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Interview mit Metronomicon Audio (21.04.2010)

 Metronomicon-Logo

 
Jørgen Skjulstad, der Mann hinter Metronomicon Audio, spricht:



Wie bist du in deinen Flegeljahren zur Musik gelangt, oder anders gefragt: wie hat sich deine Sozialisation gestaltet, und von welcher musikalischen "Schule" kommst du - auch was den philosophisch ideologischen Überbau betrifft?

Ich habe auf einem Spielzeugkeyboard namens Melo Star begonnen und später am Amiga 500 Musik gemacht. Danach kamen verschiedene Saiteninstrumente an die Reihe, Mit 16 haben wir uns mit ein paar Leuten regelmäßig in der Schule getroffen, um zusammen zu spielen, doch von der Pike auf gelernt hatte es niemand von uns. Das musikalische Klima damals entsprach meinen Vorstellungen überhaupt nicht, was eigentlich auch heute noch so ist. Einige von uns, etwa Koppen und ich, haben uns selbst alles draufgeschafft, während Magnus Moriarty oder Dag Stiberg von Now We've Got Members auf eine klassische Ausbildung beziehungsweise Jazz-Wurzeln zurückgreifen. Ich persönlich mag den Do-It-Yourself-Ansatz und lasse mich von Folk wie Noise inspirieren.

Was stiftete den Anreiz zur Labelgründung und welche Absicht steckt dahinter. Was glaubst du, hat Metronomicon, was anderen Firmen fehlt?

Ich wollte Musik nach meinen eigenen Vorstellugen veröffentlichen und dabei verschiedene nicht eben kommerzielle Sachen ausprobieren - zum Beispiel CD-Rs in Kleinstauflage. Im Laufe der Jahre haben wir mehr oder weniger wie ein gewöhnliches Independent-Label funktioniert, obwohl wir eine Kommune sind; als solche sind wir auch offiziell registriert. Wir nehmen niemanden unter Vertrag, obwohl es auf unseren Compilations auch Gäste gibt. Ich habe das Gefühl, dass viele Plattenfirma einfach nur eben genau das sind: schnöde Firmen. Dabei sollte sich ein Label oder eine Musikszene doch ständig verändern und aufregend wie das Leben selbst sein.


Wie weit möchtet ihr euch mit Metronomicon noch ausstrecken? Es scheint, als handle es sich schlicht um ein Künstlerkollektiv, dessen Mitglieder stets eng zusammenarbeiten. Haben neue Gesichter da überhaupt die Chance zum Beitritt, oder seid ihr der neue "Inner Circle" Norwegens, nachdem die Schwarzmetaller des ersten sich Anfang der Neunziger gegenseitig dezimitiert oder geläutert haben?

Neues Blut ist stets willkommen und hält unserem eingeschworenen Kreis auch zumeist die Treue, nachdem es sich erst einmal eingefunden hat. Andererseits spielen die meisten dieser Leute aber auch in anderern Bands, die nichts mit Metronomicon zu schaffen haben; nimm nur André Borgen von Surfin' USB oder Meyer Grønvold und Dag Stiberg von Now We've Got Members: sie stammen aus Oslos Rühriger Improvisations- und Noise-Szene. Was den Black Metal angeht, so werden wir dessen legendären Status hoffentlich auch irgendwann einmal erlangen, auch wenn wir lieber bei Kaffee und Kuchen sitzen als Kirchen anzuzünden ...

Hast du eigentlich mitbekommen, dass der Black Metal hier und dort mit Indie-Mucke und Shoezgazing-Zeug liebäugelt? Vielleicht sind ja bereits ein paar Weißgekalkte bei euch im Büro vorstellig geworden ...

Nein, hab ich nicht, aber einige von uns spielen mit ehemaligen Schwarzmetallern zusammen in anderen Projekten. Das Genre inspiriert uns selbst aber ebenfalls nach wie vor.


Wirft die Labelarbeit genügend Kohle ab, oder müsst ihr euch mit Nebenjobs herumschlagen?

