“Tide, Tear, Bolt, Bizz, Fapp, Gain, Wisk...” In der 100. Folge der TV-Serie “Die Simpsons” steht Rektor Seymour Skinner vor einem Getränkeautomaten und überlegt, für welchen der neumodischen Softdrinks er sich entscheiden soll.
Das gleiche Problem hatte der Nu Metal-Konsument um die Jahrtausendwende... STAIND, LIMP, RAGE, KORN, CREED, ROACH, POD, COAL, COLD, HEAD, KNOT, SPINE, ROOT, LYN, X. Da fällt die Wahl nicht leicht; genauso gut könnte man abwägen, welches seiner Kinder man abgeben möchte.

STURCH reiht sich da zunächst mal nahtlos ein. Und kommt auch noch ziemlich spät - 2007 sind einige Sorten schon wieder vom Markt, weil die Nachfrage immer noch das Angebot bestimmt. Neue Taktik: Dem Konsumenten wird nicht nur ein abstrakter Begriff an den Kopf geworfen, er bekommt auf dem Etikett gleich noch eine Inhaltsangabe mitgeliefert. “Beauty, Anger & Aggression” soll in der ersten STURCH-Sorte enthalten sein. Klingt lecker, aber die große US-Konkurrenz hat die gleiche Idee. “Echoes, Patience, Silence & Grace” versprechen die FOO FIGHTERS in ihrem letzten Produkt.. Eine Zutat mehr, und dann geht das Ding auch noch eine Woche früher in den Verkauf. THE OFFSPRING nehmen sich 2008 ein Beispiel und setzen ebenfalls auf die Vier-Zutaten-Formel: “Rise and Fall, Rage and Grace”. Schönheit, Ärger und Aggression aus deutschen Landen haben da keine Chance mehr.

Aber wie schmeckt es denn nun, dieses deutsche Produkt? Zuerst herb, dann ein wenig bitter-süßlich im Nachgeschmack. Ganz klar: STAIND-Gönner werden den Geschmack sofort wiedererkennen. Die fragile, emotionale Stimmbeilage, die im Begriff ist zu zerfallen, dazu die tief dröhnenden Gitarren und natürlich die ausgewogene Mischung aus Ballade und Heavy Stuff, “Beauty” und “Aggression” eben. In “Hand On My Shoulder” kommt noch etwas THREE-Bouquet hinzu.

Die Kohlensäure prickelt spielerisch auf der Zunge, farbenfroh legt sich das 12-teilige Geschmackserlebnis auf dem Gaumen nieder. Über Langeweile darf sich der Feinschmecker jedenfalls nicht beklagen, dazu sind die Zutaten zu ausgewogen. Nah dran, süchtig zu machen, sind sie auch. Nur neu ist das alles nicht; vielmehr könnte man glatt nostalgisch werden und an das Jahr 1999 zurückdenken.

FAZIT: Wie kann STURCH in der Soft-Product-Branche, die ohnehin schon überlaufen ist, überleben? Mal ganz ehrlich, der Geschmack ist ja nicht schlecht, gerade für ein nationales Erzeugnis - wir Deutschen sind für selbstgemachten New Metal wesentlich schlechter geeignet als für Bier - aber gleich gute oder bessere Produkte sind schon erfolglos in der Versenkung verschwunden. Dranbleiben, lautet die Devise! An die eigenen Qualitäten glauben, sie wenn nötig mit Gewalt verteidigen, fehlende Individualität mit Beharrlichkeit und Spielwitz wettmachen. “Beauty, Anger & Aggression” zeigt diese Attribute, wenn schon kein völlig neues Geschmackserlebnis. Und siehe da, nach gerade mal eineinhalbjähriger Entwicklungszeit kommt das neue Produkt in die Händlerregale, in giftgrüner Verpackung. Wenn das kein positives Zeichen ist...