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Sounds Of New Soma: La Grande Bellezza (Streng auf 500 Stück limitiertes farbiges Vinyl) (Review)
Artist: | Sounds Of New Soma |
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Album: | La Grande Bellezza (Streng auf 500 Stück limitiertes farbiges Vinyl) |
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Medium: | CD/Download/Do-LP/Deluxe/Limitiert | |
Stil: | Krautrock in deutscher Perfektion |
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Label: | Tonzonen Records | |
Spieldauer: | 77:09 | |
Erschienen: | 17.03.2017 | |
Website: | [Link] |
Mit SOUNDS OF NEW SOMA tritt Synthesizer-Experte und TONZONEN-Label-Eigentümer DIRK RAUPACH endgültig den Beweis dafür an, warum es in unserer derzeitigen Musikkultur so unendlich wichtig ist, dass Künstler, die, wenn sie ihre Kunst wirklich kompromisslos ernst nehmen und so auch immer einen Hang zum (manchmal fast krankhaften) Perfektionismus haben, zugleich den Mut besitzen müssen, sich musikwirtschaftlich zu betätigen, um statt profitgieriger Überschussberechnungen die (nicht nur) aus ihrer Sicht ganz große, unabhängige Kunst schaffen und vermarkten zu können.
Raupach geht mit TONZONEN RECORDS diesen Weg im Bereich des Kraut-, Psychedelic- und Elektronik-Rocks dermaßen konsequent, dass jeder, dem auch nur ansatzweise diese Musikrichtung am Herzen liegt, bedenkenlos zu allen LP-Veröffentlichungen aus diesem Label-Hause greifen kann, selbst wenn er sich dabei niemals zu viel Zeit lassen sollte, da alle farbigen und schwarzen Vinyl-Goldstücke unterschiedlich limitiert und mit bewundernswerten Beigaben bestückt sind, womit natürlich für den Freund und Besitzer dieser TZ-Musik zugleich eine dauerhafte Wertsteigerung garantiert ist.
Warum die Auswahl der Musik auf diesem Label so beeindruckend ist, wird einem nunmehr spätestens nach der zweiten LP-Veröffentlichung von SOUNDS OF NEW SOMA „La Grande Bellezza“ klar, denn was Dirk Raupach hier gemeinsam mit ALEXANDER DJELASSI und zwei Gastmusikern an Schlagzeug und Saxofon musikalisch vorlegt, ist der pure Space-Krautrock in seiner ganzen Vielfalt und Perfektion. Die – sich so liebevoll abgekürzt - SONS nennende Band huldigt der 60er- und 70er-Jahre Krautrock-MUM auf eine Art, die uns atmosphärisch komplett in eine Welt versetzt, der sich schon in den frühen Siebzigern musikverliebte und oftmals auch mit Drogen experimentierende Zeitgenossen nicht entziehen konnten. Außerdem beweist das Space-Duo zugleich, dass anno 2017 solcher Krautrock auch gänzlich ohne Rauschmittel funktioniert und den Hörer nur über seine hypnotischen Klangstrukturen in einen Rausch zu versetzen vermag.
Nachdem man die Doppel-LP aus der wiederverwendbaren Zellophan-Hülle, auf der ein dicker Aufkleber mit der Aufschrift „Double Vinyl / Limited Edition 500 Copies / 180g High Quality Vinyl / Gatefold + Booklet + DLC“ prangt, geklaubt und das universale Cover beäugt hat, darf man vorsichtig die auch in hochwertiger Qualität verpackte DO-LP-Hülle öffnen. Sofort erwarten einen als Überraschung der von Hand geschriebene (Jede LP eben ein echtes Unikat!) Download-Code, ein Aufkleber sowie eine Karte und ein wortwörtlich berauschendes, schwer psychedelisch gestaltetes 12seitiges Booklet in 7“er-Single-Größe. Selbst wenn man das Album noch nicht gehört hat, nach solcher Gestaltung ist die Vorfreude darauf natürlich riesig. Und beim Kritiker dieser Zeilen sowie leidenschaftlichen Krautrock-Liebhaber wurde die Vorfreude sogar noch um Längen übertroffen.
Zeit also, die erste farbige LP der flauschig gefütterten Hülle zu entnehmen, sich noch einmal die sehr einfallsreichen Titel darauf durchzulesen und sie auf dem Plattenspieler kreisen zu lassen. Der erste Hinweis, an welchem Jahr sich die Musik orientiert, verbirgt sich gleich hinter dem das Album eröffnenden Titel „Bundesgartenschau ‘71“, die übrigens in Köln war und sich durch die erste echte Multimediashow auszeichnete. Das war damals noch echt revolutionär und ließ das eine oder andere Blümchen dahinter glattweg verblassen.
