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Various Artists: Secret Coast Songwriters Vol. 1 & 2 (Review)

Artist:

Various Artists

Various Artists: Secret Coast Songwriters Vol. 1 & 2
Album:

Secret Coast Songwriters Vol. 1 & 2

Medium: Do-LP/Download/Do-CD
Stil:

Folk, Indie-Pop, Sixties-Pop, Singer-Songwriter, Folkrock, Indie-Folk, Celtic Soul

Label: Last Night From Glasgow (LNFG)
Spieldauer: 78:33
Erschienen: 27.09.2024
Website: [Link]

Vermutlich gibt es Millionen Menschen, die das Songwriter-Gen in sich tragen und doch nie im Leben einen Song schreiben. Weil sie nichts von ihrer Gabe ahnen, oder sich nicht trauen, oder keine Förderung erhalten, oder keine Fürsprecher und Mitmacher finden. Schade eigentlich, denn jeder gute Song, der empfunden, geschrieben oder sogar gesungen wird, macht die Welt potenziell zu einem besseren Ort. 

Als ganz eindeutig besseren Ort kann man sich daher das Resort "The Hollies" an der schottischen Westküste (konkret: an der sogenannten Secret Coast von Argyll nahe Glasgow) vorstellen. Dort überwanden in den vergangenen Jahren diverse "Songwriter und Songwriterinnen in spe" durch Wochenend-Meisterkurse alle Ängste, Zweifel und Blockaden, um ihr ganz eigenes Lied oder sogar mehrere eigene Lieder mit fachkundiger Hilfe zu schreiben und professionell aufzunehmen. Dieses kollektive Erweckungserlebnis ohne Leistungsdruck von außen liegt nun in Form von Doppel-CD und Doppel-Vinyl als 20-Track-Album der SECRET COAST SONGWRITERS vor. Und es ist wunderbar, diese oft besonders tief empfundene, ja wie befreit klingende Musik jetzt zu hören.

Ohne Meister keine Meisterkurse - die erfahrenen, inspirierenden Singer-Songwriter und Instrumentalisten von Argyll kann man daher kaum genug loben. Mentoren des SECRET COAST SONGWRITERS-Projekts waren: James Grant, einer der besten schottischen Popkomponisten der vergangenen 40 Jahre mit prachtvollen, klugen, hochmelodischen Liedern zwischen Folk, Rock, Blues und Soul, bekannt und erfolgreich mit den Glasgow-Bands Friends Again, Love & Money sowie seit langem auch solo; Robert Hodgens alias Bobby Bluebell, ebenfalls Schotte, seit den frühen 80er mit The Bluebells ("Young At Heart") und später mit The Poems einer der wichtigsten britischen Gitarristen und Songschreiber; sowie Grahame Skinner, mit The Jazzateers, Hipsway und Cowboy Mouth seit ebenfalls schon vier Dekaden Garant für ambitionierten Pop aus Schottland.


Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass diese drei Musiker ihren kreativen Höhepunkt selbst noch lange nicht überschritten haben, sondern fortwährend in eigenen Projekten aktiv sind. James Grant singt und spielt in einem Promi-Trio zuammen mit Bernard Butler (früher Suede) und Norman Blake (Teenage Fanclub), dessen Debüt für 2025 angekündigt ist; Robert Hodgens hat 2023 die Bluebells mit großem Erfolg wiederbelebt (das Comeback-Album "In The 21st Century" ist hervorragend), und Grahame Skinner bildet mit Hodgens zusammen das neue Scottish-Pop-Duo The Golden Tree.


Abgehalftert oder gar pleite war also keiner der drei renommierten SECRET COAST SONGWRITERS Meister, als sich hoffnungsvolle Resort-Gäste mit ihnen im angenehmen Küsten-Ambiente von Argyll erstmals 2022 in Klausur begaben. Was bei diesen Wochenend-Sessions entstand, ist ein klingender Beweis dafür, dass gute Lieder erst einmal heraus müssen, um im zweiten Schritt von guten Musikern auf Hochglanz poliert zu werden. Keiner der 20 Songs des Doppelalbums klingt laienhaft oder unterproduziert, jedem Track ist - neben einer Menge schottischer Seele - das dabei vergossene Herzblut anzuhören.

"Dust From Your Shoes" von Gerry McBride ist mit seiner Folk-Soul-Melodie inklusive epischem Gitarrensolo ein perfekter Opener für SECRET COAST SONGWRITERS, James Grants vertraute, warme Baritonstimme im Hintergrund macht aus einem schon sehr starken Lied ein zutiefst berührendes. Die großartigen schottischen Del Amitri lassen hier grüßen. "I Will Love You" von Steven McDonald ist anschließend ein frohgemutes Stück Mitsing-Folkpop, das auch von den erwähnten Bluebells stammen könnte. 


