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Interview mit Ketzer (04.03.2012)
Nach zwei Monaten haben sich bereits zwei Alben für eine Top-Platzierung in den Jahrescharts 2012 empfohlen, zumindest nach Ansicht des Verfassers. Das ist zum einen der mächtige "Deathhammer", den ASPHYX schwingen, zum anderen aber auch "Endzeit Metropolis", das zweite Album der Bergisch Gladbacher Black Thrasher KETZER. Damit übertrifft die Band nicht nur ihr schon sehr starkes Debüt "Satan's Boundaries Unchained", sondern gleich die gesamte Genrekonkurrenz. Alle Details zu diesem Meisterwerk werden im Interview erläutert.
Hallo und danke schon mal fürs Beantworten meiner Fragen. Und Glückwunsch zum neuen Album "Endzeit Metropolis", das für mich nochmal eine Steigerung gegenüber dem Debüt ist, die ich nicht unbedingt erwartet habe. Doch dazu später mehr. Zunächst: wie war die Arbeit im Studio? Mit wem und wo habt ihr aufgenommen, wie lange habt ihr gebraucht und ist alles gut gelaufen oder gab es irgendwelche Pannen oder Missgeschicke?
"Endzeit Metropolis" wurde teilweise in Eigenregie und teilweise im bayrischen "Studio E" aufgenommen, das von Markus Stock betrieben wird. Dieser dürfte einigen Lesern nicht nur von seinen Bands THE VISION BLEAK und EMPYRIUM bekannt sein, sondern auch durch seine langjährige Tätigkeit als Produzent. Uns hat vor allem seine Arbeit auf den letzten beiden SECRETS OF THE MOON Alben dazu bewegt, sein Studio zu wählen. Markus ist fachlich ein absoluter Könner und auch menschlich hat die Kombination eine kreative Arbeitsatmosphäre geschaffen. Da die Zeit im Studio durch die laufenden Kosten begrenzt ist, haben wir eine Hälfte des Albums in Eigenregie produziert. So war es uns möglich, zwei Monate lang intensiv an dem Album zu arbeiten, ohne mangels Zeit Abstriche an der Qualität machen zu müssen. Nur so konnten wir unserer Liebe zum Detail gerecht werden, was uns äußerst wichtig war, da wir kein Interesse daran haben, Alben aufzunehmen, bei denen man schon nach dem dritten mal Hören nichts mehr zu entdecken hat. Die Drum-Aufnahmen, sowie Mixing und Mastering wurden in Zusammenarbeit mit Markus im Studio ausgearbeitet.
Hattet ihr musikalisch eine Zielsetzung für das neue Album? Mit welchen Vorsätzen seid ihr an das Songwriting und später dann an die Aufnahmen gegangen? Oder habt ihr keine bestimmten Ziele definiert sondern einfach drauf los gearbeitet und geguckt, was dabei herauskommt?
Wir hatten keine konkrete "Zielsetzung" in dem Sinne, dass wir in eine bestimmte stilistische Richtung gehen wollten. Neue Elemente zu integrieren war dagegen eine bewusste Entscheidung. Wir wissen, was wir wollen und was nicht – und wir haben nicht vor, in einem so frühen Stadium bereits in unserer Entwicklung zu stagnieren. Es gibt einige Bands, denen das passiert – meistens ist das Feuer dann aus. Unser Feuer wurde erst entzündet.
Wenn ich das Debüt und das neue Album in wenigen Worten vergleichen müsste, würde ich sagen, dass "Endzeit Metropolis" schwarzmetallischer und anspruchsvoller geworden ist. Würdet ihr das so unterschreiben? Und wenn ja, war das auch die Intention? Wo seht ihr selber Unterschiede?
Du hast Recht! Wie schon erwähnt war das Einbringen von Black Metal Elementen keine Intention, sondern eher Zufall. Es ist nicht so, dass wir bewusst mehr in Richtung Black Metal gehen wollten. Grundsätzlich kann man sagen, dass "Endzeit Metropolis" durchdachter ist, was nicht nur an der allgemeinen Weiterentwicklung von KETZER liegt, sondern auch an dem noch größeren Zeitaufwand, der für das Songwriting aufgebracht wurde.
Was ich besonders geil finde und was euch von der Konkurrenz deutlich abhebt, sind die Arrangements eurer Songs. Auf der einen Seite sind die Songs straight und eingängig genug, dass sie schnell zünden, auf der anderen Seite sind sie mit vielen Details gespickt, die dafür sorgen, dass die Songs niemals stumpf wirken. Ich denke da an kurze, aber höchst effektive Breaks, interessante Rhythmus- und Tempovariationen oder auch so was wie ein kurzes Bass-Solo. Habt ihr so was wie einen Arrangeur, der solche Ideen einbringt oder sind das Sachen, die sich im Proberaum "von alleine" entwickeln?
