MIRIAM GREEN ist auf der Suche nach Frieden - drinnen und draußen. Jenseits von Konventionen verbindet die studierte Oboistinkammermusikalische Arrangements mit Songwriting und Poesie mit Protest. Mit ihren Texten will sie zum Nachdenken anregen – persönliche, sozialkritische und spirituelle Themen ohne Fingerzeigen zu verarbeiten ist dabei zu einem inneren Leitfaden geworden. So singt sie mit sanfter Stimmeeinfühlsam, oft allegorisch und doch schnörkellos über die Suche nach letztgültigen Wahrheiten, Verlustängste, Glaubenskriege oder über Astronauten, die aus dem Weltall keine Grenzen auf unserer Erde entdecken können.
Außergewöhnlich ist hierbei, wie intensiv sie wegen der umfangreichen Problematiken, die sie in ihrem Debüt-Album aufgreift, Auskunft gibt – darum hier ihr eigenes Statement zu „Wanderlust“, das sie in englischer und deutscher Sprache einsang:
Was hat mich zu meinem Album inspiriert?
Lieder und Gedichte habe ich schon geschrieben, als ich noch sehr klein war. Während meines Oboen-Studiums an der HMT München lag der Fokus auf meinem Instrument und dem klassischen Repertoire - aber abends, wenn ich keine Lust mehr hatte zu üben, habe ich mich ans Klavier gesetzt und an meinen Liedern gebastelt.
In dieser Zeit ist mir klar geworden, wie wichtig es für mich ist, was ich erlebe und was mich bewegt musikalisch und poetisch zu verarbeiten. Meine Lieder sind mein Weg mit der Welt umzugehen. Oft suche ich selbst nach einer Lösung zu einem Thema, sei es politischer oder persönlicher Natur und es ist wie eine Art Therapie diesen Prozess in Musik zu verwandeln.
Die letzten Jahre haben viel Stoff für sozialkritische Poeten geliefert. Die Diskussionen und Ereignisse dieser Zeit sind der Anlass für viele Lieder auf meinem Album „Wanderlust“ gewesen. Ich verstecke meine politischen Botschaften gerne hinter einer großen Portion Harmoniebedürftigkeit - vielleicht ist das die weibliche Art zu protestieren. Ich habe den Wunsch an meine Musik, dass sie die Menschen miteinander verbindet, gerade in Zeiten wie diesen, wo Alle auseinander driften. Andere Lieder wiederum sind entstanden, weil ich sehr glücklich und zufrieden war - ich würde fast so weit gehen zu sagen, dass meine Musik meine Art ist, mich beim Leben zu bedanken, auch wenn es mal nicht so rund läuft.
Der Wunsch, die Oboe an Orten und in Formationen zu spielen, wo man sie noch nicht gehört hat hat, hat mich schon lange bewegt und so war es nur eine Frage der Zeit, bis sie auch in meiner eigenen Musik ihren Platz eingenommen hat. Sie ist ein äußerst komplexes, farbenreiches und wunderschönes Instrument und ich habe durch meine Lieder einen ganz anderen Zugang zu ihr gefunden.
Während meines Studiums habe ich oft und gerne mit Streichern zusammen gearbeitet und ich liebe Kammermusik. Deshalb habe ich für mein erstes Album viele meiner Songs für Klavier, Streichquartett, Oboe und Gesang arrangiert. Viele Menschen wissen nicht genau, was eine Oboe ist, obwohl sie in der europäischen Orchesterkultur einen genau so angestammten Platz hat, wie eine Geige. Die „Diva unter den Holzblasinstrumenten“ hat nie wirklich ihren Weg in andere musikalische Bereiche gefunden, weder in der Volksmusik, noch im Jazz oder im Pop - sie ist unberechenbar und dramatisch, aber genau das liebe ich an ihr. Die Tatsache, dass dieses Instrument in so vielen Bereichen unentdeckt zu sein scheint hat mich unglaublich inspiriert. „Wanderlust“ ist also auch mein Beitrag dazu, dass die Oboe eine Stimme außerhalb der klassischen Musik finden kann.
Musikalische Einflu?sse
Mein Lehrer, Francois Leleux, der mir nicht nur beigebracht hat Oboe zu spielen, sondern vor allen Dingen Musik zu machen. Klassische Musik im Allgemeinen: Ich liebe Bach und Mahler, aber auch Debussy und die Lieder aus der Romantik.
Konstantin Weckers Lieder haben mich seit vielen Jahren begleitet und inspiriert - sie haben mich auch davon überzeugt, dass Deutsch eine schöne, poetische Sprache ist, wenn man mit ihr umgehen kann. Dank ihm habe ich mich getraut auch sehr persönliche Dinge in meinen Texten deutlich anzusprechen und meine klassischen Wurzeln noch mehr mit meinem eigenen Projekt zu verbinden.
Die Jazz-Sängerin Silje Nergaard, die mich mit ihrer unglaublichen Stimme und ihren Songs so inspiriert hat, dass ich umbedingt singen wollte. Joni Mitchell, Cat Stevens, Joan Baez, sämtliche Musiker aus den 60ern, die für eine bessere Welt gesungen haben.
