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Bald Anders: Spiel (Review)

Artist:

Bald Anders

Bald Anders: Spiel
Album:

Spiel

Medium: CD
Stil:

Krautrock mit deutschen Texten voller Folk, Metal, Mittelalterlichem und Progressivem

Label: Trollmusic
Spieldauer: 46:59
Erschienen: 21.09.2018
Website: [Link]

Wenn wir uns entscheiden dürften zwischen IMMER DASSELBE oder BALD ANDERS, dann würden die Mutigen und Neugierigen sich sicher für BALD ANDERS entscheiden, während die Traditionalisten und Mitläufer garantiert auf die erste Variante zurückgreifen.
Neuerdings kann man diese Entscheidung – bereits zum zweiten Mal – auch in seiner Musikwahl treffen, womit wir bei einer der wohl ungewöhnlichsten deutschen Bands wären, die einem in den CD-Player und unter die Kopfhörer kommen kann: BALD ANDERS!

BALD ANDERS sind nur echt mit der Eule im „B“ und dem gespiegelten „e“! Und so seltsam das klingt, klingt auch die krautrockige Musik zwischen Folk und Psychedelic, Metal und (Prog-)Rock, Mittelalter und Moderne. Oberste Voraussetzung aber ist die Beherrschung der hohen Kunst der Phantasie! Oder ist das „nur“ Musik von Käuzen für Käuze? Wer‘s so sehen will, bitte sehr – der soll auch weiterhin seinen Musikgeschmack vom Radio prägen lassen! Denn egal, ob ihr erstes 2017er-Album „Sammler“ oder ihr aktuelles zweites Album „Spiel“ – beide sind ganz besondere Kleinode, die aus verschiedenen Blickwinkeln (Musik, Texte, Gestaltung) zum Gesamtkunstwerk verschmelzen.

BALD ANDERS machen es einem wirklich nicht leicht und so las sich schon die Ankündigung des Label-Bosses von Trollmusic zu dem Album wirklich spannend: „Der 2. Streich von BALD ANDERS mit seinem alles andere als leicht einzuordnenden Klangspektrum wird hoffentlich Freude bereiten!“

Und ja doch – dieses Album „Spiel“ von BALD ANDERS bereitet jedem Freude, der als musikalischer Freigeist mit Hirn und ohne Scheuklappen vor den Augen, Brettern vorm Kopf oder Schmalzpfropfen in den Ohren durchs Leben wandelt.
Schon der erste optische Eindruck von „Spiel“ überzeugt vollends, ähnlich wie auch der Vorgänger „Sammler“, dem das Rock Hard das Prädikat „Entdeckung des Jahres“ verlieh, während das Legacy feststellte: „Jederzeit spannend“!
Ein kunstvoll gestaltetes Digipak – von Gitarristen Benjamin König im Kinderbuchstil gemalt – mit allen Texten und wirklich schönen Bildern, die neben der anscheinend kindgertechten Gestaltung zugleich, schaut man nur genauer hin, so einiges Bedrohliches in sich bergen. Schönheit und Grusel im Äußeren, Gleiches aber gilt auch für die Musik und die Texte dahinter.

Vertonte Poesie auf höchstem lyrischen Niveau ohne jeglichen Kitsch-Faktor erwartet den Hörer und hält sich an die vorletzte Strophe aus „Le Fuet“: „Mein Eid, er bindet mich / immer fester / mit jedem Wort, / aber in der Schule der Nacht / bin ich nun Klassenbester.“
Wer solch geheimnisvollen Texte schreibt, sein Album so hochwertig gestaltet und noch dazu solche Musik macht, die sich neben viel Eigenständigem auch bis zu SUBWAY TO SALLY und RAMMSTEIN aus dem musikalischen Fenster in die Nacht lehnt, der gehört eigentlich in den Kunst-Olymp und nicht in ein Nische kauziger Trolle, für die man BALD ANDERS fälschlicherweise auf den ersten Blick halten könnte, wenn man auf dem Digipak etwas von „eine abenteuerliche Produktion des Trollmusic Verlags“ liest.

Jede Menge fast verrückt anmutende Musik-Einfälle und Stimmungswechsel samt großartiger Stereo-Effekte erwarten einen, genauso wie einige Brüche, die zum Ende des Albums hin gänzlich unerwartet auftreten.
Mit „Pestulon“ gibt‘s erstmals einen englisch gesungenen Song von BALD ANDERS zu hören, der ungewöhnlichste Titel aber ist der letzte – „Der Onkel“ klingt so ironisch, fast zynisch und doch ernst, als hätte man es mit einem neuen Geniestreich von HELGE SCHNEIDER zu tun, der einen fast verunsichert und ungläubig aus „Spiel“ entlässt. Clever, verdammt clever wie BALD ANDERS, nachdem man bereits „Drei Wünsche“ frei hatte, mit den Hörgewohnheiten ihrer Zeitgenossen "Spielen", die sich auf dieses „Spiel“ einlassen.

Und damit es zu keinen Missverständnissen bei den von BALD ANDERS aufgestellten „Spiel“-Regeln kommt, die als ein „schaurig-schöner Krach aus dem Märchenreich“ angekündigt werden, erklären sich die musikalischen Oberbayern sicherheitshalber noch gleich selber: „Ein grundsätzlicher Wesenszug von BALD ANSERS ist das völlig absichtslose und ungezwungene Herangehen an Lieder und Texte. Wir Spielen mit Ideen, Möglichkeiten und Stilen, ohne Ziel und Beschränkung des Spielfeldes. In Spielen und im Spiel ist alles möglich und so 'Spielen' wir auf unseren Instrumenten und denken uns immer wieder Neues aus oder lassen es einfach passieren...“

FAZIT: „Spiel ist Enttäuschung und Triumph, Erwartung und Überraschung, das Verstecken und Entdecken, Regeln und Regelbruch... und jedes Spiel für sich ist eigen und anders.“ So heißt es auf dem Begleitblatt zu „Spiel“, dem zweiten, rundum unglaublich liebevoll gestalteten Album von BALD ANDERS! Und alles, was für dieses Spiel gilt, gilt auch für die Musik und die deutschen Texte der Band aus Oberbayern, die vor musikalischen wie textlichen Einfällen regelrecht übersprudeln. Aus dem Hause Trollmusic ein krautrockiger, phantasievoller Leckerbissen nicht nur für nordische Waldgeister! Selbst wenn auch die von „Spiel“ begeistert wären.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4911x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Das achte Haus
  • Drei Wünsche
  • Taugenichts
  • Verhext
  • Fantasma
  • Rosenspalier
  • Le Fuet
  • Pestulon
  • Der Onkel

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

  • Sammler (2017) - 13/15 Punkten
  • Spiel (2018) - 13/15 Punkten
Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Thomas
gepostet am: 23.09.2018

Mal gespannt. Bei 'Bald Anders' denke ich unwillkürlich an Ougenweide
Thoralf Koß [Musikreviews.de]
gepostet am: 23.09.2018

Die Gedanken gehen durchaus in die richtige Richtung, auch wenn musikalisch es doch deutlich härter zur Sache gehen kann. BALD ANDERS jedenfalls gefallen mir besser als OUGENWEIDE.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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