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Tara Nome Doyle: Ekko (Review)

Artist:

Tara Nome Doyle

Tara Nome Doyle: Ekko
Album:

Ekko

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Art-, Kook- & Dream Pop, Ambient, Folk

Label: Fat Cat Records
Spieldauer: 30:21
Erschienen: 11.04.2025
Website: [Link]

Obwohl die irisch/deutsch/norwegische Songwriterin TARA NOME DOYLE ja schon alleine aufgrund ihrer Provenienz für jede Menge Inspirationen aus Folklore, Poesie und Mythologie gut ist, entschied sie sich auch anlässlich ihres dritten Albums „Ekko“ wieder dafür, der neuen Songsammlung zusätzlich einen konzeptionellen Rahmen zu geben. Beschäftigte sie sich auf ihrem ersten Album „Alchemy“ 2020 mit den Theorien des Schweizer Philosophen C. G. Jung, der die Psyche in die drei Teile des persönlichen und kollektiven Unterbewusstseins und des Egos unterteilte, so ging es ihr 2022 auf dem zweiten Werk „Værmin“ darum, sich im allegorischen Sinne der Reputation des Ungeziefers – und dessen verborgener Qualitäten - zu widmen.

Das neue Album heißt nun „Ekko“ - in der norwegischen Schreibweise – und bezieht sich auf zwei sich ergänzende Figuren aus der griechischen Mythologie.


Die Nymphe Echo wurde von Göttervater Zeus aufgrund einer Verfehlung ihrer Stimme beraubt, bis sie am Ende nur noch die letzten an sie gerichteten Worte wiederholen konnte. Als sie sich in den Jüngling Narzissus verliebt, ist sie insofern nicht mehr in der Lage eine vernünftige Unterhaltung mit ihm zu führen, so dass dieser sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt anstatt etwa in Echo. Wichtig ist dabei der Aspekt, dass Echo die weniger bekannte, weibliche Seite derselben Münze ist, die man gemeinhin mit dem Narzissus-Mythos in Verbindung bringt.

Es ist nun nicht so, dass TARA NOME DOYLE hier die Geschichte der beiden Protagonisten nacherzählt – denn sie ist ja eine kluge Songwriterin. Stattdessen verwandte sie die beiden Charakteren innewohnende Eigenschaft der Spiegelung und der Reflexion dazu, sich (im bildlichen Sinn) an den eigenen Haaren aus einer Sinn- und Schaffenskrise herauszuziehen und sich – nach einer Zeit des Zweifelns – auf eine erneute Sinnsuche nach sich selbst und dem Sinn ihrer Kunst zu begeben. Interessanterweise hatte sie das Thema der Selbstbespiegelung ja bereits vor einigen Jahren in der Auftragsarbeit „Hall Of Mirrors“ gewählt, geht aber auf dem neuen Album noch einen Schritt weiter und nutzt ihre Musik nun dezidiert in spiritueller und heilender Hinsicht, um sich auch unangenehmen Aspekten ihrer Psyche und der eigenen Verletzlichkeit zu stellen.


Um dieses Thema auch musikalisch ansprechend aufbereiten zu können, wählten sie und ihr Kollege, der Grammy-prämierte Musiker, Komponist und Produzent SIMON GOFF, das musikalische Mittel der Reduktion – bzw. genauer gesagt der Verdichtung – und legten das Album so an, dass die teilweise hörspielartig ineinander übergehenden und oft lautmalerisch angelegten Tracks zunächst jeweils alleine mit Stimme und einem von TARA gespieltem Haupt-Instrument (Klavier, Gitarre und ein echtes Mellotron) auskommen. Freilich wurde das Ganze im Nachgang angereichert mit gestaffelten Gesangs-Harmonien, atmosphärisch/ambientmäßig angelegten Streicher-Arrangements, sachten Beats und zerstückelten und getweakten vokalen Soundbites, die raumgreifend um diese Elemente herum angeordnet wurden, um die Vielschichtigkeit der Psyche zu verdeutlichen.


