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Sweden Rock Festival 2012 - Donnerstag - Sölvesborg - 07.06.2012
Nach einer wirklich kalten Nacht wurde im Sweden Rock Shop erst mal die Festival-Fleece-Decke verhaftet, die sich als wirklich hilfreich in den kommenden Nächsten erwies. Zusätzlich zu meinen beiden anderen dünnen Fleecedecken unter und über dem Winterschlafsack, sei hier angemerkt. Und ich war verdammt froh, Stulpen und Fingerhandschuhe kurz vor der Abfahrt noch eingepackt zu haben, aber mehr dazu dann im Freitagsbericht.
Der Donnerstag startete recht sonnig und für mich direkt um 11.30 Uhr auf der Zeppelin Stage mit DEALS DEATH, der ersten Band des Tages. Irgendwie habe ich fast jedes Jahr einen Hang dazu, fast jeden Opener an jedem Festival Tag sehen zu wollen oder zumindest mal ein Ohr und Auge zu riskieren, weil sich die Band interessant anhört. So auch DEALS DEATH, die mich mit der Beschreibung "Melodic Death Metal" auf der Sweden Rock Seite zu dieser schwer unchristlichen Zeit vor die Bühne lockten. Lustigerweise waren drei der ursprünglichen Bandmitglieder später SABATON-Mitglieder. Das Debut-Album nahm man noch in Eigenregie auf, ließ es allerdings von Peter Tägtgren (HYPOCRISY/PAIN) abmischen. Für das zweite Album landeten sie mit ein wenig (Internet-)Glück bei Spinefarm Records. Die Herren um die beiden Gründer Erik Jacobsen (Gitarre) und Olle Ekman (Vocals) konnten mit ihrem eingängigen Death Metal bei mir völlig punkten, zumal der Fronter auch noch lecker anzusehen ist, jaja. Musikalisch ging das gut ins Ohr, es ist allerdings immer ein Stück auch Arbeit, die um diese Uhrzeit interessierten Festivalbesucher vor der Bühne mal endgültig wach zu bekommen. Zumal die Schweden außerhalb ihres Heimatlandes noch recht unbekannt sind. Dennoch klingen sie nicht abgedroschen und nach der drölfzigsten Melo-Death-Kapelle, sondern schafften es, mich mit den Songs und der guten Vocalleistung und dem ehrlichen, wenn auch leicht poserhaften, Stageacting für sich einzunehmen. Fazit: Platte antesten und Namen merken.
IMPERIAL STATE ELECTRIC hätte ich mir ja schon gerne angesehen, wurde aber zugunsten einer Pressezelt-Stunde gekippt von mir, in der ich die Fotos von den Speicherkarten aufs Netbook rüberschob und den Kamera-Akku vorsichtshalber wieder komplett auflud. Warum macht man eigentlich am ersten Festivaltag immer gefühlte 1000 Fotos von jeder Band?
Der Donnerstag ging gemütlich weiter mit einer dieser "alten" Bands, für die ich das Sweden Rock so mag. 10CC waren die erste Band auf der großen Festival Stage und feierten mit den Fans ihr 40-jähriges Bandjubiläum. Klassiker wie "Donna" und "I´m Not In Love" kann selbst ich mitsingen, obwohl die Songs wahrscheinlich sogar noch in die Generation über mir gehören. Einfach schön und gesanglich mehrstimmig auch astrein gesungen und gespielt, Respekt.
Danach gab es wieder so eine Entscheidungsfrage zu klären, wie sie nicht selten auf dem Sweden Rock bei mir vorkommt: welche Band sehe ich mir an? EXODUS oder DANKO JONES? Da mir mehr nach Party und mithüpfen war, bin ich zur Sweden Stage gepilgert, wo die drei Mannen von DANKO JONES ein astreines Party-Brett abrissen. Danko Jones, der Frontmann, polarisiert. Entweder man kann ihn nicht ausstehen, weil er einen auf dicke Hose macht und ähnlich wie Tobi Sammet auch gerne mal eine oder zwei Minuten länger zwischen den Songs labert. Oder aber man mag ihn, weil er im Prinzip ein riesengroßer Musik-/Musiker-/Band-Fanboy im Herzen geblieben ist, dem man seine Liebe und Respekt zur Musik und zu etlichen Bands abnimmt und der auf der Bühne halt den Rock´n Roller gerne mal raushängen lässt. Ich gehöre zu letzterer Gruppe und so gesellte ich mich am Rand in die zweite Reihe, um ein paar Fotos einzufangen und ein wenig mitzufeiern. Und bekam auch die volle DANKO JONES Bedienung. Danko war gut drauf, Bassist John Calabrese kam ebenfalls super sympathisch rüber und Drummer Atom Willard trommelte sich nen Wolf. Der kanadische Dreier gab einem mit dem Opener "Sticky Situation" und dem darauf gefolgten "Forget My Name" schon mal die glasklare Richtung der