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Candlemass: King Of The Grey Islands (Review)

Artist:

Candlemass

Candlemass: King Of The Grey Islands
Album:

King Of The Grey Islands

Medium: CD
Stil:

Doom Metal

Label: Nuclear Blast
Spieldauer: 53:45
Erschienen: 2007
Website: [Link]

Eines vorweg: Man vermisst Messiah Marcolin, der CANDLEMASS sicher am nachhaltigsten geprägt hat, aber vor den Aufnahmen zum neuen Album ausstieg, auf "King Of The Grey Islands" überhaupt nicht. Und das sage ich als ausgesprochener Fan seines einzigartigen Gesangs. Im Gegenteil, man kann sich zu diesen Songs gar keine andere Stimme als die von Robert Lowe vorstellen. Er liefert eine grandiose Vorstellung ab, unheimlich intensiv und emotional. Kaum zu glauben, dass die Songs alle schon vor seinem Einstieg entstanden. Fast scheint es, als ob Songwriter Leif Edling nur auf den Sänger von SOLITUDE AETURNUS gewartet hätte, und dieser wiederum auf genau solche Songs.

Obwohl der Sängerwechsel also nicht reibungsloser hätte verlaufen können, kann man das Album trotzdem nicht einfach so zwischen beispielsweise "Nightfall" und "Ancient Dreams" einreihen. Sicher, die einzelnen Zutaten sind alle da und klingen teilweise noch klassischer als zuletzt: die schweren Riffs, die gefühlvollen, melodischen Leadgitarren, die Dramatik und Epik, unterstützt von vereinzelten atmosphärischen Keyboards. Oberflächlich also CANDLEMASS pur, aber trotzdem kein gewöhnliches oder absolut traditionelles Album: Wo die Band früher, gerade in der Messiah-Ära, trotz aller Düsternis wärmend, tröstlich und manchmal fast feierlich klang, quillt hier der Hass, die Verzweiflung und eine kalte Leere förmlich greifbar aus den Boxen. Passend zum textlichen Konzept, welches den Niedergang des Individuums in der heutigen Gesellschaft bis hin zum Suizid beschreibt, liefern die Schweden ihr finsterstes Album ab. Die Stimmung ist höchstens ansatzweise mit der des Debüts vergleichbar, wenn auch in einer aktualisierten Variante. Während man auf "Epicus Doomicus Metallicus" noch von Kristallkugeln sang, bekommt man hier schon mal ein "fuck the human race" entgegengeschleudert... Das Ganze klingt so unheimlich intensiv, dass es manchmal fast schon ungemütlich wird.

Man sollte dem Album auf jeden Fall einige Durchläufe gönnen. Mit "Emperor Of The Void" startet man zwar ziemlich flott und mitreißend, und ein hymnenhafter Refrain sorgt für Eingängigkeit, einige andere Tracks benötigen jedoch etwas Eingewöhnungszeit. Das folgende "Devil Seed" wirkt beispielsweise zunächst etwas unspektakulär, entwickelt sich aber nach mehrmaligem Hören zu einem richtigen Hit, der von der Dynamik zwischen ruhigen und explosiven Parts lebt, perfekt abgerundet durch Robert Lowes Gesang.

Und dann zeigt "Of Stars And Smoke", dass Leif Edling, wenn er denn will, immer noch der Meister der traurigen Melodien ist: Der ergreifende Refrain kann es fast mit "Samarithan" aufnehmen, eine Doom-Hymne für die Ewigkeit! Hier klingt man auch mal deutlich wärmer und weniger trostlos. Interessanterweise wurde dieser Track nachträglich aufgenommen, als der wie fast immer alleinige Songwriter feststellte, dass noch etwas fehlte. Es würde mich nicht wundern, wenn ausgerechnet dieser Nachzügler schon bald seinen festen Platz zwischen den früheren Klassikern hat.