Unser Gitarrist Executor schreibt so gut wie alle Riffs und Arrangements – insofern entstehen die Lieder nur zum Teil im Proberaum. Beim Einproben der Songs bringt allerdings jeder seine Ideen ein, wodurch dem Song der letzte Schliff gegeben wird. Wir feilen lange an den jeweiligen Liedern, bis alles perfekt aufeinander abgestimmt ist. Gerade bei unserem neuen Album "Endzeit Metropolis" war dies ein sehr langer Prozess, der sich aber definitiv gelohnt hat!
Eure Musik wirkt wesentlich professioneller als vieles anderes, was unter dem Begriff Black Thrash Metal firmiert. Habt ihr an euch selber den Anspruch, gute Musik in dem Sinne, dass ihr dem Hörer etwas Besonderes bietet, das mehr ist, als coole Riffs und eine düstere Atmosphäre, zu machen?
Unser Anspruch an uns selbst ist sehr hoch: Wir versuchen, mit der Musik eine Welt zu erschaffen, in der sich der Hörer gerne verliert – so wie wir es auch tun. Deshalb liegt uns sehr viel daran, viel in die Musik zu stecken und durch bestimmte Elemente besondere Momente zu schaffen. Dabei ist es uns wesentlich lieber, eine einzige Person wirklich zu erreichen als eine Gruppe von vielen Personen bloß zu streifen. Grundsätzlich ist der Grund, warum wir gerade diese Musik spielen, sehr einfach: Es ist die Musik, die wir im Moment spielen wollen.
Der Albumtitel "Endzeit Metropolis" ist schwer zu greifen. Das Wort "Metropolis" selber ist eher abstrakt und kann sich auf viele Dinge oder Orte beziehen, in erster Linie denkt man aber wohl an den Film von Fritz Lang. Wie seid ihr auf den Songtitel, der dann auch zum Albumtitel wurde, gekommen, was verbirgt sich dahinter? Ist die Endzeit, die ihr besingt, bereits angebrochen?
Auf den Film von Fritz Lang bezieht sich "Endzeit Metropolis" nicht obwohl der Film natürlich ein Meisterwerk ist. Die Endzeit ist nicht als konkreter Zeitpunkt, sondern als Gefühl zu verstehen. Stell dir vor, du gehst durch eine Metropole, die voll von Prunk und Dekadenz ist, ihren evolutionären Scheitelpunkt jedoch längst überschritten hat. Auf den prachtvollen Boulevards sind Einschusslöcher in Kopfhöhe, der Champagner fließt in Strömen, obwohl die Straßen brennen. Hintergrund des Textes ist eine Reise in die Stadt Budapest, die wunderschön ist, aber die Spuren ihrer Geschichte nicht verbergen kann. Es gibt noch viele andere Orte auf der Welt, die uns zeigen: Die Endzeit ist schon lange angebrochen.
Folgt das Album textlich einem gewissen Leitfaden? Der Albumtitel jedenfalls impliziert viel mehr einen bestimmten Hintergrund, als es bei "Satan’s Boundaries Unchained" der Fall ist.
"Endzeit Metropolis" ist kein Konzeptalbum, es gibt allerdings tatsächlich einen roten Faden, der sich durch das ganze Album zieht. Würde man "Endzeit Metropolis" in wenigen Worten beschreiben, so wären das: Ästhetik, Macht, Dekadenz, Auflösung.
Das Album sollte ursprünglich "Aesthetics And Ecstasy" heißen. Warum seid ihr von diesem Titel wieder abgerückt?
"Endzeit Metropolis" ist visuell stärker umsetzbar, sowohl live als auch Artwork-technisch. Das ist bei "Aesthetics and Ecstasy" nur bedingt der Fall, da der Text sehr abstrakt ist.
Die Songtitel auf dem neuen Album wirken im Vergleich tiefgründiger und weniger plakativ, als beim Debüt. Ist das der Fall? Haben die neuen Texte eine tiefere Bedeutung oder sind sie einfach nur subtiler als zuvor?
Die Texte auf unserem Debutalbum als plakativ zu bezeichnen, ginge zu weit. Sie sind allerdings definitiv "greifbarer" als die neuen Texte. Die Lyrics von "Endzeit Metropolis" werden den, der sich mit ihnen ernsthaft befasst, zum Nachdenken anregen. Denn natürlich haben sie eine tiefe Bedeutung, die sich allerdings für jeden anders erschließen kann, was auch gut so ist.
Sind die Texte allgemein bei euch Ausdruck einer bestimmten Philosophie, einer bestimmten Lebenseinstellung oder sind sie einfach nur ein Teil der Musik? Die Frage ist dahingehend gemünzt, dass es heutzutage vermehrt Bands gibt, deren Texte eben nicht nur zur Corporate Identity gehören, sondern die eben dem Glauben oder der Lebenseinstellung entspringen. Ist das bei KETZER der Fall?
