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Interview mit Sylencer (23.11.2012)

Sylencer

Erfährt man im Interview mit Markus und Johnny die Hintergründe zur Entstehung ihres gemeinsamen Album-Einstands, wird vieles klarer und die Achtung vor den beiden fanatischen Metalheads umso größer - aber lest selbst ...

Markus, erzähl ein wenig über dich, bitte.

Da gibt es nicht viel zu sagen; ich habe mir vor rund 15 Jahren das Gitarrespielen selbst beigebracht, bin mit skandinavischen Wurzeln in Chicago geboren und aufgewachsen.

Und du Johnny? Wie sah dein Werdegang vor SYLENCER aus?

Auch nicht viel aufregender. Ich ging wie Markus aufs College, machte den Abschluss und arbeite, wo immer man mich einstellt, haha! Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt sind hier drüben ziemlich am Boden, also ist man nicht eben wählerisch. Da dieses Debütalbum seit 2006 in der Mache war, galt es manchmal, hart zu kämpfen, aber die Musik war es wert.

Bezieht sich der Titel des Albums darauf, dass wir Menschen dazu neigen, unangenehme Wahrheiten zu verdrängen?

Es geht um mehr als nur darum, die Wahrheit zu ignorieren, aber du hast schon Recht: Sie ist hin und wieder schwer zu schlucken und leichter zu verdrängen als zu akzeptieren. Heutzutage hat es den Anschein, dass die Menschen den Fakten selbst dann den Rücken kehren, wenn sie augenscheinlich sind.

Gehen wir auf ein paar Texte ein: Richtet sich „Dead To Your World“ gegen Gleichschaltung in der Gesellschaft?

In der Tat, das Stück spricht sich für den Nonkonformismus aus.

Auf „Acquiesce“ und „Wired In The Blood“ könntet ihr näher eingehen, da sie mir als mithin persönlichste Tracks der Scheibe erscheinen.

Das sind sie durchaus, aber der Eindruck besteht vielleicht auch deshalb, weil es sich um neuere Stücke handelt. Ursprünglich sollte die Platte ein Dutzend Songs umfassen - eben die ersten zwölf, wie sie nun angeordnet sind, und die habe ich geschrieben, als ich etwas jünger war. "Acquiesce" und "Wired In The Blood" sind deutlich frischer, und in sechs Jahren kann wie angedeutet eine Menge geschehen. Im Moment geschieht immer noch eine Menge, was mir gegen den Strich geht, aber mit meiner neueren Musik scheine ich den Groll besser kanalisieren zu können.

In „Sinners In The Hand Of An Angry God“ greift ihr offensichtlich organisierte Religion an.

Es geht eher um vermeintliche Friedenskämpfer, die glauben, die Hände ruhen zu lassen bedeute den eigenen Niedergang. Diese Menschen begreifen nicht, dass sie just dadurch ihr Schicksal besiegeln können.

Warum ist die Scheibe so lang? Das nimmt ihr viel von ihrer potenziellen Wucht.

Die Frage ist berechtigt. Zu Beginn nahmen wir uns vor, möglichst alles richti zu machen, da sich vielleicht nie wieder eine Möglichkeit auftun würde, ein Studioalbum einzuspielen. Die ersten zwölf Tracks bilden schließlich auch den Kern, und obwohl es nirgends offiziell steht, handelt es sich in dieser Form quasi um eine Deluxe-Version mit Bonusliedern. Als wir mit Labels verhandelten, stellte ich sie vor die Wahl, entweder ein Doppelalbum zu veröffentlichen oder zwei separate Platten, da es doch eine Menge Musik ist. Dies war angesichts der beschränkten Geldmittel aber nicht möglich, genauso wenig wie die Option einer normalen und einer erweiterten Fassung. Letztlich mussten wir also alles auf eine Scheibe packen, und diese in einem Rutsch zu hören mag anstrengen. Außerdem dachten wir an Internet-Piraterie und dergleichen, in deren Zuge man kaum jemandem mehr zum Kaufen von CDs bewegen kann. Am Ende spielten mehrere Faktoren eine Rolle, die nur zum Teil in unseren Händen lagen, und so ist es in jedem Fall die titelgebende tödliche Dosis geworden.

Warum habt ihr Rammsteins „Asche zu Asche“ gecovert? Das Ding passt keine Spur zu euch.

Johnny, Kevin und ich sind große Fans der Band, und es bereitete uns viel Spaß. Man sollte es als B-Seite oder Bonustrack betrachten, auch wenn es nicht so verzeichnet wurde.