Leider sind solche erhabenen Momente etwas rar gesät. Die Stimmung ist zwar einzigartig, und die Texte werden perfekt umgesetzt, allerdings hätten es für mich persönlich ruhig ein paar mehr der ganz großen Melodien sein können. Es wird zwar oft dramatisch und episch musiziert, die Melodieführung ist aber eher depressiver und manchmal auch aggressiver Natur, und birgt eher Frust und Verzweiflung als die Theatralik, die CANDLEMASS früher auszeichnete. Allerdings muss man der Band zu Gute halten, dass sie eben nicht mit eingängigen Refrains und einfachen Strukturen auf Nummer sicher geht. Stattdessen gibt es immer wieder überraschende Breaks oder unkonventionelle Songaufbauten. Wenn z.B. in "Man Of Shadows" plötzlich ein wunderschönes Akustikgitarren-Break mit lieblichem Gesang nur einmal kurz Verwendung findet und dann später ein grandioser Refrain (der keiner ist) quasi nur als Outro eingesetzt wird, ist das entweder Größenwahnsinn oder unheimlich mutig und verdient Respekt. Man möchte förmlich darum betteln, diese Parts noch einmal hören zu dürfen. Solche Überraschungen gibt es immer wieder. So glaubt man etwa "Destroyer" eigentlich schon am Ende, wenn dann doch nochmal die Band einsetzt und einen hymnischen, mehrstimmigen Leadgitarren-Part zum Besten gibt, der auch ein perfekter Albumabschluss hätte sein können.

Die Intensität und Atmosphäre wird über die gesamte Spielzeit gehalten, was vor allem auch Robert Lowe zuzuschreiben ist. Das Songwriting jedoch schwächelt schon mal zwischendurch. "Demonia 6" etwa marschiert stoisch von Anfang bis Ende durch, ohne dass ein echter Höhepunkt auszumachen wäre. Zwar hat auch dieser Song durch den ausdrucksstarken Gesang und die dämonische Horroratmosphäre, die zum Schluss fast soundtrackartige Züge annimmt, seinen Reiz, bleibt jedoch insgesamt zu monoton. Und in "Clearsight" wird der rhythmische Refrain so oft wiederholt, dass es schon fast etwas Militärisches hat. Letztlich fallen aber auch diese etwas schwächeren Songs nicht zu stark ins Gewicht, da sie sich gut ins Konzept einfügen.

Wie schon auf dem letzten Album erinnern einige Elemente an Leif Edlings andere Projekte, das abschließende "Embracing The Styx" hätte mit seinem treibenden Riffing und diversen Soundspielereien auch auf das Debüt von ABSTRAKT ALGEBRA gepasst. Der Song bietet noch einmal epische Dramatik, um dann das Album würdig mit Akustikgitarren und sanftem Gesang ausklingen zu lassen.

Die Produktion ist nicht ganz optimal, hier hätte man mit etwas mehr Zeit sicher noch einiges herausholen können, gerade was den Mix betrifft. Laut eigener Aussage wurde es am Ende knapp, da der geplante Veröffentlichungstermin trotz noch fehlender Gesangsaufnahmen unbedingt gehalten werden sollte. An einigen Stellen klingt der Sound etwas undifferenziert. Das Schlagzeug wirkt teilweise kraftvoll und fett, um ein anderes Mal verwaschen im Mix unterzugehen. Die Gitarren stehen weit im Vordergrund und sind für CANDLEMASS-Verhältnisse relativ stark verzerrt. Der rohe und wuchtige Sound passt aber wunderbar zur Stimmung des Albums.

Die limitierte Erstauflage enthält noch zwei Klassiker als Bonustracks, "Solitude" und "At The Gallows End", die aus den Vocal Sessions mit Robert Lowe stammen. Somit haben diese Aufnahmen eher Demoqualität, wahrscheinlich wurden sie live im Proberaum mitgeschnitten. Sie zeigen allerdings sehr schön, mit welcher Intensität und Leidenschaft der neue Sänger die Songs seiner Vorgänger intoniert. Es ist ja eher ungewöhnlich, dass man sich nach einem solchen Wechsel besonders auf die alten Lieder freut, bestätigt aber nur, dass die Band genau den richtigen Mann gefunden hat.

FAZIT: Ein mutiges und unkommerzielles Album, dass einerseits unverkennbar nach CANDLEMASS klingt, sich aber andererseits mit keinem Vorgängerwerk vergleichen lässt. Robert Lowe gibt einen Einstand nach Maß und etabliert sich sofort als der perfekte Sänger für das schwärzeste Album der Bandgeschichte. Bekommt er beim nächsten Mal noch mehr Gänsehautmelodien wie in "Of Stars And Smoke" oder "Man Of Shadows" zu singen, sind CANDLEMASS in dieser Besetzung zu einem absoluten Klassiker fähig. In Punkto Performance, Atmosphäre und Ausdruck liegt bereits "King Of The Grey Islands" ganz weit vorne.

Daniel Fischer (Info) (Review 8378x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Prologue
  • Emperor Of The Void
  • Devil Seed
  • Of Stars And Smoke
  • Demonia 6
  • Destroyer
  • Man Of Shadows
  • Clearsight
  • The Opal City
  • Embracing The Styx

Besetzung:

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