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Burzum: The Land of Thulê (Review)

Artist:

Burzum

Burzum: The Land of Thulê
Album:

The Land of Thulê

Medium: Download
Stil:

Thulean Chill Out

Label: Byelobog Productions
Spieldauer: 42:11
Erschienen: 06.05.2024
Website: [Link]

Vorwort:

Seit seinem Mord an Øystein "Euronymous“ Aarseth im Jahr 1993 gilt Kristian "Varg" Vikernes (mittlerweile: Louis Cachet) vielen als persona non grata, über die am Besten nicht geschrieben werden sollte. Seine zahlreichen rassistischen Aussagen in den folgenden Jahrzehnten haben an diesem unrühmlichen Status nichts zum Besseren gewendet.

Dabei besteht selbst bei radikalen Gegnern seiner Weltanschauung kaum Zweifel am gewaltigen Einfluss von Vikernes‘ Projekt BURZUM auf den Nordischen Black Metal der Neunziger Jahre, der bis heute Musiker und Fans in aller Welt fasziniert wie inspiriert, und mittlerweile von einer neuen Generation tradiert und weiterentwickelt wird. "Ich denke, manchmal müssen wir uns mit der Tatsache abfinden, dass schreckliche Menschen immer noch wertvolle Kunst erschaffen können", erklärt Mordran vom gleichnamigen Black-Metal-Projekt im Interview mit Musikreviews.de. Der in Schweden lebende Spanier begreift seine Musik sowohl als dezidiert antifaschistisch als auch vom BURZUM-Album "Filosofem" beeinflusst – und so ähnlich geht es wohl einer Vielzahl von Menschen, die sich von der Musik und der sie umgebenden Ästhetik angezogen, jedoch von politischen Äußerungen des Menschen dahinter abgestoßen fühlen.

Nicht jeder kann oder möchte zwischen der Musik und dem Menschen trennen. Auch im Team von Musikreviews.de gibt es unterschiedliche Einschätzungen und Umgangsweisen mit solchen Herausforderungen. Einig sind wir uns allerdings darin, menschenverachtende Inhalte nicht verharmlosen oder bagatellisieren zu wollen. Rassismus gehört klipp und klar benannt und geächtet. In der Musik von BURZUM auf "The Land of Thulê" spielt er (soweit mir bekannt) keine Rolle.

Review:

Frei nach "Ronja Räubertochter" lautet die Frage schlicht: Wiesu denn bluß? Und das dazugehörige Fragezeichen wirft einen gewaltigen Schatten auf die in Sonnenlicht getauchte Szenerie auf dem Cover des neuen BURZUM-Albums "The Land of Thulê".

Längst vorbei ist es mit nachtschwarzen Pest-Gestalten oder trollischer Aufruhr in der Dämmerung aus der Feder Theodor Kittelsens, stattdessen strahlt der im grünen Waldesgrund schlummernde, seine Schätze hütende Drache des Märchenmalers etwas vergleichsweise Friedliches aus, und es mag kaum verwundern, dass die Musik sich an diese Stimmung anschmiegt.

Varg Vikernes hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten als Autor von Ratgebern wie "Spell Of Destruction – so zerstöre ich mein schwarzmetallisches Lebenswerk" und Reiseführern wie "Von Ost nach West: Mit dem Lada Niva zu den schönsten Outdoor-Spielplätzen im alten Europa" einen Ruf jenseits herkömmlicher Kategorien erarbeitet, und wer sich mit seinen Schriften näher auseinandersetzt, dem bleibt wohl kaum verborgen, dass der Wegbereiter des monolithischen Black Metal in einer ganz eigenen Welt lebt, aus welcher er uns unter eigenen – wenn es politisch wird: oft rassistischen – Vorzeichen berichtet.

Mit "The Land of Thulê" nähert sich der notorische Widerporst jener Ausdrucksweise an, die ihm einst weit über die norwegischen Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit bescherte – und die er zwischenzeitlich theoretisch wie praktisch ablehnte und überwand. Mit dem Black Metal der frühen Neunziger hat BURZUM (NEW) allerdings am ehesten noch die radikal weltabgewandte Selbstversunkenheit gemein, während die musikalischen Selbstzitate fragmentarisch an der Oberfläche zu kratzen scheinen, und in der Ausführung ziemlich vieles von dem missen lassen, was Ausnahme-Produzent Pytten anno dazumal verdichtete.

"The Magic Of The Grave" fängt die Schlummer-Stimmung des Covers perfekt ein: Noch entspannter können die Akkordfolgen wohl kaum auf der E-Gitarre gespielt werden, und dennoch – und das ist typisch BURZUM / Vikernes – entwickeln sie über acht Minuten hinweg etwas Hypnotisches. Natürlich (?!) wird nicht mehr gekeift oder geschrien – aus dem Alter ist Varg raus. Dass beim nächsten Track "The Hidden Name" das Tempo angezogen und das Schlagzeug wie vor einigen Jahrzehnten nahezu gedroschen wird, überrascht in der Folge, die Tempovariation nach einigen Minuten gelingt hörenswert. Atmosphäre mit primitivsten Mitteln bewirken? Ja, das Talent hat der Norweger nicht verloren, der seine Texte gelegentlich im Flüsterton vorträgt – und sogar lachen kann. Das auf einer schlichten Klaviermelodie aufbauende "The Nature Of The Gods" erinnert dank seiner Melancholie und Vikernes‘ stoischer Vortragsweise an das einst in Stavanger beheimatete Projekt Penitent.

