gepäckträger'), wie sie die Kuh fliegen lassen, etwa im hedonistischen 'Superstars' mit Sängerin Shegone oder mittels Humor auf hohem DIE-ÄRZTE-Niveau wie im treibenden 'Ätzend fröhlich'. Dem entgegen steht smoother Reggae wie in 'St. Pauli Tanzmusik', der mediterranen Ballade 'Augen zu' oder 'Snervt'

Arrangiert mit Scratches, verzerrten Gitarren und perkussiver Rhythmik geht 'Hand in Hand' hingegen als sonderbares 1990er-Crossover-Relikt durch, zumal mit Geschrei, das an die Wurzeln eines Teils der Mitglieder im Hardcore denken lässt. Dialogartiger (Sprech-)Gesang bleibt aber der Hauptmodus, in dem sich LE FLY durch ihre kurzen wie kurzweiligen Tracks hangeln. Als Hits kommen mehrere der 14 Stücke infrage, doch als Ganzes gehört macht das Album den stärksten Eindruck, weil darauf alles seinen rechten Platz zu haben schein.

FAZIT: Bei LE FLY geschieht nichts um seiner selbst willen, und diesen Eindruck erfolgreich zu erzeugen ist angesichts der Fülle von Einflüssen und Zitaten, die das Ensemble verbrät, eine beachtliche Leistung. "Kopf aus Fuß an" markiert die vorläufige Referenz für alle vielköpfigen Blas- und Tröt-Kapellen mit Affinitäten zu Hip Hop, Reggae und nicht zuletzt auch härterem Rock.