Musik die schön ist und dazu noch eine Aussage hat, kann mich immer begeistern und inspirieren.
Hintergrundinfos zu den Liedern
Der Astronaut und Der Wahrheitssucher sind zwei politische Texte, die ich nach der Entzweiung mit einer Person geschrieben habe, die mir mal sehr nahe stand. Die Diskussionen über Grenzen und Flüchtings-Quoten in den letzten Jahren haben wohl viele Freundschaften zerstört und so ist es auch mir gegangen.
Nana & Djed ist schon vor einigen Jahren entstanden. Es ist ein Lied, was ich für meine Großeltern geschrieben habe. Ich bin bei ihnen aufgewachsen und ich bin sehr dankbar, dass ich sie so lange bei mir haben darf. Da wir hier in den Industrienationen immer älter werden, ist es für die Meisten von uns selbstverständlich, dass unsere Großeltern uns begleiten. Gleichzeitig ist es unvorstellbar, wie anders ihr Leben vor fünfzig Jahren war und wie sie sich in unserer jetzigen Welt fühlen müssen, in der das Altern schon beinahe eine Schande ist.
Enticing Surrender erzählt die Geschichte eines Spaziergangs durch eine wundersame Welt, wo Jesus zum Tee vorbei kommt und Mohammad unter dem Bodhi-Baum zusammen mit Gandhi erklärt, warum diese Welt so ist wie sie ist. Es ist ein Song für den inter-religiösen Dialog und für mehr Toleranz unter den Religionen und Philosophien.
Zu „Enticing Surrender“ entsteht zur Zeit ein Video, für welches wir einzelne Sequenzen in der St. Pauls Kirche München, der Moschee Penzberg, dem Imakoko Zen-Zentrum und der Synagoge in Augsburg gedreht haben. Mit diesem Song war ich 2015 Preisträgerin beim Deutschen Friedenssong-Wettbewerb.
Invisible Slaves ist der zweite englische Song auf dem Album. Der Text entstand 2009 während meiner Schulzeit. Er erzählt die Geschichte eines Mannes, der auf das weite Meer hinaus fährt um zu fischen. Zu Hause wartet seine Familie, als er feststellt, dass er sich nicht auf dem Meer, sondern im Krieg befindet. Ich selbst sitze in einem U-Boot und beobachte die ganze Szene. Dieser Song ist eine Anspielung auf die Tatsache, dass wir in der westlichen Welt durch unser Konsumverhalten und durch unsere Politik Menschen, die weit weg und unerreichbar scheinen, zu Sklaven machen. Für uns mögen sie unsichtbar sein, aber unser Wohlstand wächst auf ihren Kosten und es ist so leicht das zu verdrängen.
Wanderlust ist ein reines Instrumentalstück für Klavier, Oboe und Harmonium. Auf der Oboe habe ich Techniken benutzt, die sonst nur in modernen klassischer Musik Verwendung finden: Spaltklänge, Flageolett und Verfärbungen der Töne. Ich wollte mit meinem Instrument naturnahe Klänge und Sounds zu einem Stück verbinden, was an einen Morgen in einem grünen Laubwald erinnert - ruhig und vernebelt, aber geschäftig und lebendig unter der Oberfläche.
Ganz Vielleicht und Am Ende des Tages sind Lieder, die aus dem Wunsch entstanden sind, mich mit mir selbst zu versöhnen. Geht es in „Ganz Vielleicht“ eher um die Frage des Glauben- Könnens in einer Welt, in die man täglich den Glauben verlieren könnte, so war es bei am „Ende des Tages“ die Frage danach, was eigentlich wirklich zählt im Leben. Kurz vor meinem Studienabschluss habe ich mir oft den Kopf zerbrochen, wie wichtig Karriere, Geld und Einfluss sind und in wie weit ich sie eintauschen möchte gegen Kreativität, Sinn und Lebenszeit.
Das letzte Lied auf dem Album heißt Zeitweise und ist nichts Anderes als eine Weise über die Zeit. Über die Zeit kann man unendlich viel schreiben, sie ist so wenig greifbar und doch in jeder Sekunde präsent. Ich habe den Text geschrieben, als ich das Gefühl hatte, dass mir die Zeit davonrennt und entgleitet. Wie schön wäre es, sie nur einmal anzuhalten.
Vorab ist jetzt die aktuelle Single “Enticing Surrender“und ein Videodazu veröffentlicht worden. Mit diesem Song war Miriam Green 2015 Preisträgerin beim Deutschen Friedenssong-Wettbewerb unter der Schirmherrschaft von Konstantin Wecker.
Die Single erzählt die Geschichte eines Spaziergangs durch eine wundersame Welt, wo Jesus zum Tee vorbei kommt und Mohammad unter dem Bodhi-Baum zusammen mit Gandhi erklärt, warum diese Welt so ist wie sie ist. Es ist ein Song für den inter-religiösen Dialog und für mehr Toleranz unter den Religionen und Philosophien.