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The Tangent: Le Sacre Du Travail (Review)

Artist:

The Tangent

The Tangent: Le Sacre Du Travail
Album:

Le Sacre Du Travail

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock

Label: Inside Out / EMI
Spieldauer: 73:14
Erschienen: 21.06.2013
Website: [Link]

"The Rite Of Work" beziehungsweise "An Electric Sinfonia by Andy Tillison" untertitelt bezieht sich mit seinem französischen Namen auf Strawinskys "Sacre Du Printemps", mit dem sich der Komponist 1913 selbst adelte. Andy Tillison möchte dies nun vermutlich in der Moderne mit einem Konzeptwerk über den kleinen Jedermann machen, der tagein, tagaus seinen Job verrichtet, um zu überleben.

Was sich zunächst einmal wie eine Kritik am kapitalistischen Zeitgeist liest, bleibt inhaltlich relativ unverbindlich, zum THE TANGENTs Musik ohnehin zu hell schillert, als dass man zwanghaft auf die Texte schielen müsste. Der kompositorische Kopf hat zum großen Wurf ausgeholt und ein symphonisches Gesamtwerk erschaffen, das zu keinem Augenblick schwer verdaulich wird. Dem narrativ einleitenden ersten Satz des Stücks folgen das Erwachen des Arbeiters am Morgen und das Ranklotzen bis zum Nachmittag auf einerseits Soundtrack-hafte Weise (Umweltgeräusche); andererseits steht das niemals überladene Songgebilde - immerhin über 20 Minuten lang - an sich im Brennpunkt. So ließen sich die Gesangspassagen ob ihrer Melodik immerzu mitsingen, egal wie der Text lautet, gleichwohl Tillison auch weiterhin den Geschichtenerzähler mimt und orchestrale Arrangements einflicht. Das beschwörende "crawling, marching"-Hook im ersten Drittel erzeugt eingedenk der dissonanten Keyboards eine dicke Gänsehaut, doch THE TANGENT spielen mit den Gefühlen des Hörers, schicken ihn durch harmonische Auflösungen und stilistischen Wankelmut (auf einmal scheint die EAGLES-Sonne) auf die sprichwörtliche Achterbahnfahrt, während der man - umso mehr im knappen Instrumental "A Voyage Through Rush Hour" an Filme wie Michael Douglas' "Falling Down" denkt.

Im unwesentlich kürzeren "Afternoon Malaise" spielt Theo Travis seine Trümpfe als Bläser aus, nachdem das klassische Intro noch ein Nachsatz des vorigen Tracks zu sein schien. Der Longtrack ist erstaunlich liedhaft ausgefallen und verfügt dank seines den frühen YES in nichts nachstehenden Rhythmus-Korsetts sowie durch Tillisons durchgängig zudringliches Keyboardspiel über eine hohe Eingängigkeit, selbst während des jazzigen Mittelteils. Auf die gleiche Weise greifen die "nur" 13 Minuten des Finales "Evening TV" den Hörer an: Tillison singt mit zynischem bis bedauerndem Ton, gleichzeitig da die Band aufbraust wie selten. Synthesizer-Jubel im Sinne der britischen Altmeister, ausladende Gesangs-Arrangements und dennoch eine Luftigkeit, die bei aller Schwere des Themas kaum zu fassen ist. In seiner Gesamtheit erweist sich "Le Sacre Du Travail" als krampfloser Geniestreich und bislang wirklich bestes Werk von THE TANGENT.

Bleiben noch die drei Boni, ein Zeugnis der unfassbaren Kreativität des Bandkopfes. Wo etwa Roine Stolt immer schnell in schulmeisterliche Fusion-Gefilde abdriftet, beweist Tillison mit dem halbakustischen Jazz-Schleicher "Muffled Epiphany", dass man solche Grenzgänge auch zugänglich und dennoch spielerisch beeindruckend (man lausche dem Bass und den Drums) umsetzen kann. "Hat" ist danach genau das, was in Klammern hinter dem Titel steht: ein temporeicher Punksong (!), mit dem der Mainman seiner frühen Wurzeln gedenkt, ehe die beschnittene Version des letzten Stücks der Suite quasi dessen Essenz ohne die ruhigen Parts verdichtet - warum, fragt man sich in Anbetracht der Stringenz des Materials.

FAZIT: Monstersongs für eine Monsterscheibe von einem Monster von einer Prog-Band. Während sich alle zu Recht über Steven Wilsons aktuelles Hoch freuen, sollten sie unbedingt auch Andy Tillison ein Ohr leihen, denn der steht mit THE TANGENT gerade im vollen Saft und hat mit "Le Sacre Du Travail" eine Großtat abgeliefert, die ähnlich klassisch klingt, aber auch ohne avantgardistische Genre-Erneuerung frisch wie relevant. Hut ab!

Andreas Schiffmann (Info) (Review 5168x gelesen, veröffentlicht am )

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13 Punkte
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Tracklist:
  • 1st Movement: Coming Up On The Hour (Overture)
  • 2nd Movement: Morning Journey & The Arrival
  • 3rd Movement: Afternoon Malaise
  • 4th Movement: A Voyage Through Rush Hour
  • 5th Movement: Evening TV
  • Muffled Epiphany
  • Hat (Live at Mexborough School 1979)
  • Evening TV (Radio Edit)

Besetzung:

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