Partner
Services
Statistiken
Wir
Ayreon: 01011001 (Review)
Artist: | Ayreon |
|
Album: | 01011001 |
|
Medium: | CD | |
Stil: | Progressive Rock / Metal |
|
Label: | InsideOut | |
Spieldauer: | 102:05 | |
Erschienen: | 2008 | |
Website: | [Link] |
Arjen Lucassens Studioprojekt hat sich schon seit langem zu einer Konstante entwickelt, die stets mehr oder weniger das liefert, was man erwartet und dennoch nie so recht enttäuschen mag. In Zeiten musikalischer Gleichmacherei hat AYREON es geschafft, einen eigenen, stets wieder zu erkennenden Stil zu entwickeln – obwohl dieser sich letztlich doch nur ernährt von bereits Erschaffenem.
Die extra pompöse „Human Equation“ wurde nicht ganz zu unrecht abgefeiert und hat wahrscheinlich doch eher Jünger des Melodic Rocks und Metals zufriedengestellt als Fans progressiver Liedkunst, weil im Zentrum der Aufmerksamkeit die dick aufgetragenen, aufwendig zusammengestellten Gesangsarrangements standen und der instrumentalen Seite etwas weniger Raum gelassen wurde.
Im Jahre 2008 wird Lucassen, der unter dem Namen AYREON schon gar nichts mehr veröffentlichen wollte, nun doch sein siebtes Konzeptwerk in die Läden dieser Welt verbringen, das wieder einmal ein Doppeldecker geworden ist und auf den schwer zu merkenden Namen „01011001“ hört. Das steht binär für den Dezimalwert 89, was wiederum im Kontext von ASCII Kodierungstabellen den Großbuchstaben „Y“ bezeichnet. Damit wären wir auch schon beim verquasten Textkonzept: Eine Rasse von wissensdurstigen Wasserwesen vom Planeten Y sind aufgrund ihrer rasanten technischen Entwicklung zum Leben vollständig auf Maschinen angewiesen und sind ihrer Emotionen verlustig gegangen. Ein riesenhafter Komet befindet sich derweil auf direktem Kollisionskurs mit Mutter Erde, was natürlich eine gute Gelegenheit für die gefühlskranken Wasserwesen ist, ihre DNA in einen neuen Lebensraum zu verpflanzen. Aus diesen ribonukleinsäurehaltigen Kuckuckseiern entwächst alsbald die menschliche Rasse, welche die Sünden ihrer künstlichen Planetenbefruchter wiederholt und ihrem Untergang entgegeneilt. Ob ein derart zusammenkonstruiertes Textkonzept tatsächlich notwendig ist, damit Lucassen seine Kritik an unkontrolliertem Fortschritt und Technikgläubigkeit unter das Volk bringen kann, das sei dahingestellt, doch erwartet man von AYREON Werken genau solche Texte – Erwartungen wollen und sollen natürlich nicht enttäuscht werden und nebenbei bietet das Sci-Fi Thema wieder genügend Anlass, ausgiebig in Space Rock und Metal Wassern zu schwimmen.
Somit wären wir endlich bei der eigentlichen Musik angekommen. Man hört „01011001“ an, dass es der Nachfolger der „Human Equation“ ist. Es wird ein ähnlicher Breitwandsound gefahren, die hämmernden Metal Riffs sind nicht unbekannt, Soundeffekte und Keyboard Klänge entführen schnell in liebgewonnene Galaxien und schwarze Löcher der AYREON Universen und die vielschichtigen, bis ins Letzte ausgeklügelten Gesangsarrangements lassen sofort Gefühle von Heimeligkeit aufkommen.
„Age Of Shadows“ treibt mit modernen Metal Riffs kräftig an. Gesangliche Höhepunkte werden schnell gesetzt, denn Steve Lee (GOTTHARD) verzaubert mit vielschichtiger Rock Röhre, Daniel Gildenlöw (PAIN OF SALVTION) fügt sich in das pompöse Vokal-Spektakel kraftvoll ein, kann aber bei seinen Auftritten erwartungsgemäß sein vollständiges Gesangsspektrum nicht zur Geltung bringen, ein wenig Potential wurde hier vielleicht verschenkt. Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN) und Floor Jansen (AFTER FOREVER) liefern sich eine packende Refrain-Schlacht, während Jonas Renske (KATATONIA) und Anneke van Giersbergen (ex-THE GATHERING) nicht zum letzten Mal subtile Albumhöhepunkte setzen: Die ruhigen, trippig atmosphärischen Gesangsmelodien gehen nicht nur unter die Haut, sondern auch zu Herzen – gerade im soundtechnisch ausladenden AYREON Kontext wird bewusst, wie wahr ein abgedroschener Spruch doch sein kann: Weniger ist oft mehr.
