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Witherfall: Sounds of the Forgotten (Review)
Artist: | Witherfall |
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Album: | Sounds of the Forgotten |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Progressive Metal |
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Label: | DeathWave Records | |
Spieldauer: | 54:54 | |
Erschienen: | 31.05.2024 | |
Website: | [Link] |
Man könnte die vierte WITHERFALL-LP mit ihren Zwischenspielen und oft ausladenden Songstrukturen für ein Konzeptalbum halten, doch "Sounds of the Forgotten" ist ein sehr klassisches Songalbum, bloß die meisten Stücke einem inhaltlichen roten Faden folgen - "sich nicht von äußeren Zwängen, Menschen oder Situationen beeinflussen zu lassen", so Sänger Joseph Michael. Auf der musikalischen Ebene decken die Amerikaner ein weiteres Spektrum denn je ab (angefangen bei Tschaikowski-Zitaten über Flamenco-Einlagen bis zur jüngst erschienenen Digitalsingle 'Kings and Queens', die im Original von den Hardrock-Veteranen Aerosmith stammt) ohne ihrem angestammten Progressive Power Metal abtrünnig zu werden.
Die Platte strahlt auf allen Ebenen Autarkie und ebenjene unbeirrbare Selbstüberzeugung aus, die der Frontmann in seinen Texten ausdrückt, angefangen bei ihrer Veröffentlichung über ein Band-eigenes Label bis zu einer Produktion, die zwar absolut auf der Höhe der Zeit liegt, aber nach einem schon jetzt zeitlosen Klassiker klingt - und das Songwriting, für das die beiden Köpfe Joseph Michael (auch Sanctuary) und Jake Dreyer (Iced Earth, Demons & Wizards) verantwortlich zeichnen, erweckt einen ähnlichen Eindruck.
Witherfall wandeln souverän auf einer Linie zwischen Strukturen respektive Wendungen, die von jeher funktionieren, und unberechenbaren Twists, die genauso aufwühlen wie die emotionale Performance an sich, sowohl in Bezug auf die Instrumentalisten als auch hinsichtlich der Vocals. Dass die 2013 gegründete Gruppe, die schon zuvor mit Musikern von Weltformat außerhalb der Metal-Szene arbeitete, wie schon auf ihrem letzten Album mit Spitzen-Drummer Marco Minnemann arbeitet und mittlerweile auch den Multi-Instrumentalisten Gerry Hirschfeld (Willie Nelson, Backstreet-Boy Howie Dorough) als Keyboarder/Sänger in ihren Reihen zählt, bestätigt lediglich ihre Ausnahmestellung.
'They Will Let You Down' markiert einen idealen Einstieg: Thrash mit simplem wie effektivem Halbton-Riff lässt an die rabiaten Sachen der späten Nevermore denken, Michael wechselt mühelos zwischen Fauchen und Screams aus der Rob-Halford-Schule, während Kirchenorgel-Sounds, rhythmisch komplexe Bass-Drum-Breaks und eine dramatisch aufgezogene Bridge das kompositorische Salz in der Suppe ausmachen; ehe man sich versieht, steckt man tief mitten im Geschehen drin.
Das Doublebass-Stakkato-Ungeheuer 'Insidious' mit seinem verheißungsvollen Intro 'A Lonely Path' erinnert an Shredding-Gitarrist Rusty Cooleys Band Outworld, wirkt aber durch seine stimmungsvolle Bridge, die aus fast nichts als ruhigem Gesang besteht, nahezu Filmsoundtrack-artig. Das siebeneinhalbminütige 'Ceremony of Fire' schlägt in eine ähnliche Kerbe, bloß mit einem melancholischen Refrain, mit dem sich die Gruppe wieder (und nicht zum letzten Mal) auf Nevermores Fersen bewegt.
Die andere Seite sind Power-Balladen wie 'Where Do I Begin' mit Crimson-Glory- und Queensrÿche-Flair samt finsterem Touch gegen Ende oder das epische wie Mainstream-kompatible 'When It All Falls Away', das wiederum an vergleichbare Iced-Earth-Kompositionen gemahnt. Dreyer beweist sich als Meister melodischer Gitarrenarbeit der Spitzenklasse, und trotz aller möglichen Referenzen kann man die Musik letztendlich niemand anderem zuordnen als WITHERFALL.
Die Band steht derzeit so mustergültig wie kaum eine andere für progressiven (US-)Metal aus dem Lehrbuch, weil sie sich bei allem Wagemut nicht von egoistischen Motiven leiten lässt, sondern prinzipiell eine breite Hörerschaft anspricht - etwa auch im getragenen Titelstück mit stärkerem Keyboard-Einsatz und dem einprägsamsten Refrain des gesamten Albums oder selbst im abschließenden Longtrack 'What Have You Done' mit seinem feinfühlig eingebundenen Orchester-Zierrat. Das Stück schlägt auf den Ebenen Rhythmus und Stimmung etliche Haken, führt aber schließlich zu einem gelösten Finale mit leutselig rockigem Charakter anstelle unversöhnlicher metallischer Härte.
FAZIT: "Sounds of the Forgotten" strotzt vor großen Gesten und ist dennoch kein Blender - im Gegenteil: WITHERFALL übertreffen sich mit Album Nummer 4 selbst, indem sie zeitgenössischen Heavy Metal mit dem Besten kombinieren, was vor allem in Amerika während der 1980er und '90er für das Genre geleistet hat. Und so wie die raumgreifende Musik ein erhebendes Gefühl vermittelt, könnte auch ihre Botschaft von Weiterkommen und Beharrlichkeit kaum besser zu dem Ethos passen, das dieser Stil abseits der Extreme (Selbst-)Hass und Pseudo-Intellektualität ursprünglich verkörpert hat.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- 1. They Will Let You Down
- 2. Where Do I Begin
- 3. A Lonely Path
- 4. Insidious
- 5. Ceremony Of Fire
- 6. Sounds Of The Forgotten
- 7. Aftermath
- 8. When It All Falls Away
- 9. Opulent
- 10. What Have You Done
- Bass - Anthony Crawford
- Gesang - Joseph Michael, Gerry Hirschfeld
- Gitarre - Jake Dreyer
- Keys - Gerry Hirschfeld
- Schlagzeug - Marco Minnemann, Chris Tsaganeas
- Nocturns And Requiems (2017) - 10/15 Punkten
- A Prelude To Sorrow (2018) - 12/15 Punkten
- Curse Of Autumn (2021) - 13/15 Punkten
- Sounds of the Forgotten (2024) - 13/15 Punkten
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