Wir verdingen uns auch anderweitig, aber zumindest bei mir hat das immer noch sehr viel mit Musik zu tun:DJ-Engagements, Tontechniker im Studio oder Arbeit in der Kunstgallerie.Die anderen sind entweder Lehrer, im sozialen Bereich tätig und so weiter. Koppen arbeitet in einem Café, was insofern witzig ist, da "Kopp" auf Norwegisch "Tasse" bedeutet.Natürlich können wir nicht vom Label allein leben, aber über Konzerte oder so haben wir zumindest einen kleinen Nebenverdienst.


Welche Probleme hat man im norwegischen Geschäft und auf internationler Ebene als kleine, unabhängige Plattenfirma?

Da wir die Chose nicht eben seit gestern durchziehen, sind wir für die Medien hier im Land nichts Neues mehr. Trotzdem interessiert man sich für uns, weil die Musik originell ist. Wenn man wie wir nicht mit Major-Budgets aufwarten kann, wird man als Label aber im Großen und Ganzen kaum wahrgenommen, zumal wir ja auch nicht gerade dem neusten Trend entsprechen oder irgendwelche Superstars im Kader haben. Im Ausland leiden wir vor allem darunter, dass wir keinen richtigen Vertrieb finden. Auf neue Labels scheinen die Firmen sich im Moment nicht gerne einzulassen.


Ihr besitzt mit dem Metronopolis offenbar ein eigenes Studio. Muss man sich das als professionellen Aufnahmebunker vorstellen, oder handelt es sich vielmehr um die übliche Schlafzimmer-mit-Laptop-Geschichte, bestenfalls womöglich in leicht erweiterter Form?

Es ist schon ein vollwertiges Studio, dient aber gleichfalls als Büro wie Proberaum. Professionell sieht also etwas anders aus, aber wir können dort fast alles aufnehmen und haben das bislang auch mit nahezu all unseren Veröffentlichungen getan.


Wie erklärst du dir den Umstand, dass viele zeitgenössische Metal- und Rockbands - Musiker aus Genres also, die sich Authentizität auf die Fahnen schreiben - keinen Stich gegen vermeintlich sterile und unpersönliche Electro-Musik wie eure haben, was die Wärme und Tiefe ihrer Produktionen betrifft? Maschinelles trifft hier auf menschliche Gefühle, während anderswo offenbar die Handwerker an ihren Instrumenten und Mischpulten im Kühlschrank sitzen.

Schwer zu sagen, aber wahrscheinlich wollen diese Leute ihre Musik einfach auf Perfektion bürsten und alle Kanten beseitigen.


Größere Plattenfirmen kriegen den Kopf nicht aus dem Hintern, wenn sie zur Promotion ihrer Künstler entsprechend investieren und Material aushändigen müssen. Wie kann es da sein, dass ein Winzkollektiv wie ihr vergleichsweise viel Liebe zum Detail walten lasst, und zwar auf allen Ebenen von den Artworks über die üppigen Produktionen bis zum durchweg hochwertigen Enderzeugnis?

Die Großen erhalten sowieso genügend Aufmerksamkeit - wir nicht. Deswegen müssen wir unser Bestes geben, um das Publikum auf uns aufmerksam zu machen.


Was steht in naher Zukunft bei euch auf dem Plan? Denkt ihr an weitere Experimente, oder werdet ihr die eingeschlagene Richtung beibehalten und auf gleich hohem Niveau ähnlich gelagerte Sounds unters Volk bringen, um euren Namen ein wenig zu etablieren?

Bald wird es von Center of the Universe eine gewöhnliche CD geben, dann eine Kassette mit Now We've Got Numbers und eine Tasse inklusive 3-Zoll-CD von Koppen.


Danke dir für deine Zeit - alles Gute!

Peopl, people ...

 

Interview with Jørgen Skjulstad, "head" of Metronomicon Audio:



How did you get into music early on, meaning: what was your socialization like, from which musical school - also ethically or "attitude-wise" - do you come from?

