Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Lost World Band: The Dawn (Review)

Artist:

Lost World Band

Lost World Band: The Dawn
Album:

The Dawn

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Progressive Rock

Label: Eigenpressung/Just For Kicks
Spieldauer: 36:28
Erschienen: 17.01.2025
Website: [Link]

„30 Jahre später unser eigenes Album zu produzieren, hat eine surreale Wirkung, das unheimliche Gefühl, in die Vergangenheit zu reisen und uns selbst dabei zuzusehen, wie wir die Musik in diesem Moment kreieren und gestalten, während wir gleichzeitig in der Gegenwart daran arbeiten.“ (LOST WORLD BAND zu „The Dawn“)

Nachdem sich die aus Russland stammende LOST WORLD BAND vor vier Jahren bereits ihr 1992er-Debüt „1992“, das bis dahin nur als Musikkassette veröffentlicht worden war, für eine unglaublich gelungene Neueinspielung unter modernsten Bedingungen vorgenommen hatte, die einfach nur als grandios zu bezeichnen ist, folgt nun unter ganz ähnlichem Aspekt die Neuinterpretation ihres ursprünglich 1996 veröffentlichten Albums „The Dawn“.
Und so viel schonmal vorweg: Auch „The Dawn“ ist erneut ein grandioses Meisterstück. Mit seinem Abwechslungsreichtum und der komplexen Verspieltheit der Band, die sich genauso in den leisen und melodiösen wie experimentell verschachtelten Passagen widerspiegelt, sollten „The Dawn“ alle progressiven Musik-Herzen zufliegen und sich dabei ganz weit öffnen.


Hier kommen die Freunde des ruhigen Wohlklangs („The Dawn“) genauso wie die der experimentellen, mitunter auf Hochgeschwindigkeit setzenden („The Flight Of The Metal Bumblebee“) und sogar symphonischen Schönheit („Paganini Blues“ - tatsächlich [Geigen-]Klassik, die in knackigen Blues übergeht!) voll auf ihre Kosten. Oh ja, hier sei auch die Behauptung aufgestellt, dass dieser „Paganini Blues“ selbst einem NIGEL KENNEDY zur Ehre gereichen würde, weil dieser ANDY DIDORENKO ein wahres Genie an der Geige ist und als Kopf hinter der LOST WORLD BAND und zugleich Komponist wie Multiinstrumentalist noch jede Menge weitere Meisterleistungen zu bieten hat.


The Dawn“ war nach dem nur auf Kassette veröffentlichten „1992“ im Jahr 1996 das erste von insgesamt drei Alben, welche die heute in Amerika beheimatete Band im Eigenverlag auf eine CD-R brannte und veröffentlichte sowie vertrieb. Viel Aufmerksamkeit konnte man damit in der Welt natürlich nicht erwarten. Leider! Doch das ändert sich ja ab sofort.

Ganz der Stimmung entsprechend, welche die fünf vokalen Songs verbreiten, erleben wir sehr lyrische Natur-Texte voller wunderschöner sprachlicher Bilder, in denen beispielsweise die „Erde in den Tränen des Regens ertrinkt“ (im epischen „The Dawn“) oder sich „die Angst kriechend in der Dunkelheit versteckt“ (im folk-proggigen, tragischen „Train To Paradise“) und der Mensch in den „Städten nur noch ruhelos verloren ist“ (in „Forevermore“ samt einem ungewöhnlichen E-Moll-Akkord).


Hierbei wurden die ehemals russische Texte ins Englische übersetzt und vom hervorragenden Sänger Brian Paley vorgetragen, der eine ungeheuer warme Stimme besitzt und damit eine ganz ähnlich Aura wie das mannigfaltig zum Einsatz kommende Flöten- wie Geigenspiel verbreitet. Erinnerungen an die fantastischen Prog-Schweden ANEKDOTEN kommen hierbei immer wieder auf.

Demgegenüber wildern die instrumentalen Stücke durch die ungebremsten und komplexesten Prog-Rhythmen, ohne sich irgendwelche Grenzen zu setzen: weiteres grandioses Beispiel ist in dieser Beziehung der mit sechseinhalb Minuten längste Track „Pterodactyl Hunt“, der sich auch bestens auf dem „Red“-Album von KING CRIMSON machen würde.


Völlig unerwartet erschlagen einen solche crimsonesken Stücke regelrecht, denn nach den romantischen Saxophon- und Flöten-Passagen zum Verlieben, die im balladesken Album-Opener „So Close To Sunlight“, der durch das kurze, atmosphärisch schwurbelige Mini-Instrumental „Majesticloud“ (direkt aus der CD-R-Originalaufnahme übernommen) eingeleitet wird, erwartet man solche Stimmungswechsel nicht, was wiederum ein wenig an die lauten Schockmomente des „Amarok“-OLDFIELD gemahnt. Daher wird es mit dem folgenden, jegliche Ruhephase davonblasenden Instrumental „Cogs Of Memory“ deutlich komplexer und progressiver. Das große Wechselspiel voller Prog-Überraschungen beginnt, wobei sich Didorenko zudem immer wieder als wahrer Teufelsgeiger beweist und die großartige Sound-Qualität dieser alten Scheibe im neuen Klanggewand das Sahnehäubchen aufsetzt, welches ganz am Ende im Titeltrack noch durch eine Trompete die letzte gelungene Überraschung bereithält. „The Dawn“ schließt so den faszinierenden Kreis von fast 30 Jahren, der mit einer CD-R begann und mit dieser digitalen Glanzaufnahme endet.


FAZIT: Im Grunde sind LOST WORLD BAND schon längst in den höchsten Prog-Olymp aufgestiegen – nur niemand scheint das zu bemerken, weil sich die meisten Blicke und Ohren der Prog-Enthusiasten leider vorrangig immer gen Westen richten. Doch diese Band kommt trotz ihres englischen Namens ursprünglich tatsächlich aus der für viele Westzeitgenossen noch immer als verloren empfundene Welt: Russland. 1991 gegründet von drei Freunden, zugleich Studenten der Moskauer Musikhochschule, ließ sich das Trio unter Federführung ihres russischen 'Teufelsgeigers' Andy Didorenko von Klassik, Pop, Folk, Prog und moderner wie traditioneller Musik inspirieren, welcher sie mit ihrer ungewöhnliche Besetzung mit elektrischer Geige und Flöte, die oft in deren Prog-Rock-Klangkosmos die Führung übernahmen und dieser so eine eigenständige, außergewöhnliche (sogar fast unvergleichliche) Ausstrahlung verliehen. Auf „The Dawn“ – dem erstmals 1996 auf einer CD-R veröffentlichten sowie nun als neu überarbeitetem und in neuen, modernen Klangfarben erleuchtenden Prog-Album – dürfen all die Stärken der LOST WORLD BAND (leider nur 36 Minuten lang) in vollen Zügen genossen werden.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 71x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Majesticloud
  • So Close To Sunlight
  • Cogs Of Memory
  • Train To Paradise
  • The Flight Of The Metal Bumblebee
  • Forevermore
  • Pterodactyl Hunt
  • Let It Pass
  • Paganini Blues
  • The Dawn

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wobei handelt es sich nicht um ein Getränk: Kaffee, Tee, Bier, Schnitzel

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!