Auf seinem dritten Album setzt COLTER WALL auf Gelassenheit in jeder Hinsicht. "Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs" ist in erster Linie eine Sammlung quasi im Plauderton erzählter (lies: mit sonorer, freundlich einladender Stimme geraunter) Geschichten aus einem Amerika, das es eigentlich so gar nicht mehr gibt.

Das zutiefst entspannte, schon live erprobte Titelstück zu Beginn gibt den umgänglichen Grundton der Platte vor. Der Künstler hat das Material selbst in Texas produziert, nachdem es im engen Austausch mit seiner Band im Zuge einer Nordamerika-Tournee kurz vor dem Corona-Lockdown Anfang 202 entstanden war … Glück gehabt?

Das trifft auf jeden Fall auf den "Empfänger" der gebotenen Musik zu, denn offengestanden tun uns ein wenig Relaxen und Abstand von der ernsten und voraussichtlich lange andauernden Krise gut. Stücke wie 'I Ride an Old Paint Leavin' Cheyenne' oder 'Talkin' Prairie Boy' klingen wie zurückgelehnt in ländlicher Idylle aufgenommen, vor allem aber aus der Zeit gefallen, und entsprechen so gesehen einem Angebot zur zeitweiligen Weltflucht.

Angesichts spitzfindiger Feger der Marke 'Rocky Mountain Rangers' braucht der arrivierte Singer-Songwriter eigentlich weder eine zweifellos schmissige Neuinterpretation von Stan Jones' 'Cowpoke' zu bieten noch mit Gästen wie dem Multi-Instrumentalisten Patrick Lyons oder Bluesharp-Meister Jake Groves aufzuwarten. Diese machen das Album geringfügig bunter, aber eine akustische Wohltat wäre es auch ohne solchen Zierrat.

FAZIT: COLTER WALL widmet sich auf "Western Swing & Waltzes" mit "kanadischem" Abstand dem "glorreichen" Westen des Landes der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten und schafft so ein Minimal-Country-Sittenbild, das die Befindlichkeit der US-amerikanischen Seele mit all ihren verstiegenen Zukunftsträumen beleuchtet.