I started out making music on a small toy-keyboard called Melo Star, and later with an Amiga 500. After that, I started playing string-instruments. Some of us met at school when we were about 16, but very few of us were taught music at school. I didn't fit into the musical climate at all then, and i still don't. Our musical education varies from self taught (Koppen, me) to classical and jazz (Magnus Moriarty, Dag Stiberg of Now we've Got Members). I have a Do-it-yourself background, and draw a lot of inspiration from folk-music and noise attitude-wise.


What fired the spark to start your own label business and what was/is your intention with Metronomicon? What do you offer that you feel other companies are missing?

I wanted to release music on my own premises, and to try out various ideas that maybe are not very commercial - like CD-Rs in small editions. During the last years, we've been acting more like a normal indie-label, but we are a community, not a company. Even officially we are registered as community. We don't sign anyone, even if we have guests on our compilations. I feel like a lot of labels are just run-of-the-mill companies, not the ever-evolving life-project that an interesting label or scene should be.


How far do you want to stretch the concept of Metronomicon, since it seems more like a collective of artists who are pretty close to one another. Is there any chance for new faces to get into this circle, or are you the new "Inner Circle" of Norway after the black metal craze of the nineties?

Yes, new people come in all the time, and they use to stay close to the inner circle after they have entered. Most of the people also play in other bands outside Metronomicon: take André Borgen from Surfin' USB or Daniel Meyer Grønvold and Dag Stiberg from Now we've got Members as examples - they are all active in Oslos's exciting improvisation and noise-scene. We hope we'll have the same legendary status as the early black metallers, but we are more excited by cakes and coffee than burning churches ...
 

Are you aware of the recent movement of various black metallers making forays into the indie-scene by toying with post rock, electronic and shoegazing elements? Have any of these corpse-painted mugs been inclined to fool around with you Metronomers so far?

Im not aware of that, but some of the Metronomiconers play with former members of black metal bands in other projects. For us the genre is still a source of inspiration.


Does your work - relatively speaking - pay off? Do you need to do other jobs to earn your living?

We have other jobs, but my other jobs are closely releated to my music: DJ-ing, sound-engineering and working at galleries. Some of the other people are teachers, nurses amd so on. Koppen is working at a cafe which is very funny since Koppen means "the Cup" in norwegian. None of us live from the label, but we earn a little from side-effects of it like playing concerts.
 

What kind of struggles do you face as a small independent label owner, both nationally and internationally?

We have been around for quite some time, so for norwegian media we are not "new stuff" anymore, even if many people consider our music as being original and interesting. On the other side, we're not a huge major label with promotional budgets either, so we end up beeing ignored since we're neither "up and coming" nor superstars.
Internationally we're struggling with getting physical distribution: very few companies take in new labels these days it seems.
 

Metronopolis is apparently the label's own studio. To which degree can we imagine it as a "real" building to work in under professional conditions ... or is it kind of the average laptop-equipped bedroom, maybe in a slightly expanded way?

It is a real studio that is also an office and a rehearsing room. It's not a "professional" studio, but it is possible to record almost everything there. Most of our albums are recorded there.
 

How do you explain that some rock and metal music nowadays, which is said to be authentic, does not have a match against your - likewise purpotedly - artificial and clinical electronic music in terms of warmth and depth of production? Why do your machines touch human emotion where the alleged craftsmen of music fail to do so with their instruments and recording practices?

It's a difficult question, but maybe it has something to do with many people wanting music to be polished and perfect?


Bigger labels are so hamfisted when it comes to handing out material to promote their artists, so how can it be that a collective that has not much room to give things away for free is as generous as you, also with respect to the amount of work you put into your releases, starting with the artwork and resulting in the lush high standard sound of the very material you release?

The big labels are guaranteed attention, we are not. We have to do
the best we can to catch peoples attention.


What will be on Metronomicon's agenda during the next couple of months? Do you have any new experiments in mind, or will you rather follow the paths you have travelled so far with more quality stuff of the same kind, maybe establishing your name on a larger scale?

The next projects are a normal CD, "Levititaning Disk", by Center of the Universe, a cassette with Now We've Got Members, a Cup with a 3" cd by Koppen and a new webpage.


Thanks for your time, and take care!

Andreas Schiffmann (Info)