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Popol Vuh: Vol. 2 'Acoustic & Ambient Spheres' – Vinyl Deluxe 4-LP Box (Review)

Artist:

Popol Vuh

Popol Vuh: Vol. 2 'Acoustic & Ambient Spheres' – Vinyl Deluxe 4-LP Box
Album:

Vol. 2 'Acoustic & Ambient Spheres' – Vinyl Deluxe 4-LP Box

Medium: 4-LP-Box
Stil:

Ambient, Kraut, Psyche

Label: BMG/ADA
Spieldauer: 150:50
Erschienen: 26.11.2021
Website: [Link]

„Eigentlich bin ich kein Film-Komponist, sondern ich bin WERNER HERZOGs Komponist!“ (Florian Fricke)

„Er war immer zu sehr mit Drogen beschäftigt, was ich nie mochte. Außerdem driftete er in sein idiotisches New-Age-Pseudophilosophie-Geplapper ab, und ich konnte mich nicht wirklich mit ihm verständigen.“ (Werner Herzog über Florian Fricke)

„Vor BRIAN ENO gab es POPOL VUH, eine magische Reise in die Seele des Himmels. Musik für echte Musikliebhaber.“ (Alex Patterson von THE ORB)

Nach zweieinhalb Jahren Wartezeit ist es endlich so weit und der wortwörtlich schwer beeindruckenden ersten 6-LP-Vinyl-Box im Hardcover-Schuber „Vol. 1 'The Essential Album Collection'“ folgt nun der zweite, ebenso opulent gestaltete Teil als 4-LP-Hardcover-Box: „Vol. 2 'Acoustic & Ambient Spheres' – Vinyl Deluxe 4-LP Box. Und auch dieses Mal machen BMG/ADA alles richtig, indem die auf ein absolut hochwertiges Vinyl-Projekt – sogar mit Bonus-Stücken versehen – setzen, das die vier LP's ... LP 1: Cobra Verde / LP 2: Agape – Agape Love – Love / LP 3: Cœur De Verre – Singet, denn der Gesang vertreibt die Wölfe... / LP 4: Seligpreisung ... enthält, zu denen es zugleich hochwertige Filmplakate und drei große Fotos sowie ein in englischer Sprache verfasstes umfangreiches LP-großes Begleit-Booklet gibt.

Schon der Untertitel verrät es: speziell die vier Alben, die entweder (einmal sogar schwer hypnotisch) in sich schwebend oder Ambient (plus Elektronisches) und Akustisches, in diesem Falle hauptsächlich Klavier und Gitarre, klangvoll während Frickes POPOL VUH-Zeit umsetzten, sind als LP im originalen LP-Cover plus zusätzlichen Beigaben in der dicken Hardcover-Schub-Box vereint. So bleibt die progressivere, stark krautrockendere Seite, der größtenteils frühen POPOL VUH-Phase außen vor – aber auch hier bestätigt im Falle von „Seligpreisung“ die Ausnahme die Regel.

Konzeptionell hängen die LP's allerdings nicht zusammen, außer dass gleich zwei Alben – „Cobra Verde“ (1987) und „Cœur De Verre – Singet, denn der Gesang vertreibt die Wölfe...“ (1977) – Filmmusik für Werner Herzog waren.

Auffällig ist des Weiteren, dass chronologisch die LP-Box rückwärts läuft, also mit dem 'jüngsten' Album „Cobra Verde“ (1987) beginnt und dem 'ältesten' „Seligpreisung“ (1973) endet. Gerade die letzte LP wird wohl alle progressiven Freigeister erfreuen, denn sie ist als Nachfolger von „Hosianna Mantra“, die in der ersten Box enthaltenen LP, welche längst Kultstatus besitzt, die deutlich krautrockigste, akustisch geerdete, da der wie's scheint immer stärker christlich bekehrte Fricke seinen sauteuren Moog an KLAUS SCHULZE verkauft hatte, um fortan christlich inspirierte Musik mit größtenteils akustischen Instrumenten einzuspielen, weil aus seiner Sicht, also der des ehemals leidenschaftlichen Elektronik-Fricklers und -Experimentierers, elektronische Instrumente der göttliche Nähe einfach nicht gerecht werden konnten. Ja, eine weit verbreitete Einstellung einiger Musiker (aber auch Kritiker) der damaligen Zeit, während sich immer stärker die 'Kosmischen Pioniere' mit ihrem ausgeprägten elektronischen Instrumentarium gen Musik-Himmel bewegten und im TANGERINE DREAM den ASHRA TEMPEL eroberten.