Einlullend hypnotisch ertönen in "The Call Of The Kraken" wenige Gitarrenakkorde wieder und wieder, und auch hier grummelt der Rollenspiel-Fan etwas vor sich hin oder flüstert geheimnisvoll. Das ist nicht despektierlich gemeint, sondern entspricht schlicht und einfach den Tatsachen. Das letzte Lied führt uns "Beyond The Gate", doch eine Einladung zum fast namensgleichen Festival in seine Heimatstadt an der norwegischen Küste muss Vikernes nicht befürchten, gleichwohl auch hier so etwas wie ein Echo schwarzmetallischer Monotonie vermutet werden kann.

Kein Zweifel, "The Land of Thulê" ist durchweg anzuhören, welcher alte traurige (?) Geist dahintersteckt, denn einen Wiedererkennungswert hat sich der Norweger vor allem mit seinem prägnanten Gitarrenspiel bewahrt, doch gleichwohl ich nicht jede Neuerung im Klanggewand von BURZUM kritisieren möchte, klang dieses Album für mich zunächst wie eine Aneinanderreihung verschenkter Möglichkeiten, die bei abenteuerlustigen Fans seiner Frühwerke das Kopfkino anregen dürfte: Wie würde die Musik wohl klingen, wenn Vikernes mit einem Feuereifer wie vor 30 Jahren zu Werke ginge…?!? Ich brauchte eine Weile, um anzuerkennen, dass die neuen Lieder eine eigene – entspannende – Qualität haben, wenn sie nicht zwanghaft mit den Klassikern verglichen werden.


Einige Tage nach der digitalen Erstveröffentlichung taucht "The Land of Thulê" nicht in den als "Metal Archives" bekannten Seiten der Encyclopaedia Metallum auf – angesichts des Status‘ von BURZUM ein Hinweis auf die geringe metallische Substanz. Wer also statt Schlummermusik hören möchte, wie leidenschaftlich die Glut unter der Asche von Vikernes‘ Klassikern angefacht werden kann, der möge sich der "Bergwocht"-EP von Karner widmen, auf welcher die Österreicher "Jesu Død" mit großem Elan und musikalischer Raffinesse darbieten.

FAZIT: Musikalisch wiedererkennbar, doch ohne die aufrührerische Wucht und Wut der Jugend ein schwarzmetallischer Schatten seiner selbst, spiegelt "The Land Of Thulé" den steten Heimgang von BURZUM auf dem Weg alles Irdischen. Immerhin: Varg bleibt seinem traditionalen Stil treu, ohne sich als mittelalter Mann auch nur ansatzweise zu verausgaben, sondern geht es gemütlich an, und erzeugt mit überschaubaren Mitteln eine für manche wohl einladende Atmosphäre. Wenn dem Album darüber hinaus irgendetwas Positives abgerungen werden kann, dann vor allem die Verdeutlichung, wie unantastbar die Black-Metal-Klassiker von BURZUM (old) bleiben – ganz zur Freude von Wilddruden und Graugnomen, die in den ewig rauschenden Wäldern verweilen und das Sonnenlicht weiterhin scheuen.

Thor Joakimsson (Info) (Review 4137x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • The Magic of the Grave
  • The Hidden Name
  • The Nature of the Gods
  • The Call of the Kraken
  • Beyond the Gate

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Bernd
gepostet am: 28.05.2024

User-Wertung:
15 Punkte

Ich bin mit Burzum aufgewachsen und nun i im selben Alter wie Varg. Ich find es gut, dass er die Gitarre nochmal in die Hand genommen hat. Die Melancholie der Songs dürfte sich nur Fans selben Alter erschließen, die in der zweiten Lebenshälfte diese Art von Botschaft deuten können.
Sven
gepostet am: 02.08.2024

Warum steht auf dem Album Burzum ( NEW )????
Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

Die "radikal weltabgewandte Selbstversunkenheit" macht dieses Album endlich mal wieder zu etwas besonderem, magischen. The Land of Thulê ist ein Meisterwerk das sich rein musiklaisch nicht erfassen lässt. Es entzieht sich jeglicher weltlicher Eingränzung und lässt sich demzufolge auch nur von ein weltabgewandten Geist erschaffen.
Dieses Album zelebriert in jeder einzelnen Note mehr Intensität, als es auf 99 % der neuen, modernen Black Metal Alben zu vernehmen ist. Ein absolut zeitloses Werk, dass erst nach dem Ableben des Künstlers wirklich gewürdigt wird. Aber genau das macht ja viele Meisterwerke aus.
Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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15 Punkte

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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15 Punkte

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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15 Punkte

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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Trelldom
gepostet am: 03.09.2024

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15 Punkte

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gepostet am: 03.09.2024

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myroc@e.mail.de
gepostet am: 03.09.2024

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myroc@e.mail.de
gepostet am: 03.09.2024

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myroc@e.mail.de
gepostet am: 03.09.2024

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El Molzo
gepostet am: 09.11.2024

User-Wertung:
1 Punkte

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El Molzo
gepostet am: 09.11.2024

User-Wertung:
1 Punkte

Die "radikal weltabgewandte Selbstversunkenheit" macht dieses Album endlich mal wieder zu etwas besonderem, magischen. The Land of Thulê ist ein Meisterwerk das sich rein musiklaisch nicht erfassen lässt. Es entzieht sich jeglicher weltlicher Eingränzung und lässt sich demzufolge auch nur von ein weltabgewandten Geist erschaffen.
Dieses Album zelebriert in jeder einzelnen Note mehr Intensität, als es auf 99 % der neuen, modernen Black Metal Alben zu vernehmen ist. Ein absolut zeitloses Werk, dass erst nach dem Ableben des Künstlers wirklich gewürdigt wird. Aber genau das macht ja viele Meisterwerke aus.
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