folgenden Stunde vor: Rock´n Roll! Und der charismatische Frontmann Danko Jones machte direkt mal die Ansage, dass es so Star-Allüren bei ihnen nicht gäbe, und dass sie daher den Fotografen im Graben es ausdrücklich erlauben, den gesamten Gig über dort zu bleiben und nicht wie üblich nach den ersten drei Songs den Graben zu verlassen. Schließlich seien doch die Fotos am Ende eines Gigs, wenn man die verschwitzten Musiker aus nächster Nähe fotografieren könne, viel interessanter und besser. Der Sympathie-Pluspunkt ging nach dieser Ansage eindeutig an Danko. Ob das tatsächlich ein Fotograf gemacht hat außer dem immer anwesenden Festival-Fotografen, konnte ich leider nicht erkennen, es sah aber nicht so aus. Die Kanadier rockten sich derweil weiter gutgelaunt durch so Gassenhauer wie "I Think Bad Thoughts", "Full Of Regret" oder "Caramel City". Die Ansage vor "Code Of The Road" widmete Danko einem ganz bestimmten, eher desinteressiert wirkenden Besucher weiter hinten in der Menge, dem er explizit versprach, er werde ihn beim nun folgenden Song die ganze Zeit beobachten, ob er auch ja endlich mitmache und mitrocke. Sehr witzige Einlage, wie sie nur ein Danko Jones mit einer gehörigen Portion Selbstironie schafft. Weiter ging´s mit, klar, Rock´n Roll at its best. "Invisible", "Lovercall", "Had Enough": die Menge rockte immer noch begeistert mit. Mit "Cadillac" und dem großartigen "Mountain" beendeten DANKO JONES einen mitreißenden Auftritt auf dem Sweden Rock. Fazit: einer der besten DANKO JONES Auftritte, die ich je gesehen habe. Ohne großartig überlanges Gelaber, sondern zackig die Massen begeistert.
Danach musste ich mich mental und physisch mit einigen Getränken auf dem Campingplatz erst mal auf den nun folgenden STEEL PANTHER Gig vorbereiten, weshalb ich die leider wohl tollen NIGHT RANGER nicht gesehen habe. Voller Erwartung an einen erinnerungswürdigen Gig ging ich mit den anderen dann rechtzeitig wieder aufs Gelände, um auch ja den Anfang von STEEL PANTHER nicht zu verpassen. Bisher habe ich die immer auf Festivals oder Tour irgendwie verpasst. Definitiv bekannt war mir vorher die legendäre Pressekonferenz beim Sweden Rock 2010 und ich hab mir das neue Album "Balls Out" im Büro mit den Kollegen angehört und fand es erstaunlich gut.
Völlig erwartungsgemäß spielten nun auch die vier Amerikaner genau die Rollen, die sie sich so schön angeeignet haben und die Schweden lieben sie dafür. Sänger Michael Starr glänzte mit seinem tiefblauen, langen Paillettenschal auf dem Bühnenausläufer der Rock Stage mit dem Sonnenlicht um die Wette, Gitarrist Satchel erwähnte laufend seinen Rockstar-Status, Bassist-Beau Lexxi Foxx war offenbar mit seinem Handspiegel verwachsen, wenn er nicht gerade Bass spielte und checkte in selbigem permanent Haare & Make-Up. Drummer Stix Zadinia war hier noch der "Unauffälligste", wenn man hier überhaupt das Wort unauffällig benutzen kann. Der Platz vor der Bühne war brechend voll, das Festival-Volk war ob des guten Wetters und den Party-Krachern von STEEL PANTHER komplett euphorisch. Begleitet von anzüglichen Ansagen und Wortwechseln zwischen den Bandmitgliedern weit unterhalb der Gürtellinie pendelte sich das Niveau so auf bestem, unterstem Stammtischniveau ein und jeder war aus dem Häuschen bei den Rockkrachern wie "Supersonic Sex Machine", "Just Like Tiger Woods" und "Community Property". Vor " Party All Day (Fuck All Night)" holten sich STEEL PANTHER ungefähr ein Dutzend bildhübscher, leichtbekleideter Mädels aus den ersten Reihen auf die Bühne, um mit ihnen zusammen den Song zu spielen. Mit "17 Girls In A Row" und "Death To All But Metal" beendeten STEEL PANTHER ihren übelst unterhaltsamen Auftritt. Und um allen Skeptikern dieser Band noch ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen: musikalisch ist das echt einwandfreier (Hard) Rock. Klasse gespielt, die neuen Songs sind – wenn man mal die Texte für eine Sekunde komplett ignoriert – astreine Rockkracher mit hohem Wiedererkennungswert und sing-along-Charakter. Riskiert mal ein Ohr. Fazit: Großes Unterhaltungs-Tennis; nächste STEEL PANTHER Tour mal mitnehmen.
