Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Mosaic: Heimatspuk (Review)

Artist:

Mosaic

Mosaic: Heimatspuk
Album:

Heimatspuk

Medium: CD/LP/MC
Stil:

Echdde Dieringer Unterhulz-Musik

Label: Eisenwald
Spieldauer: 56:01
Erschienen: 22.04.2022
Website: [Link]

In seinem gespenstisch klingenden bis krachenden Unterholz-Zauber vermengt der umtriebige Martin van Valkenstijn hinterwäldlerischen Black Metal und Neofolk zu einer dezidiert landeseigenen Melange, die das Fürchten lehren kann. Doch an wen richtet sich überhaupt die zweifelsohne spezielle "echdde Dieringer Unterhulz-Musik"?

Auch für MOSAIC gilt die Ruhrpott-Thrash-Ansage "love us or hate us", denn in herkömmliche Schubladen möchte sich das Projekt sicher nicht einordnen lassen, sondern gibt sich so widerborstig wie eigenwillig. Was den Söhnen der Zechenarbeiter im Westen einst der rußige Malocher-Geist von Untertage war, ist für Valkenstijn das von Rauchschwaden durchzogene Waldesdunkel seiner Heimat (wie in alten Tagen).
Als erste Single zehrt der das Album eröffnende Song "Wir sind Geister" vom Black Metal aus Norrland mitsamt lauernd dröhnenden Schrammelgitarren, primitivem Schlagwerk und prägnantem wie befreitem Gesang.

"Die alte Straße" bietet Folk, wie wir ihn von MOSAIC derweil kennen, melancholisch und mit düsterem Blick auf verlustig gehende Tradition, zugleich mit einem Blick fürs Naturidyll, der auch in anderer Heimatmusik ganz ähnlich auftaucht. Wer bei "Teufelsberg" nicht von Wanderlust ergriffen wird, der hat Black Metal in seiner romantischen Prägung wohl kaum begriffen, wobei Valkenstijns Gesang auf eigene, unausweichliche Weise drängend ist – das wird manchem zu viel des Guten bzw. Geisterhaften sein. Trotzdem oder auch gerade deswegen ist der Song im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich dicht arrangiert, und ließe sich bei einer mitternächtlichen Darbietung vielleicht bis zur Morgendämmerung spielen…?
Das Lied zur "Hullefraansnacht" ist seit Längerem bekannt, und es spricht für MOSAIC, dass eine solche stilistisch kaum zu greifende Nummer zwischen Black-Metal-Songs auf "Heimatspuk" wohlplatziert klingt, und das lässt sich ebenfalls über das atmosphärisch inszenierte Stück "Der Köhlerknecht" sagen. Musik für einen nächtlichen Streifzug auf alten Spuren?!
Der Black Metal, wie ihn MOSAIC mit "Blutnelke" oder "Nordwaldrauch" darbietet, tönt zwar verhältnismäßig eingängig, doch gefällig ist er deshalb noch lange nicht, und auch wenn einzelne Motive aus dem Fundus der frühen Tage der Szene schöpfen, ist in und zwischen fast allen Zeilen der Wille zu spüren, tiefer zu graben:

Tiefer, tiefer, tiefer hinein nach innen, schrei ich,
durch dichte Stimmen längst verhallte Klagen,
schrei ich weiter - in die Irre! Ins Weltendunkel!
Durch den Nordwaldrauche, bricht der Mutter alter Glaube.
Denn der Geist kennt keinen Tod.

