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Bryce Dessner: Tenebre Ensemble Resonanz (Review)
Artist: | Bryce Dessner |
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Album: | Tenebre Ensemble Resonanz |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Faszinierende Streicher-Klassik des THE NATIONAL-Gitarristen |
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Label: | resonanzraum records | |
Spieldauer: | 58:11 | |
Erschienen: | 11.10.2019 | |
Website: | [Link] |
„In der Performance des Ensemble Resonanz auf diesem Album entfaltet sich das Potential der Werke auf akustische Weise und geht sogar noch darüber hinaus.“ (Dirigent Andre de Ridder)
Unfassbar!
Dieses klassische Meisterwerk voller Streicher und in bester klassischer Verwirklichung stammt nicht etwa von einem „großen“ Komponisten der ernsten Musik, sondern dem Gitarristen der anfänglichen Independent- und nunmehr weltberühmten New Yorker Band THE NATIONAL, der sich bereits in den letzten Jahren als Komponist für Orchester- und Filmaufnahmen einen Namen machte: BRYCE DESSNER!
Das Album mit der Türklinke auf dem Cover, das uns symbolträchtig die Tür in einen völlig neuen Horizont des THE NATIONAL-Gitarristen öffnet, vereint insgesamt vier aktuelle Werke für Streicher, bei denen das erste Stück „Aheym“ in hochgradig besetzter Orchester-Version die LP eröffnet. Ursprünglich wurde das Stück im Jahr 2009 für das KRONOS QUARTETT geschrieben und erscheint auf dem Album erstmalig als Orchesterfassung. Ein wunderschönes, sehr stimmungsvolles, mal dynamisches, dann wieder verhaltenes, symphonisches Stück, das einen ganz persönlichen Bezug zu Dessner hat. Denn Aheym ist seine Großmutter, welche in den 1920er-Jahren von der Ukraine über Polen nach New York kam. Stimmungsvoll scheint die Musik hierzu die wechselvolle Reise im musikalischen Streichergewand umzusetzen.
Das folgende Titelstück, welches die Beziehung zwischen Musik und Licht sowie tiefer Spiritualität versinnbildlichen soll, beschließt die LP-A-Seite. Dessners neue Streichquartett-Orchesterbearbeitung für „Tenebre“. Mitunter kommen zum Ende des knapp 18-minutigen Meisterwerks, das anfangs auf Dissonanzen setzt, um dann immer mehr in faszinierende Melodiebögen überzugehen, sogar einige atmosphärische Erinnerungen an DEEP PURPLEs „April“ auf.
Das die LP-B-Seite eröffnende „Skrik Trio“ wurde sogar von STEVE REICH zu dessen 80. Geburtstag und der Carnegie Hall in Auftrag gegeben. Hier kann man erstmalig die komplette Einspielung in ihrer ganzen Schönheit genießen. Noch dazu wartet als spezieller Höhepunkt des Stücks der Soul-Folk-Sänger MOSES SUMNEY, der als Jugendlicher Chorsänger begann und nun unglaublich faszinierende Soul-Klangwelten mit Einflüssen von RADIOHEAD bis ANTONY & THE JOHNSONS erzeugt, auf.
Das folgende Orchesterstück „Lachrimae“, Dessners allererstes Werk für ein Streichorchester, schließt bereits die LP ab.
In dieser kunstvollen Suite schlägt Dessner einen weiten Bogen in die Vergangenheit bis hin zu JOHN DOWLAND, einen Renaissance-Musiker, der Mitte des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts englischer Lautenist und bedeutender Komponist war, und sich in seiner Musik speziell dem elisabethanischen Zeitalter widmete. Auch hatte er auf viele moderne Musiker großen Einfluss. So verwendeten SUBWAY TO SALLY von ihm verschieden Passagen in ihren Songs auf dem 1997er-Album „Bannkreis“ und STING spielte und sang einige von Dowlands Werken auf seinem Album „Songs From The Labyrinth“, das er gemeinsam mit dem Lautenspieler EDIN KARAMAZOV einspielte.
Nun also greift BRYCE DESSNER diesen Komponisten auf und setzt ihm mit „Lachrimae“ einen weiteren musikalischen Gedenkstein, den bisher beeindruckendsten.
Doch Dowland ist nicht die einzige Inspiration für „Lacrimae“, sondern auch Bartoks „Divertimento“, das der ungarische Komponist im letzten Sommer des August 1939 vor dem 2. Weltkrieg in der Schweiz bei seinem Freund Paul Sacher verfasste. Welchen Einfluss auch Bela Bartoks Kompositionen auf moderne Musiker haben, zeigt zudem auch die gerade von MANDOKI veröffentlichte Doppel-CD, bei der er sich auf der zweiten CD „Hungarian Pictures“ ausschließlich dem 1881 geborenen und 1946 gestorbenen Komponisten und Pianisten zuwendet.
Was soll man sonst noch zu einem so unerwartet klassischen Meisterwerk aus den Händen eines Indie-Rock-Band-Gitarristen als FAZIT schreiben, außer dass Dessner mit „Tenebre Ensemble Resonanz” ganz ähnlich wie ein FRANK ZAPPA den Beweis dafür erbringt, dass Rock-Musiker heutzutage und bereits in der Vergangenheit – man denke nur an die symphonischen Werke des DEEP PURPLE-Keyboarders JON LORD oder ZAPPA oder ELP oder auch die STERN-COMBO MEISSEN aus der ehemaligen DDR und JOZEF SKRZEK von SBB aus dem noch immer existenten Polen und COLLEGIUM MUSICUM aus der (ehemaligen) CSSR – sich locker nicht nur im ernsten Unterhaltungsbereich bewegen können, sondern diesem auch maßgebliche, richtungsweisende Impulse verleihen. Ein dickes Chapeau, an BRYCE DESSNER und das ENSEMBLE RESONANZ für dieses klassische Streicher-Meisterwerk „Tenebre Ensemble Resonanz”!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (28:11):
- Aheym (10:14)
- Tenebre (17:57)
- Seite B (30:00):
- Skrik Trio (15:25)
- Lachrimae (14:35)
- Tenebre Ensemble Resonanz (2019) - 14/15 Punkten
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