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Les Discrets: Prédateurs (Review)

Artist:

Les Discrets

Les Discrets: Prédateurs
Album:

Prédateurs

Medium: CD
Stil:

Shoegaze, Electronica, Trip Hop, Post Rock, Liebe zur Natur

Label: Prophecy/Soulfood
Spieldauer: 43:00
Erschienen: 21.04.2017
Website: [Link]

Hier kommt auf den Hörer ein schwer beeindruckendes und schwer bedrückendes Album gleichermaßen zu, denn der Kopf hinter LES DISCRETS, den Black-Metallern, die nach fünf Jahren wie Phoenix aus der Asche plötzlich mit „Prédatuers“ wieder in der dunklen Musik-Szene auftauchen, lässt uns auf der letzten Seite des wunderschönen, natürlich ebenfalls sehr finsteren Digi-Books wissen: „‚Prédateurs‘ ist ein Album über den Verlust an allem: der Schönheit, der Liebe, der Sympathie – es ist ein Album, das unserem Planeten gewidmet ist...“

Im Grunde genommen aber ist „Prédateurs“ ein in dieser Art von der französischen Band nie erwartetes Album geworden, das man als die Fortsetzung von ARCHIVEs Meisterwerk „Axiom“ verstehen könnte.
So gesehen die französische Variante davon, denn der singende Multiinstrumentalist FURSY TEYSSIER – besagter Kopf, Chefdenker und Komponist (für die düsteren französischen Texte ist allerdings Haupt-Sänger AUDREY HADORN zuständig) – ergänzt zu seinem, voller ruhiger Shoegaze, Electronica, Trip Hop und Post-Rock sowie mit Filmsoundtracks der 70er-Jahre angereicherten CD, dass er sie als einen „getragenen Film Noir“ versteht, „der den Hörer in ein Zugabteil versetzt, aus dem er die Landschaft vorbeiziehen sieht. Es ist ein cineastisches, urbanes Album, das ein verschneites Szenario aus Stahl und Beton vor dem inneren Auge entstehen lässt.“

Die Thematik hinter „Prédateurs“ ist eine schwere, bedrückende, nachdenklich machende Vision über die Vergänglichkeit und ein bitterböser Vorwurf an die Menschheit, welche im Grunde auf alles, was sie nicht unmittelbar betrifft, scheißt. Auch hierzu bezieht Teyssier eindeutig Stellung:
„Zeit bezieht sich auf diesem Werk auf die Vergänglichkeit – von Erinnerungen, Empfindungen und Mitgefühl, die der Menschheit im Laufe der Jahrhunderte abhandengekommen sind. In Sachen Natur meine ich unseren verlorenen Bezug zu ihr, unsere Respektlosigkeit gegenüber dem Planeten und den Verlust unserer ursprünglichen Kenntnisse über ihn. Leider ruinieren wir die Erde, wissen es genau und machen trotzdem damit weiter.“

Ganz deutlich wird dies in einem der insgesamt zwei englischen Songs: „Vanishing Beauties“ (Verschwindende Schönheiten). In ihm verabschieden sie sich – ganz ähnlich wie PINK FLOYD auf „Goodbye Cruel World“ von „The Wall“ - von allen natürlichen Schönheiten sowie den Tieren und kommen zu dem Schluss, dass die einzig nutzlose Spezies für die Erde der zerstörerische Mensch selber ist: „Man is the only / Useless species / And the one / That destroys the most.“

Und sie werden, selbst wenn das schon mehr als schmerzvoll ist, noch konkreter: „Auf unserem Album befassen wir uns mit der abhandengekommenen Beherrschung, die dazu führt, dass wir hilflos mitansehen müssen, wie schöne Dinge für immer verschwinden. Zudem ist das Album ein Tribut ans Leben als solches, an den Planeten und seine erhabensten Bewohner: die Tiere. Sie sind die wahren Herrscher der Welt, unverfälscht und prachtvoll. Wie der Mensch sie behandelt, spiegelt seine generelle Achtlosigkeit dem Leben gegenüber wider. Die Raubtiere sind wir alle im Grunde genommen selbst.“