Der Mut zum Primitivem legt mit Uftata-Schlagwerk eine ähnlich betörende Basis für den "Unterhulz Zoubar" wie von Lekamen Illusionen Kallet oder Lönndom bekannt, das zuweilen manische Gitarrenspiel erinnert an deren Vorgängerband, der raue Gesang lässt keine Zweifel am Willen, sich bloß nicht mit irgendetwas allzu Gefälligem gemein zu machen. Zwischen pseudo-mystischem Zirkus und dem hier besungenen Eisenwalde liegen - den Geistern, Dämonen und Teufeln sei Dank – immer noch Welten. Der Ausklang mit "Tief verschneit die ganze Welt" hat nach all der dräuenden Finsternis von Waldesdunkel und Kohlenmeilerrauch etwas nahezu Erlösendes.
So fern vom Budenzauber des zeitgenössischen Metal-Marktes sich MOSAIC bereits auf musikalischer Ebene verortet (auf diesem Album übrigens mit Unterstützung von Danijel Zambo von walden und Skognatt), noch abgewandter wirken die poetischen Texte, die Valkenstijn grollt, wettert, raunt und wie eine Stimme aus bald vergessenen Tagen proklamiert. Ein stetes Wider die hypermoderne Welt webt in dem Dickicht von romantischer Waldeinsamkeit, dörflichem Mitternachtsspuk und schauerlicher Abkehr vom Menschentreiben. Dafür mangelt es weder an Eigenzitaten, noch an klassischen Anleihen und Geisterhaftem zwischen Waldteufel-Reimen und alpinem Funkenflug.
Kein Wunder also, dass "Heimatspuk" mitsamt diesen Texten und eigenem Bildwerk erscheint, und zwar auf allen "guten, alten" Tonträgerformaten, wobei Irrwisch für das prächtige Titel-Kunstwerk verantwortlich zeichnet. Traditional wie vorbildhaft.

FAZIT: Leicht verdauliche Kost ist auch heuer nicht das Ding von MOSAIC (und daher schwerlich mit Punkten zu bewerten), doch mit "Heimatspuk" arbeitet Valkenstijn seinen eigenwilligen Ansatz mit festem Hieb stärker heraus als zuvor, wobei die Späne mitunter nur so fliegen. Beherzte Hörer mit Faible für abseitigen Folk Black Metal brauchen sich von den Koordinaten jedenfalls nicht abschrecken lassen, denn um die Untiefen des thematisch und musikalisch vermeintlich Naheliegenden macht der Thüringer einen so großen Bogen, dass keinerlei Verwechselungsgefahr besteht. Insofern macht das Album seinem Titel alle Ehre. Wie wohl einst zukünftige Heimatforscher dieses Thüringer Unikum wertschätzen werden für sein beharrliches künstlerisches Wirken wider allerhand Konventionen?

Thor Joakimsson (Info) (Review 2569x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Wir sind Geister
  • Die alte Straße
  • Teufelsberg
  • Hullefraansnacht
  • Blutnelke
  • Der Köhlerknecht
  • Nordwaldrauch
  • Heilstatt
  • Unterhulz Zoubar
  • Tief verschneit die ganze Welt

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
OldMcMetal
gepostet am: 16.05.2022

User-Wertung:
10 Punkte

Zischen 1 und15 Punkten ist alles möglich. Eine Hommage an die Thüringer Heimat, die sich sperrt, Ablehnung einkalkuliert, gemocht werden möchte, aber nicht um jeden Preis. Spannendes Album. Nach einigen Durchläufen, soviel Geduld muss sein!
OldMcMetal
gepostet am: 16.05.2022

User-Wertung:
10 Punkte

Zischen 1 und15 Punkten ist alles möglich. Eine Hommage an die Thüringer Heimat, die sich sperrt, Ablehnung einkalkuliert, gemocht werden möchte, aber nicht um jeden Preis. Spannendes Album. Nach einigen Durchläufen, soviel Geduld muss sein!
OldMcMetal
gepostet am: 16.05.2022

User-Wertung:
10 Punkte

Zischen 1 und15 Punkten ist alles möglich. Eine Hommage an die Thüringer Heimat, die sich sperrt, Ablehnung einkalkuliert, gemocht werden möchte, aber nicht um jeden Preis. Spannendes Album. Nach einigen Durchläufen, soviel Geduld muss sein!
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Welche Farbe hat eine Erdbeere?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!