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Traumjob Musiker?

23.04.2010

Gerade bei jungen Bands ist es eine beliebte Interviewfrage: "Ist es ein Traum, irgendwann mal von der Musik leben zu können?" Die Antwort dürfte klar sein, wohl kaum ein Musiker würde da wohl ernsthaft behaupten, dass dem nicht so sei. Der Realist unter den Musikern wird aber im gleichen Atemzug sagen, dass dieser Traum genau das bleiben wird, nämlich eine Wunschvorstellung.

Heutztage scheint es in der Tat so zu sein, dass nur noch die ganz Großen im Musikbusiness wirklich in der Lage sind, neben der Tätigkeit als Musiker keinen Job ausüben zu müssen, um den täglichen Lebensunterhalt zu verdienen. Alle anderen müssen arbeiten gehen, nicht nur, um den Kühlschrank zu füllen, sondern inzwischen auch, um das Hobby, nämlich professionell Musik zu machen, finanzieren zu können. Riesige Vorschüsse von Plattenfirmen darf man nicht unbedingt erwarten, vor allem nicht im sogenannten Indie-Bereich. Selbst dann nicht, wenn man bei einem verhältnismäßig namhaften Label unter Vertrag steht. Durch meine Tätigkeit als hobbymäßiger Musikschreiberling habe ich mich in den letzten drei Jahren mit so manchem Musiker und Musikmedien-Mensch unterhalten dürfen und dabei kam man fast zwangsläufig immer wieder auf die verwandten Themen Geld, Plattenverkäufe und natürlich auch illegale Downloads zu sprechen.

Bei diesen Gesprächen erfuhr man dann auch Dinge, die man sonst nirgends zu lesen und zu hören bekommt, wohl auch aus gutem Grunde. Oder ist jedem klar, dass schon eine relativ niedrige dreistellige Anzahl von Plattenverkäufen reichen kann, um in den Top 100 der deutschen Albumcharts zu landen? Von über 1000 verkauften Alben kann jedenfalls so mancher Künstler bspw. aus der schwarzen Szene nur träumen. Und das Urgesteine der deutschen Szene nur mit Ach und Krach ihre 40 m2-Wohnung bezahlen können, ist ebenfalls eine Tatsache, die vor allem eines ist: erschreckend. Da ist natürlich Ursachenforschung angesagt und wenn ein Musiker und Produzent wie Jan L. überlegt, keine Platten mehr zu machen, weil das Verhältnis aus illegalen Downloads und CD-Käufen dermaßen ungleich ist, dass man seine Musik auch gleich kostenlos verteilen könnte, dann spricht das Bände.

Doch auch in der Metalszene wird das illegale Downloaden fleißig angeprangert und so manche Band amüsiert mit ihrem rigorosen Vorgehen gegen solche Schwerverbrecher eher, als dass sie wirklich effizient ist. Dabei stelle ich mir eh die Frage, was der Unterschied zwischen dem Tapetrading der 80er und dem Filesharing von heute ist. Und dann liest man plötzlich so etwas in der Online-Ausgabe des Stern zum neuen Avantasia-Album: "Es ist noch nicht so lange her, da galt Heavy Metal als das schmuddelige Kellerkind im Musikgeschäft. Mal abgesehen von Konsens-Krachmachern wie Guns N'Roses oder AC/DC, zu denen heute auch Freiherren wie Karl-Theodor zu Guttenberg ihren adeligen Gel-Kopf schütteln, genossen die Schwermetaller den zweifelhaften Ruf, Soundtracklieferanten für biertrinkende Verlierer zu sein. Dabei ging und geht ein wenig unter, dass der Beinhart-Rock zuverlässig Millionenumsätze macht und eines der wenigen krisenresistenten Musikgenres ist. Das sollte Selbstbewusstsein schaffen." Ja, was denn nu? Goldene Nase oder Bettelstab?

Die Wahrheit liegt - wie immer eigentlich - vermutlich dazwischen. Natürlich gab es Zeiten, in denen Bands mehr Platten verkauft haben, als in den letzten drei Jahren. Wobei so mancher Musiker auch zugibt, dass die Verkäufe in den seligen 80ern auch nicht viel besser waren und man seit jeher auf Tour mehr verdient hat, als am Tresen des Plattenladens. Aber gerade in der Metalszene und zu großen Teilen sicherlich auch in der schwarzen Szene gibt es zahlreiche Musikfans, die ihren Bands jahrelang die Treue halten und deren Produkte auch kaufen. Weil die Wertschätzung da ist, weil man nicht nur Files, sondern etwas "zum Anfassen" haben will, weil man ein Cover nach Details absuchen und Texte mitlesen will, und und und. Spricht eigentlich wirklich was dagegen, wenn man sich mit Hilfe des Internets über neue Bands informiert, auch mal ein Album von einem Filehoster lädt und im Falle des Gefallens dann die CD doch selber kauft? Oder auf ein Konzert dieser Band geht? Und dort womöglich auch noch Merchandise kauft? Könnte es rein theoretisch sein, dass so mancher Fan erst über einen Blog auf so manche Band aufmerksam geworden ist, die er sonst vielleicht so schnell nicht kennengelernt hätte? Es gibt Musiker, die überhaupt nichts dagegen haben, wenn ihr Album kostenlos zu bekommen ist - weil sie eben wissen, dass der wahre Musikliebhaber auch oft noch einen Schritt weiter geht.

Das ganze Business befindet sich seit Jahren im Umbruch, auch marketingtechnisch. Das bekommt jeder zu spüren. Zum Beispiel der Metalhead, der sich ein einziges Mal per Torrent ein Pop-Album herunterlädt, erwischt wird und 1.200 € Strafe zahlen muss. Natürlich auch die Musiker, die ganz sicher in erster Linie. Die Plattenfirmen auch, vor allem die, die jede Entwicklung genüsslich verschlafen und sich dann wundern, dass sie plötzlich pleite sind. Aber es gibt auch jene, die mit offenen Augen durch die Welt und durch das Netz gehen und die dann versuchen, über andere Wege ihr Geld zu verdienen. Ein Trent Reznor (Nine Inch Nails) ist da nur eines von vielen guten Beispielen. Man kann auch heute noch Geld als Musiker verdienen, nur ist das aus vielerlei Gründen weitaus schwieriger, als vor 30 Jahren. Dem sollte sich jeder bewußt sein, der eine Gitarre in die Hand nimmt. Es bedarf jeder Menge Glück, Talent und Gespür, um nachhaltig Erfolg zu haben. Und wenn das alles nicht klappt, so ist die Musik immer noch ein tolles Hobby. Und so wird es für die allermeisten wohl ein Traum bleiben, in einer Rockstarvilla zu leben und sich in der Stretchlimousine von Konzerthalle zu Konzerthalle kutschieren zu lassen...

Andreas Schulz (Info)