Mit dem zarten "Dreaming Blue Girl" von Sandrine Certenais, im Duett mit Grant gesungen, klingt der zauberhafte Glasgower Postcard-Sound der frühen 80er (Orange Juice, Aztec Camera, The Go-Betweens) durch. Die hymnische Ballade "Shirt Tails" von Peter Hall lässt vor dem Auge des Hörers Bilder eines nebenverhangenen schottischen Sees aufgehen, bei "Not A Love Song" von Dignity Row fließen wie einst bei Love & Money oder Hipsway lässig Soul und Funk ein.


Das Trio Only When I Glow liefert mit dem herrlich eingängigen "When I Go" einen Hit für eine schönere Charts-Welt, direkt danach stellt sich Linda Scott mit dem piano-dominierten "Watching Shadows" in die Tradition großer britischer Folk-Damen. Dougie Smith wiederum mixt in "Ready To Fall" kompetent Folk, Soul und Gospel, Bobby Motherwell alias Sulidae fügt dem Folk in "Save You All My Blues", na klar, eine hübsche Prise Blues-Feeling per Mundharmonika hinzu. Ross MacDonald ("False Dawn") und Stuart Gillies ("Hometown") erinnern später an die wuchtige "Big Music" der legendären Schotten-Rocker The Waterboys.

Wer jetzt den Eindruck hat, dass SECRET COAST SONGWRITERS nicht nur ein vorbildliches Projekt für verhinderte Komponisten ist, sondern auch ein Fest für Fans von schottischer Popmusik - ja, genauso ist es. Es würde zu weit führen, alle 17 Künstler beziehungsweise Bands (drei sind mit jeweils zwei Songs auf der Kompilation vertreten) und alle Beiträge hier namentlich vorzustellen. Jeder Hörer mag seinen oder seine Favoriten finden, die Abwechslung ist groß genug. Dass es dieses Doppelalbum in all seiner Ambition und Opulenz nun gibt, ist auch dem tollen Indie-Label Last Night From Glasgow (LNFG) zu verdanken, das sich seit einigen Jahren der Wiederentdeckung und Förderung heimischer Musiker verschrieben hat.


"Diese talentierten und mutigen Songwriter haben sich auf unser neues Rückzugskonzept eingelassen, und die Geschichten, die sie in ihre Musik eingeflochten haben, sind wirklich unglaublich", sagt Graeme McFall, selbst Musiker (Only When I Glow) und einer der Inspiratoren der Meisterkurse draußen an der Küste. "Es war eine Freude zu sehen, wie diese Songs während des Aufnahmeprozesses zum Leben erweckt wurden, und ich freue mich so sehr, sie auf diesem Album mit euch zu teilen." Die nach Argyll gepilgerte Gruppe der SECRET COAST SONGWRITERS sei "vom Alter und der künstlerischen Erfahrung her sehr unterschiedlich" gewesen, von hauptberuflichen oder semiprofessionellen über Hobby-Musiker bis zu echten Laien. "Das war etwas ganz Besonderes." 

"Tolle Leute, tolle Melodien - und ein so wunderbarer Ort. Ich bin total begeistert, wie es gelaufen ist", sagt im Rückblick der überragende Begleitmusiker und Albumproduzent James Grant. "Es war fantastisch, ihr habt meine Wünsche wahr werden lassen", so fasst die in Argyll als Songwriter-Talent entdeckte Sandrine Certenais ihre überschwänglichen Gefühle zusammen. 


FAZIT: Als sich vor zwei Jahren erfahrene schottische Pop- und Rockmusiker in einem Westküsten-Resort mit semiprofessionellen Kolleginnen/Kollegen und Laien zu Songwriting-Kursen trafen, ahnte wohl niemand, dass daraus ein Doppelalbum mit dem schönen Titel SECRET COAST SONGWRITERS entstehen würde. Jetzt ist die Platte da, sogar sehr üppig mit 20 Songs auf CD und Vinyl - und was man hier hört, sollte nicht nur Freunden von schottischem Folk und Pop das Herz überfließen lassen. Ein Lehrstück gelungener Musikpädagogik. Mindestens.

Werner Herpell (Info) (Review 254x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • CD 1 / LP 1 (37:47):
  • Dust From Your Shoes (Gerry McBride)
  • I Will Love You (Steven McDonald)
  • Dreaming Blue Girl (Sandrine Certenais)
  • Shirt Tails (Peter Hall)
  • No A Love Song (Dignity Row)
  • When I Go (Only When I Glow)
  • Watching Shadows (Linda Scott)
  • Ready To Fall (Dougie Smith)
  • Ordinary People (Lynn Whitaker)
  • Long And Lonesome Night (Rab Noakes)
  • CD 2 / LP 2 (40:46):
  • Save You All My Blues (Sulidae)
  • Afterlove (Peter Hall)
  • Ordinary Day (Liz Kentish)
  • Breaking The Feeling (Ray Scullion)
  • False Dawn (Ross MacDonald
  • Shall Not Be Named (Lynn Whitaker)
  • Just Like You (Only When I Glow)
  • Hometown (Stuart Gillies)
  • Black Box (Alan McGinley)
  • Something Good (Steven McDonald)

Besetzung:

Interviews:

  • keine Interviews
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