Bestens durch STEEL PANTHER nun auf 80er Hard Rock eingestimmt, pilgerte ich mit gefühlt 30.000 anderen Festivalbesuchern am späten Abend dann zu SEBASTIAN BACH, und hoffte auf eine ordentliche Portion alter SKID ROW Klassiker und einen gut bei Stimme seienden Seb Bach. Für eine gute Fotoposition (ohne Foto-Weste ist das halt mörderanstrengend, auf einem Festival bei den großen Bands gute Fotos zu bekommen) postierte ich mich ganz an den linken Rand der Bühne in der ersten Reihe. Was soll man sagen zu dem Auftritt? SEBASTIAN BACH siegte auf ganzer Linie! Glänzend aufgelegt und wirklich gut bei Stimme hatte er die ihn feiernden Massen vor der Bühne die ganze Zeit auf seiner Seite. Zudem sammelte der mittlerweile ja nun auch nicht mehr ganz so junge Bach massiv Pluspunkte beim jüngeren Festivalpublikum mit seinem 21-jährigen, schüchternen Gitarristen Nick Sterling. Mehrfach kam Seb rüber, stellte Nick dem Publikum vor und betonte, dass dies sein erster Gig in Schweden sei. Zu Beginn entschuldigte er sich noch wortgewaltig und sympathisch beim Sweden Rock Publikum für sein Nichterscheinen beim SRF 2006 (kurze Erinnerung: der Gig auf dem Sweden Rock Festival 2006 konnte nicht stattfinden aufgrund zu knapp terminierter Auftritte und Flüge drum herum. SEBASTIAN BACH schaffte es leider nicht rechtzeitig zum Sweden Rock, da das komplette Gepäck in Stockholm nicht mehr eingecheckt werden konnte.).
Direkt zu Beginn des diesjährigen Auftrittes mit "Slave To The Grind" vom gleichnamigen SKID ROW Mega-Album einzusteigen war sicherlich auch direkt eine Ansage, was man so grundsätzlich erwarten konnte. Ein gelungener Mix aus dem aktuellen SEBASTIAN BACH Album "Kicking & Screaming" mit Songs wie dem gleichnamigen Titeltrack, "Dirty Power", "As Long As I Got The Music" oder dem von John5 mitgeschriebenen "TunnelVision" und dazu zwischendurch mit einer Menge alter SKID ROW Klassikern garniert ("Here I Am", "18 And Life", "Monkey Business", "I Remember You") ließen da eigentlich keine Fanwünsche offen. Zum Schluss überraschte TWISTED SISTERs Dee Snider noch mit einem Gastauftritt, man stimmte gemeinschaftlich den TWISTED SISTER Klassiker "We´re not gonna take it" an und alle sangen begeistert mit. Zusammen mit Dee Snider beendete SEBASTIAN BACH den total gelungenen Gig mit "Youth Gone Wild" (mit kleiner "Små Grodorna" Einlage – einem extrem bekannten schwedischen Tanzlied) und ließ ein hochzufriedenes und jubelndes Sweden Rock Publikum zurück. Fazit: mein Gig des Tages und einer der besten des gesamten Festivals. Mitreißend, sympathisch, tolle Songauswahl, viel besser konnte es kaum noch werden.
SOUNDGARDEN hatten nun (leider) einen ganz schweren Stand bei mir, obwohl ich bei der Bandankündigung im Vorfeld da noch ganz große Hoffnungen hatte und mich sehr darüber gefreut habe. Müde nach knapp 12 Stunden Festival beschloss ich aber dennoch, mir mindestens die erste halbe Stunde anzusehen und mühte mich zur Festival Stage rüber. Im Vorfeld hatte ich leider von diversen Leuten gehört, dass der kurz zuvor stattgefundene Gig bei Rock am Ring eher unterirdisch gewesen sein soll. Ich ging also mit recht wenigen Erwartungen zum ersten offiziellen Headliner des diesjährigen SRF.
Leider war die Spiel- und Bewegungsfreude der Grunge-Heroen aus Seattle halt wirklich kein Vergleich zum zuvor die Massen begeisternden SEBASTIAN BACH, da drängte sich einem eher der Eindruck von "ist uns ein klein wenig egal, wir werden bezahlt dafür" auf. Trotz gutem Sound und wirklich guter Lichtshow konnte mich SOUNDGARDENs Auftritt spätnachts nicht so richtig vom Hocker reißen. Da half auch kein "Spoonman" als zweiter Song oder "Outshined". Das neue "Live To Rise", ein Tribut zum The Avengers Soundtrack, hörte sich zwar nett an, aber Chris Cornell wirkte jetzt nicht wirklich enthusiastisch oder gar mitreißend. Stimmlich fand ich das gar nicht so grottig wie befürchtet, musikalisch auch nicht, aber es war halt definitiv kein würdiger Headliner meiner Meinung nach. Zu den Klängen von "Rusty Cage" im letzten Drittel des Sets ging ich langsam über den Festivalplatz zum Ausgang zurück. Einen wärmenden Kakao in der Hand hörte ich mir "Black Hole Sun" auf meinem Weg zum Ausgang an, der wie erwartet eher ruhig interpretiert wurde. Schade, da fehlte mir die ursprüngliche Intensität des Songs doch schon sehr. Die Zugaben schenkte ich mir dann. Fazit: nicht so schlechter Auftritt wie erwartet, aber halt verdammt schwere Kost für einen Headliner nach Mitternacht und besonders direkt nach SEBASTIAN BACH! Leider kein Headliner-Status, so gern ich das auch gehabt hätte.
Melanie Benthin