Wer hat als Kind nicht gerne den Plumpsack gespielt und dazu das Plumpsack-Lied gesungen, um dann heimlich den Sack bei einem anderen hinterm Rücken fallen zu lassen, bis der ihn entdeckte und durchstartete, um auf seine Art das gleiche Lied zu intonieren, um den nächsten im Sitzkreis den Plumpsack unterzujubeln. Hatte man Glück, konnte man bei gutem Wetter das Spielchen draußen betreiben und war das Glück ganz groß, dann schien dabei die Sonne und vielleicht zeigte eine Sonnenuhr in der Nähe mit ihrem Schattenstrahl die genaue Uhrzeit an.

Es ist schon seltsam, dass einem solche Gedanken bei „Les Variations Sonnenuhr“, dem unerwarteten neuen Album von THE PERC MEETS THE HIDDEN GENTLEMAN, befallen – aber es gibt natürlich sehr gute Gründe dafür, die aus musikalischer Sicht allerdings nicht wirklich gut sind.

Also: Los geht’s mit der „Sonnenuhr“ und einer überdeutlichen KRAFTWERK-Referenz plus textlich spinnerten FOYER DES ARTS-Ambitionen plus vorsichtiger Electro-Pop-Affinität aus Neue-Deutsche-Welle-Zeiten des RHEINGOLD-Universums.
Na, wer hätte das denn von THE PERC MEETS THE HIDDEN GENTLEMAN nach gut 30 Jahren Wartezeit seit dem letzten Album erwartet?

Und während man noch darüber nachgrübelt, welche seltsame Richtung da die Mannen um Tom 'The Perc' Redecker und Emilio 'The Hidden Gentleman' Winschetti einschlagen, stellt man verwundert fest, dass sich das komplette Album „Les Variations Sonnenuhr“ genau in dieser Richtung weiterbewegt, aber zusätzlich noch ein paar Krautrock-Breitseiten verpasst bekommt. Das hat alles etwas ziemlich Antiquiertes. Doch das ist garantiert Absicht. Denn hier gibt’s nämlich einen Haufen Remixe auf die Ohren, die man eigentlich seit DEPECHE MODE und den 80er-Jahre-Maxi-Single-Zeiten nie so richtig vermisst hat. Der Kram war eben in erster Linie zum Tanzen gedacht – und, oh Schreck, Gleiches gilt auch für das „Les Variations Sonnenuhr“-Album.

Denn bereits auf den zweiten Blick wird klar, dass wohl großer Abwechslungsreichtum auf diesem Album nicht angesagt sein wird, denn im Grunde hören wir hier nur zwei deutschsprachige Songs in unterschiedlichen Mixen, denen einfach andere Titel gegeben wurden. Und – na ja – diese Mixe bewegen sich im Bereich von Dub bis hin zu Techno, Drum & Bass sowie Elektrokraut. Für die Mixe zeichnen sich verschiedene DJ-Mixer oder andere Musiker verantwortlich, von denen der bekannteste das YELLO-Urgestein CARLOS PERÓN ist, der selbstverständlich dem „Dreh Dich Sonnenuhr“-Siebenminüter ein typisches YELLO-Flair angedeihen lässt.
Andere DJs setzen dagegen deutlicher auf techno-schwangere, sich regelrecht recycelnde Beats. Tanz-Club-Mucke, die mit ein paar nunmehr legalisierten Joints sicher bestens funktioniert...

Und wenn ein Musiker wie Emilio 'The Hidden Gentleman' Winschetti zudem betont, dass die Platte mehr zum Tanzen als zum Durchhören angedacht ist, ja dann...
...ist eben Tanzen statt tiefgründige Musizierkunst angesagt.
Wobei wir wieder bei der Frage sind: „Wer hätte das gedacht?“

FAZIT: Ein Album voller Remixe von THE PERC MEETS THE HIDDEN GENTLEMAN, die sich nach 30 Jahren mit solch einer 'Tanzplatte', die im Grunde aus zwei Songs, die unterschiedlich von anderen DJs abgemixt wurden, besteht, von denen Herr YELLO-Peron beispielsweise eine echte Hausnummer ist. Wer allerdings mit Electro Pop, Krautrock, Neue Deutsche Welle, Techno, Dub, Hip Hop usw. nicht sonderlich viel anfangen kann, der sollte sich hinter diesem Bandnamen nicht von Tom 'The Perc' Redecker und Emilio 'The Hidden Gentleman' Winschetti in die Irre leiten und die Finger von „Les Variations Sonnenuhr“ lassen.