Anders sieht es bei den Soundtracks dieser Box aus, die sich wieder stark auch elektronischen und bombastischen Klängen, genauso wie Frickes Klavier und Daniel Fichelschers (von AMON DÜÜL II) Gitarre im akustischen Bereich widmen – bei „Cobra Verde“, in dem Klaus Kinski die Hauptrolle spielte, sogar mit sakralen Chören beginnen oder sich mit weiblichem Chor-Gesang fortsetzen und überhaupt ungemein finster ausfallen. Das änderte trotz des insgesamt etwas behäbig-düsteren, ambientartigen Grundcharakters aber nichts an der Tatsache, dass Frickes Filmmusik für den Award in der Kategorie 'Bester Soundtrack' nominiert wurde, wobei nicht überrascht, dass er mit „Cobra Verde“ diesen aber nicht einheimsen konnte.
Historisch an diesem Soundtrack ist zudem, dass mit ihm auch die Zusammenarbeit zwischen Fricke und Herzog, der von Frickes 'drogengeschwängertem Geplapper' immer genervter war, endete.
Die LP in der „Vol. 2 'Acoustic & Ambient Spheres' – Vinyl Deluxe 4-LP Box“ enthält zudem als Beigabe noch ein Poster des Original-Filmplakats und mit „Om Mani Padme Hum 4 – Piano Version“ ein Bonus-Stück.

Die zweite Filmmusik – „Cœur De Verre – Singet, denn der Gesang vertreibt die Wölfe...“ – ist genau 10 Jahre älter, aber „Cobra Verde“ durchaus ähnlich. Angeblich sollen viele der Schauspieler in diesem Improvisations-Film unter Einwirkung von Hypnose gespielt haben (Aha, so nennt man das wohl heute…). Genauso musste natürlich auch die Filmmusik klingen und diesen Eindruck noch verstärken. In diesem Sinne Mission gelungen, aus musikalischer Sicht ist dieses „Herz aus Glas“ allerdings nicht wirklich mitreißend, sondern eben – klar doch – 'hypnotisierend' und ideal auch für den Einsatz 'anderer berauschender Stimulanzien'.
Gesang oder Stimmen gab's keine, dafür meditative, fast weltmusikalisch anmutende Klänge, die besonders durch den Einsatz von Flöten und Sitar erzeugt wurden. Ein Czukay und Sylvian sowie NEU! lassen grüßen. Manchmal kommen sogar Erinnerungen an PINK FLOYDs Filmmusik „Obscured By Clouds“ auf, wofür speziell „Hüter der Schwelle“ das beste Beispiel ist.
Natürlich gibt es auch hier ein Filmplakat (ohne Schrift nur mit dem Foto vom Platten-Cover) als Beigabe und wiederum mit „Earth View“ einen Bonus-Titel, der im Rahmen dieses reinen Instrumental-Albums (Es gibt auch keine Chöre, Sound-Collagen oder Ähnliches!) ausschließlich vom Piano bestimmt wird, wodurch er etwas aus der Reihe fällt und nicht unbedingt die beste Wahl für dieses Album ist.
Obwohl…
Wenn Google wüsste, dass Fricke schon 1977 den „Earth View“ vorwegnahm, hätte man die Plattform ja wenigstens mit diesem Stück untermalen können…