Die trippige Schlagseite wird im Albumverlauf fortgeführt, dominiert das vergleichsweise kurze „Comatose“ und verbindet sich im fetzigen Riffgebirge von „Liquid Eternity“ gar mit wehmütigen Geigenklängen und analogen Synthies. Arjen Lucassen ist spürbar um Abwechslung bemüht: „Connect The Dots“, eingesungen von Ty Tabor (KINGS X), ist ein entspannter Relax Rocker mit 60er Flair, die folkloristische Ballade „Web Of Lies“ fügt sich nahtlos ein in das, was AYREON im Prinzip nicht gänzlich erfunden aber doch zu einem Stilmerkmal ihrer Musik erhoben haben: Das Zusammenführen eines theoretischen Anachronismus, das Verbinden von pompösen Sci-Fi Epen mit moderner, computerquietschender Elektronik und analogen Prog-Sounds aus fernen Jahrzehnten.
Gelungen ist der Kontrast aus schweren, industrialartigen Gitarrenparts, sonnig warmen Gesangslinien, fetzigen Bombast Refrains und erstaunlich häufig eingestreuten Folklorepassagen, die wehmütig an das angenehm durchgeknallte, von Devin Townsend inszenierte „Loser“ von der „Human Equation“ denken lassen – derartige unvorhersehbare Highlights hat „01011001“ nicht zu bieten.
Die musikalische Notwendigkeit eines Doppelalbums will sich nicht zwangsweise erschließen, denn die zweite CD liefert nicht viele neue Erkenntnisse, doch viel von Gutem hilft ja vielleicht auch viel, deswegen stört die lange Albumlaufzeit kein bisschen - obwohl sich zunächst nach den ersten paar Durchläufen etwas Ernüchterung breit gemacht hatte. „01011001“ ist aber eines dieser Alben, die mit der Zeit wachsen, die immer mehr Spaß machen und viel Kurzweil bergen. Erwartungsgemäß bietet der lange Abschlusstrack ein geballtes, abwechslungsreiches Epos mit böllernden Riffs, kreischenden Synthiesoli, dramatischen, von Death Grunts durchsetzten Vokalarrangements, wunderbaren Renske Gesangslinien und glasklaren Pianopassagen.
FAZIT: Arjen Lucassen hat sich schon lange als zuverlässiger Lieferant von aufwändiger Effektmusik erwiesen und sollte kaum für größere Enttäuschungen sorgen. Altbewährtes wird minimal variiert, Höhepunkte werden unerwartet und vor allem dezent vom Renske/van Giersbergen-Duo gesetzt. Wer AYREON kennt, weiß nun, was ihn erwartet. Alle anderen werden von dieser Prog/Metal/Rock und Folk Space Opera wahrscheinlich angetan sein, sofern ein Faible für anspruchsvolle Popcorn Musik besteht.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- CD 1
- Age Of Shadows
- Comatose
- Liquid Eternity
- Connect The Dots
- Beneath The Waves
- Newborn Race
- Ride The Comet
- Web Of Lies
- -
- CD 2
- The Fifth Extinction
- Waking Dreams
- The Truth Is In Here
- Unnatural Selection
- River Of Time
- E=MC2
- The Sixth Extinction
- Bass - Arjen Lucassen
- Gesang - Arjen Lucassen, Anneke Van Giersbergen, Bob Catley, Daniel Gildenlow, Floor Jansen, Hansi Kürsch, Jonas Renkse, Jorn Lande, Liselotte Hegt, Magali Luyten, Marjan Welman, Phideaux Xavier, Simone Simons, Steve Lee, Tom S. Englund, Ty Tabor, Wudstik
- Gitarre - Arjen Lucassen, Lori Linstruth, Michael Romeo
- Keys - Arjen Lucassen, Derek Sherinian, Joost Van Den Broek, Tomas Bodin
- Schlagzeug - Ed Warby
- Sonstige - Ben Mathot (violin), David Faber (violoncello), Jeroen Goossens (flute)
- The Final Experiment - A Rock Opera (1995)
- Into The Electric Castle - A Space Opera (1998)
- Universal Migrator Pt. 1 - The Dream Sequencer (2000)
- Universal Migrator: Part 2 - Flight of the Migrator (2000)
- Day Eleven: Love (Single) (2004)
- The Human Equation (2004) - 13/15 Punkten
- 01011001 (2008) - 12/15 Punkten
- Timeline (3 CDs + 1 DVD) (2008)
- The Theory Of Everything (2013) - 11/15 Punkten
- The Source (2017) - 12/15 Punkten
- Ayreon Universe – Best Of Ayreon Live (2018)
- Electric Castle Live And Other Tales (2020)
- Transitus (2020) - 12/15 Punkten
- Universal Migrator, Pt. 1 & 2 (2022 Remixed & Remastered) (2022)
- 01011001 - Live Beneath The Waves (2024)
-
keine Interviews