Diesen generellen Ansatz verfolgt das Album – selbst wenn man die französischen Texte nicht versteht – konsequent, von der Gestaltung, der bedrohliche Stimmung und der gesamten Atmosphäre her, die bewusst durch „kalte Electronics“ etwas „Leben“ aus der Musik nimmt, um sie dann wieder sogar mit einigen bombastischen Momenten oder sehr interessanten Schlagzeug-Takten aufzuwärmen und auszufüllen. So gesehen begleiten wir die Franzosen auf ihrer „Rue Octavia Mey“, einer der bekanntesten französischen Straßen, die allerdings aus Sicht von LES DISCRETS nicht etwa ausgeleuchtet und prachtvoll glänzend erscheint, aber trotzdem ein gewisses französisches Flair mit sich bringt, während auf dem zweiten englischen Song dann die Meere vergiftet und zerstört werden.
Ein finsterer Blick auf eine Zukunft, die in vielleicht absehbarer Zeit Realität wird?
Würden mehr so denken, wie wir es auf diesem Album hören, gäbe es bestimmt noch eine Chance. Es kommt nur auf uns an – das ist die Botschaft, welche uns auch LES DISCRETS mit auf unseren weiteren (Lebens-)Weg geben.

Doch nicht nur unser Auge und Verstand, sondern ganz besonders die Ohren sind bei dem zugleich noch in hervorragender Klangqualität produzierten „Prédateurs“ gefordert. Und wir dürfen uns von der manchmal so extrem bedrückenden Atmosphäre nicht unterkriegen lassen, dann wird das Album zu einem wahren Hörgenuss. Auch wenn es nicht für lebensmüde Miesepeter geeignet ist, denn deren Stimmung würde nach der Dreiviertelstunde gänzlich im depressiven Musik-Frustration-Keller landen, in dem selbst ein klitzekleiner Sonnenstrahl keine Chance hat.

Auch die Stimmung der Metal-Fraktion, die zuvor besonders den Black Metal der Band mochte, ihre Härte und Post-Rock-Raffinesse, wird bei diesem Album in den Keller wandern, denn offensichtlich machen LES DISCRETS mit „Prédateurs“ einen ganz ähnlichen Wandel wie OPETH oder ANATHEMA durch, denen plötzlich die krachigen Momente abhanden kommen, dafür aber mehr „Virée Nocturne“-Finsternis und beängstigende Ruhe in ihre Songs einzieht. Und zugleich die ganz große Melancholie solcher Klassiker wie MADRUGADA oder THE CHURCH.
Ein großartiger Wandel aus Sicht des Kritikers, der Metal-Head wird‘s genau umgekehrt sehen.

FAZIT: Sie haben eine außergewöhnliche Entwicklung durchgemacht, die (ehemaligen) französischen Black-Metaller von LES DISCRETS in Richtung düsteren Shoegaze, Electronica und Trip Hop der Marke ALCEST oder ARCHIVE. Zu „Prédateurs“ meint Bandkopf Teyssier: „Ein Album für lange Abende, nächtliche Autofahrten, Zugreisen oder jene Momente, in denen wir für gewöhnlich über den Sinn des Seins nachdenken, wenn wir nichts anderes zu tun haben, als dazusitzen und zu warten. Seine Hauptmotive sind Zeit, die Natur und das Leben selbst.“ Bei solche tiefgründiger Problematik, kann man ein Album nur zum Meisterwerk werden lassen oder es komplett verkacken. „Prédateurs“ ist ein finster-melancholisches, manchmal gar postrockiges Meisterwerk geworden.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3718x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
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Tracklist:
  • Prédateurs
  • Virée Nocturne
  • Les Amis De Minuit
  • Vanishing Beauties
  • Fleur Des Murailles
  • Le Reproche
  • Les Jours D‘or
  • Rue Octavio Mey
  • The Scent Of Spring (Moonraker)
  • Lyon – Paris 7h34

Besetzung:

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