Wie bei „Cobra Verde“ beginnt auch das 1983er-Album „Agape – Agape Love – Love“ mit sakralen – diesmal aber weiblich und männlich gemischten – Chor-Gesängen, in die Pauken-Klänge einstimmen und sich im Mit-, aber auch Gegeneinander hochschaukeln. Im Gegensatz zu den beiden Filmmusik-Alben der LP-Box ist dieses jedenfalls deutlich abwechslungsreicher und schwankt zwischen elektronischen und akustischen sowie lauteren und leiseren Momenten hin und her. So erfüllt es selbstverständlich die Erwartungen, welche man so gerne mit dem Begriff 'Krautrock' verbindet. Allerdings wirken die einzelnen Stücke mitunter arg aneinandergestückelt, werden oft ausgeblendet und bleiben so nicht in dem Fluss eines Ambient-Albums, den man nach dem für die LP-Box gewählten Untertitel eigentlich erwartet.
Auch werden diejenigen, denen alles 'Göttliche' irgendwie als Humbug auf den Zeiger geht, schon des Album-Titels wegen einen Bogen um „Agape – Agape Love – Love“ machen, denn schließlich setzt der Titel Menschenliebe mit Gottesliebe gleich, was schon unter sexuellem Aspekt absurd ist. Und so sieht sich der agnostische Kritiker dieser Review ebenfalls von diesem Titel nicht gerade mitgenommen und ist hocherfreut darüber, dass viele Stimm(ung)en auf dieser LP zwar eine große Rolle spielen, aber nicht in Texten, sondern Lautmalerei ihre Vollendung finden. Noch dazu wird einem angst und bange, wenn man in einer Review zu diesem Album liest: „Beides (Religion und Menschenliebe in diesem Album – T.K.) ist nicht zu trennen und das ist gut so. Hier hat der tiefe Glaube seinen musikalischen Ausdruck gefunden, und das Eine von dem Anderen zu trennen, hieße Augen auszustechen. Entweder ganz, oder gar nicht.“
Der kurze Bonustitel „Circledance“ schließt das Album nach dem einschläfernden, seinem Namen alle Ehre machenden Longtrack „Why Do I Still Sleep“ mit flotten Klavier-Gitarre-Schlagzeug-Rhythmen ab und sorgt dafür, dass man wieder aufwacht.
Als Beigabe zu diesem Album gibt es ein großes, sehr hochwertiges Schwarz-Weiß-Foto von FLORIAN FRICKE.

Absolutes Highlight der Box ist dann doch das älteste Werk „Seligpreisung“ aus dem Jahr 1973, welches als LP im Gatefold-Cover mit zwei großen Band-Fotos (eins in schwarz-weiß, das andere farbig) sowie einem LP-großen sechsseitigen Falt-Booklet als Beigaben in der Box steckt. Neben zwei ganzseitigen Fotos von Fricke gibt’s englischsprachig in dem Booklet die Geschichte von POPOL VUH und jeder einzelnen, in der Box enthaltenen LP zu lesen. Außerdem findet man zusätzlich deren komplette Diskographie sowie eine Erwähnung aller Herzog-Filmmusiken neben einem Schwarz-Weiß-Foto von WERNER HERZOG.
„Seligpreisung“ kann vom thematischen (also christlichen) wie musikalischen (verstärkt akustisch auf Klavier und Gitarre basierend) Charakter her als die unmittelbare Fortsetzung des 1972er-Vorgängers „Hosianna Mantra“ – der übrigens in der ersten 6-LP-Box enthalten ist – verstanden werden.
Auch hier gibt es wieder am Ende der LP einen Bonus-Track: „Be In Love“, gesungen von DJONG YUN, welche bereits auf „Hosianna Mantra“ sang und leider auf „Seligpreisung“, bis auf diesen Extra-Song, keine Berücksichtigung fand. Das Stück war zugleich die Single-A-Seite einer absolut raren, kurz vor „Seligpreisung“ erschienenen 7“-Single und zeichnet sich neben dem elfenhaften, fast kindlich wirkenden Gesang auch durch breit aufgestellte Streicher und Bläser aus.

Abschließend sollte wohl noch einmal gerade auch im Rahmen der beiden bisher erschienenen LP-Boxen darauf verwiesen werden, dass, während sich BRIAN ENO noch bei ROXY MUSIC abmühte, FLORIAN FRICKE mit POPOL VUH und seinem sauteuren legendären Moog III Synthesizer bereits die Tür zum progressiven Ambient aufgestoßen hatte und in diesem Falle tatsächlich der wegbereitende Pionier dieser Musikrichtung ist und nicht, wie häufig fehlerhaft angenommen, ENO oder/und FRIPP, denen man dies noch immer viel zu oft zuschreibt. Sogar der britische Ambient-Musiker ALEX PATTERSON von THE ORB, welcher ebenfalls längst selber zum Kult im Rahmen dieser Musikrichtung geworden ist, stellt unmissverständlich klar: „Vor BRIAN ENO gab es POPOL VUH und mit ihnen eine magische Reise in die Seele des Himmels.“