Die Texte folgen weder einer bestimmten Philosophie, noch einem Dogma oder einer Lebenseinstellung. Eher einem gewissen Gefühl oder einer Inspiration, die von überall kommen kann. Die Texte bilden das Leben als subjektive Erfahrung ab und sind dadurch vor allem eins: ehrlich.
Die von mir vermutete stärkere Tiefgründigkeit wird meiner Meinung nach auch im Cover deutlich. Ich nehme an, das ist genauso ein Teil des Konzepts hinter "Endzeit Metropolis"?
Das Cover "ist" der Text, in visualisierter Form. Und für uns, wie auch schon auf der "Satan's Boundaries Unchained", ein Mittel um die Atmosphäre der Musik und des Albums auszudrücken.
Euer erstes Album ist ziemlich gut angekommen und hat dazu geführt, dass ihr mit NACHTMYSTIUM getourt seid (da habe ich euch in Essen gesehen) und auf großen Festivals wie dem Rock Hard Festival (da war ich auch dabei) oder dem Party.San Open Air spielen konntet. Habt ihr dabei Erfahrungen sammeln können, die euch als Band weiter geholfen haben? Wenn ja, welche?
Mit NACHTMSTIUM haben wir nicht getourt, sondern lediglich ein Konzert in Essen gespielt! Auf Tour waren wir im April mit BAPHOMET'S BLOOD und WITCHUNTER aus Italien. Alle genannten Shows waren eine sehr positive Erfahrung. Vor allem die Festival waren ein wichtiger Schritt hin zu mehr Professionalität. Ein Vorteil an diesen Festivals ist schlichtweg der Platz den du auf der Bühne hast. Bei Club Gigs ist es oft nicht möglich die Seite zu wechseln, doch bei den Festivals kannst du die ganze Bühne ausnutzen.
Was waren denn so die besten Erlebnisse, die ihr bei diesen Shows hattet? Welche sind euch besonders gut in Erinnerung geblieben und warum?
Da gab es sicherlich einige. Auf der Tour gab es einige denkwürdige Momente, von denen nicht alle in die Öffentlichkeit gehören. Besonders angetan waren wir von den Fans in Polen, die einfach total eskaliert sind und uns dazu gebracht haben in alter THE-WHO-Manier die halbe Bühne zu verwüsten.
Hat euch der erste Erfolg, den ihr hattet, überrascht? Oder habt ihr das gar nicht als Erfolg wahrgenommen?
Da wir sehr hart an unserem Debüt gearbeitet haben und selber nach wie vor 100% zufrieden damit sind, haben wir natürlich eine gewisse Resonanz erwartet. Mit diesem Ausmaß hätten wir allerdings nicht gerechnet. Es hat uns viele Türen geöffnet und Verbindungen zu Personen geschaffen, die uns unterstützt haben.
Warum seid ihr eigentlich bei Iron Bonehead / NecroShrine gelandet? Ich hätte eher vermutet, dass bei euch schon größere Labels angeklopft haben. War das nicht der Fall?
Es gab Anfragen von großen Labels, aber wir haben uns entschieden, dass uns mehr an persönlichem Kontakt und Hingabe liegt als an einem großen Namen und finanziellen Mitteln. Eine zusätzliche Entscheidungshilfe war die von Iron Bonehead organisierte eben erwähnte Europa Tour, welche vom Label vorbildlich organisiert wurde! Auch bei der Arbeit an "Endzeit Metropolis" hätten wir uns keinen besseren Labelpartner wünschen können.
Habt ihr Ziele, die ihr mit Ketzer verwirklichen möchte, die über Alben aufnehmen und ab und zu mal touren hinausgehen? Oder seid ihr wie viele andere der Meinung, dass es heutzutage schon Ziel genug ist, als Band überleben zu können ohne sich dabei selber finanziell zu ruinieren?
Von unserer Musik zu leben ist, seit dem wir 12 Jahre alt sind, ein immer präsentes Ziel für uns. Dem versuchen wir stets so nah wie möglich zu kommen. Derzeit ist es uns wichtig, "Endzeit Metropolis" möglichst vielen Leuten zu präsentieren. Das wird ein weiterer Schritt.
Gibt es schon Tourpläne, die über die Release Show in Essen hinaus gehen? Hättet ihr Wunschbands, mit denen ihr gerne touren würdet? Ein Package mit DESASTER, die ja auch ein neues Album veröffentlichen, wäre naheliegend, oder?
Es sind einigen Gigs und Festivals geplant. Zugesagt haben wir unter anderem für das Deathkult Open Air und das Hell's Pleasure Metalfest. DESASTER wäre auf jeden Fall musikalisch und auch persönlich ein Wunschpartner. Konkret geplant ist in der Richtung aber bisher noch nichts.
Danke fürs Beantworten meiner Fragen, alles Gute und viel Erfolg mit dem neuen Album.