Fröhliche Pop-Musik konnte so auch dieses Mal nicht entstehen – obwohl TARA NOME DOYLE bei Songs wie „Heaven In Disguise“, „Lighthouse“ oder „Bad Days“ mit fast schon konventionellen Strukturen, Strophen, und eingängigen, melodischen Refrains arbeitet. Ganz so asketisch wie sich das auf dem Papier liest, klingt die Sache aber auch nicht, denn letztlich gibt es da jede Menge subtiler Details zu entdecken, sie sich erst im Laufe der Zeit offenbaren. Dem ganzen Album liegt zudem eine Art liturgischer Grundstimmung zugrunde, die laut TARA NOME DOYLE von ihrer christlichen Erziehung herrührt. Die bis dahin dominierenden Kook- und Art-Pop-Elemente wurden jedoch bewusst zurückgefahren, denn nachdem ihre Solo-Shows immer den größten Zuspruch fanden, habe sich TARA NOME DOYLE überlegt, dass es eigentlich keiner großen Produktion bedürfe, um ihre Anliegen an den Zuhörer heranzutragen.


Einige Stücke ragen auf dem Album besonders heraus. Das sind zunächst mal die als Instrumentals mit nonverbalen Stimmeinlagen angereicherten Titeltracks „Ekko“ und „Narcissus“, die jeweils Seite eins und zwei der Vinyl-Edition voranstehen. Dann sind da noch das als schwelgerische Noir Ballade angelegte „Bad Days“ und der relativ geradlinige Folkpopsong „Dive In“, die TARA auf der akustischen Gitarre anstatt des gewohnten Klavier's schrieb um sich neuen kompositorischen Herausforderungen zu stellen. Und dann gibt es da noch das abschließende „Hinter den Wolken“, das erste Stück auf Deutsch, das TARA NOME DOYLE auf eine ihrer eigenen Scheiben nahm. Es handelt sich dabei um eine Auftragsarbeit für den Film „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?“, in dem ein Chor von Menschen mit Behinderungen den Song aufführen sollte. TARA NOME DOYLE nutzte diese Gelegenheit, um das Stück – inspiriert von der mystischen Poesie des Dichters Georg Trakl – in Form eines romantischen Kunstliedes anzulegen. Dieses Experiment ist dann so schlüssig und überzeugend gelungen, dass man sich gerne mehr in dieser Richtung wünschen würde.


Und wer sich vielleicht noch gefragt haben mochte, warum TARA NOME DOYLE die norwegische Schreibweise des Namens „Ekko“ verwendete, dem sei gesagt, dass sie sich damit auf einen Aufsatz der norwegischen Journalistin Lena Lindgren bezieht, die sich in diesem Aufsatz am Beispiel der Geschichte von Echo und Narzissus über die Zusammenhänge von Algorithmen und dem menschlichen Verlangen auseinandersetzt. Dass es für TARA NOME DOYLE ohne psychoanalytische Bezüge dieser Art nicht geht, hat einen ganz einfachen Grund: Auf die Frage, ob sie denn einen Plan B gehabt hätte, wenn es mit dem Überwinden der eingangs erwähnten Schaffenskrise nicht geklappt hätte, antwortet TARA NOME DOYLE ausweichend, dass das einzige, was sie außer der Musik noch begeistern hätte können, ein Studium der Psychologie gewesen wäre.




FAZIT: Um all die zuvor angeführten mythologischen, psychologischen philosophischen und poetischen Referenzen inhaltlicher Natur und die unterschiedlichen musikalischen Ideen in ihrem ureigenen künstlerischen Universum zusammenzufassen, braucht TARA NOME DOYLE gerade mal eine halbe Stunde. Das Prinzip des Verdichtens haben sie und SIMON GOFF als Co-Produzent demnach sehr überzeugend und effektiv hinbekommen. „Ekko“ bietet nicht mehr oder weniger als die Essenz dessen, was die Musikerin TARA NOME DOYLE als Künstlerin und Mensch ausmacht.

Ullrich Maurer (Info) (Review 161x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Ekko
  • Heaven In Disguise
  • The Overgrown Path
  • Lighthouse
  • Bad Days
  • Narcissus
  • I Used To Fly
  • Anthill
  • Dive In
  • Hinter den Wolken

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

  • Værmin (2022) - 13/15 Punkten
  • Ekko (2025) - 13/15 Punkten
Interviews:
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