Und wenn man schon zu Beginn dieser Review auf ein Zitat zurückgreift, welches einen auf die Dauer von Florian Fricke (aber keinesfalls von dessen Musik) genervten WERNER HERZOG präsentiert, dann sollte man auf keinen Fall dessen Lobes-Hymne auf POPOL VUH vergessen, wenn die ihre Musik zu seinen Filmen beisteuerten: „POPOL VUHs Musik erwischt die dunklen Tiefen der Seele. Sie hat die besten Filme von mir zu dem gemacht, was sie heute sind.“

FAZIT: Mit „Vol. 2 'Acoustic & Ambient Spheres' – Vinyl Deluxe 4-LP Box“ gibt es endlich die Fortsetzung zur 6-LP-Box „Vol. 1 'The Essential Album Collection'“ von POPOL VUH. Essenziell für alle Krautrock-, Filmmusik- und Ambient-Freunde, denen nicht nur diese Band, sondern auch die bunte Vielfalt dieser Zeit – in dem Falle von 1973 bis 1987 – am Herzen liegt. Aber auch alle Christen bis hin zu Religionsfanatikern werden diese vier POPOL VUH-Alben „Seligpreisung“ (1973), „Cœur De Verre – Singet, denn der Gesang vertreibt die Wölfe...“ (1977), „Agape – Agape Love – Love“ (1983) und „Cobra Verde“ (1987) seligpreisen!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2670x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • LP 1: Cobra Verde (40:03)
  • Seite A (18:28):
  • Der Tod des Cobra Verde (4:34)
  • Nachts: Schnee (1:50)
  • Der Merktplatz (2:31)
  • Eine andere Welt (5:05)
  • Grab der Mutter (4:28)
  • Seite B (21:35):
  • Om Mani Padme Hum 4 (5:17)
  • Sieh nicht überm Meer ist's (1:24)
  • Hab Mut, bis dass die Nacht mit Ruh' und Stille kommt (9:30)
  • Om Mani Padme Hum 4 – Piano Version (5:24)
  • LP 2: Agape – Agape Love – Love (39:12)
  • Seite A (18:05):
  • Hand In Hand (2:53)
  • They Danced, They Laughed, As Of Old (4:52)
  • Love, Life, Death (1:29)
  • The Christ Is Near (3:51)
  • Love-Love (5:20)
  • Seite B (21:07):
  • Behold, The Drover Summonds (5:52)
  • Agape-Agape (4:46)
  • Why Do I Still Sleep (7:57)
  • Circledance (2:32)
  • LP 3: Cœur De Verre – Singet, denn der Gesang vertreibt die Wölfe... (37:33)
  • Seite A (16:48):
  • Engel der Gegenwart (8:18)
  • Blätter aus dem Buch der Kühnheit (4:19)
  • Das Lied von den hohen Bergen (4:11)
  • Seite B (20:45):
  • Hüter der Schwelle (3:47)
  • Der Ruf (4:43)
  • Singet, denn der Gesang vertreibt die Wölfe (4:15)
  • Gemeinschaft (3:51)
  • Earth View (4:09)
  • LP 4: Seligpreisung (34:02)
  • Seite A (14:24):
  • Selig sind, die da hungern / Selig sind, die da dürsten nach Gerechtigkeit / Ja, sie sollen satt werden (6:01)
  • Tanz der Chassidim (3:16)
  • Selig sind, die da hier weinen / Ja, sie sollen später lachen (5:07)
  • Seite B (19:38):
  • Selig sind, die da willig arm sind / Ja, ihrer ist das Himmelreich (3:13)
  • Selig sind, die da Leid klagen / Ja, sie sollen getröstet werden (3:39)
  • Selig sind, die Sanftmütigen / Ja, sie werden einst die Erde erben (2:33)
  • Selig sind, die da reinen Herzens sind / Ja, sie sollen Gott schauen (2:33)
  • Ja, sie sollen Gottes Kinder heißen / Agnus die, Agnus die (2:43)
  • Be In Love (4:57)

Besetzung:

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Interviews:
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