Und wie viele Songs namens „Evilution“ könnt ihr neben eurem aufzählen?

Von Korn gibt es ein gleichnamiges Stück, nicht wahr?

Und von Dio ...

Ich komponierte das Stück noch vor den Aufnahmen, also irgendwann 2005, und behielt den ursprünglichen Titel einfach bei. Der Text handelt von jemandem, der seinen bedeutendesten Besitz verliert und Rache schwört, um seinen Schmerz zu lindern. Im übertragenden Sinn geht es darum, dass sich dein Leben krass wandeln kann, wie du es dir niemals vorgestellt hättest. Wir erzählen eine kurze Geschichte - in knapp viereinhalb Minuten ...

Wie entstand „Rise And Die“? War es von Anfang an so lang?

Ja, und definitiv das progressivste Stück der Platte. Bis zum Endresultat haben wir eigentlich sehr wenig daran verändert, obwohl ich nie damit gerechnet hätte, Jordan Rudess, Rob von Anthrax oder Christian von Jag Panzer darin zu hören. Die drei haben wertvolle Beiträge geleistet und ihren jeweiligen Passagen einen markanten Stempel aufgeprägt.

Welches Stück liegt dir besonders am Herzen?

Abgesehen von den Covers gibt es keines, das ich mehr oder weniger mag, auch weil ich nicht bloß um des Schreibens willen komponiere, sondern stets aus einem bestimmten Antrieb heraus.Ob sich jemand anders damit identifizieren kann, ist mir eigentlich egal, denn dafür gibt es Pop, nicht wahr? Mit "Wired In The Blood" verbinde ich allerdings trotzdem spezielle Empfindungen.

Ihr habt zunächst mit einem sehr bekannten Europa-Vertrieb gearbeitet, was allerdings weniger glimpflich gelaufen ist.

Oh, jetzt muss ich möglichst diplomatische Worte finden ... Der Deal besteht nicht mehr, also sind wir praktisch wieder ein Zweimann-Unternehmen und vertreiben das Album weltweit auf eigene Faust, hoffentlich aber nur vorübergehend. Ich habe keine Ahnung, weshalb wir mit einem Major zusammengearbeitet haben, der absolut nichts für uns tat - keine Pressearbeit oder sonst irgendetwas, das man eigentlich hätte erwarten dürfen, zumal das Album, ob man es letztlich mag oder nicht, zumindest der vielen Gäste Wegen Neugier wecken sollte. An uns lag es jedenfalls nicht; wir haben getan, was in unserer Macht stand, um die Musik zu bewerben, aber das war und ist eben nur im beschränkten Umfang möglich.

Fast hätte ich „Get It Up“ vergessen; ist es bloß ein humorvolles Outro, oder hat es einen ernsteren Hintergrund?

Es war der erste spontane Bonustrack, den wir andachten, als wir die Möglichkeit erhielten, mit Gene Hoglan aufzunehmen, und was lag zum Spaßhaben näher als ein Van-Halen-Cover, zumal wir ordentlich shredden konnten. Da Dethkloks treibende Kraft Brendan Small ein talentierter Komiker ist und Chris Valago mit im Bot war, musste der Text zwangsweise recht frei interpretiert werden. Die Sachen der Band mit Sammy Hagar drehen sich eher um Liebe, während David Lee Roth über Sex sang. Trotz des ganzen Ulks sind wir dem Original aber doch relativ treu geblieben.

Wie sieht es mit einer Tournee aus? Kriegt ihr das alles auch so auf der Bühne hin?

Wir haben es vor - nächstes Jahr, wenn alles glatt geht, und auch in Europa. Wir werden als Quartett auftreten, denn alle Songs sind im Grunde genommen auf vier Musiker ausgelegt. Mit den Gästen auf Tournee gehen zu wollen käme natürlich einem logistischen Alptraum gleich, und selbst wenn es gelänge, alle zusammen zu bekommen, würde es horrende Summen kosten. Geil wäre es schon, und wenn ich darüber nachdenke, brauchen wir so oder so finanzielle Unterstützung. Wir sind eben nur zwei normale Typen, die das alles ganz allein gestemmt haben, ganz ohne Labels oder Finanzspritzen von Fans. Ausschließen will ich dennoch nichts, denn es sind schon verrücktere Dinge geschehen. Wir treten jedenfalls so oft wie möglich auf, um Interesse zu schüren. Wir fliegen immer noch unterhalb der Radare, aber das muss sich ändern ...

Andreas Schiffmann (Info)
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