Überhaupt könnte man, wenn die vier LP-Seiten für sich betrachtet werden, zu jeder einen kuriosen Satz bilden:
A-Seite: Bei der „Bundesgartenschau ‘71“ wurde in der „Einheit des Lichts“ endlich der berauschende „Grüne Pilz“ in der Multimediashow präsentiert!
B-Seite: „Das weiße Rauschen“ der grünen Pilze im „Garten des Lichtes“ drang sogar bis zu den Berauschten in „Spandau“ vor.
C-Seite: Bei all dem „Wahn“sinn zwischen „Schwurbel“ und „Schönheit“ verfielen nun alle in einen kollektiven Rausch, während die SONS diesen zum klangvollem Leben erweckten.
D-Seite: Am Ende war jedem, der offene Ohren und einen hellen Geist besaß, klar, dass sich nicht nur hinter den vielen Arschlöchern, sondern sogar hinter einem „Wurmloch“ eine ganz spezielle „Duftnote“ verbirgt – die eine liebt man, die andere, „pilzlose“ ist unerträglich.
Kann sich eigentlich noch jemand an das Berliner PILZ-Label von Ohr & Pilz Musik Produktion, das Anfang der 70er-Jahre die deutsche Krautszene klangvoll auf Vinyl verewigte, erinnern?
Spätestens nach diesem Album, dessen Gestaltung voller Pilze angereichert wurde und sogar auf einem grünen „Pilz“-Stück basiert, kann unverfroren behauptet werden, dass TONZONEN Records genau das aufgreifen, was das Pilz-Label, dessen Markenzeichen ein lustiger Fliegenpilz war, begann es nun als „Grüner Pilz“ fortsetzen. Auch darum weckt wohl gerade dieses Album der SONS so viele Erinnerungen an Bands, die 1971 und 1972 beim Fliegenpilz unter Vertrag standen (POPOL VUH, ANIMA, BRÖSELMASCHINE WALLENSTEIN u.v.m.). Heute jedenfalls bezeichnen SONS ihre Musik als einen „Spagat zwischen elektronisch, experimentellen Sounds und treibenden Space Rock“, der wie ein „gänzlich atemberaubender, psychedelischer Trip mit Reminiszenzen an die Individualität des Krautrocks bis hin zum Sound der heutigen Psychedelic Musik“ klingt. In diesen Worten steckt nicht eine Übertreibung. „La Grande Bellezza“ beweist, dass hinter ambitionierten Sätzen zugleich ambitionierte Musik stecken kann und erbringt damit den musikalischen Beweis für ihre verbale Behauptung. Was man in den 77 Minuten zu hören bekommt, heißt in einem (zugleich dem extremsten) Falle nicht nur „Wahn“, sondern ist der absolute Wahnsinn.
Das Album beginnt mit „Bundesgartenschau ‘71“ und offenbart uns gleich die erste, sehr angenehme Überraschung: Die SONS setzen auf ein echtes Schlagzeug und bereichern damit ihr Klangspektrum enorm. Auch das Saxofon taucht wieder auf und verleiht beispielsweise „Spandau“ ein entspannt jazziges Flair. Gerade diese, nicht etwa nur spärlich, sondern durchaus häufig eingesetzten „Gastklänge“ heben „La Grande Bellezza“ in einen Bereich, den man nur noch als hervorragend bezeichnen kann und der sich von den Urzeiten des krautigen Spacerocks – von TANGERINE DREAM über POPOL VUH bis HARMONIA und CLUSTER - regelrecht emanzipiert und auf eine neue, moderne Ebene hebt. Dem Ost-Prog-Freund kommt dabei ein weiteres Meisterwerk in den Sinn: „Katharsis“ von NIEMEN, auf dem er übrigens seinem bei einem Unfall verunglückten Schlagzeuger gedenkt. Seltsame Parallelen!?
Um der „neuen Perfektion alten Krautrocks“ rundum gerecht zu werden, überließen SOUNDS OF NEW SOMA das Mastering wiederum dem Krautrock-Sound-Experten aus dem Hause GROBSCHNITT schlechthin – einen Besseren gibt‘s in der deutschen Szene einfach nicht – EROC.
Das Booklet in Single-Größe hat diesbezüglich nicht ohne Grund 12 Seiten. Jede Seite steht mit ihrer Gestaltung explizit für einen Song auf dem Doppel-Album, sodass man nicht nur ein Wurmloch optisch bewundern kann, sondern auch eine Duftnote – und wie die oder aber ein „Schwurbel“ umgesetzt wurde(n), bleibt das Geheimnis des Kritikers, welches jedoch im Booklet der auf 500 Stück limitierten Doppel-LP gelüftet wird. Bei dieser hypnotisierenden Duftnote sollte wirklich gelüftet werden.
FAZIT: Mit „La Grande Bellezza“ begibt sich das deutsche Space-, Kraut- und Psychedelic-Rock-Duo SOUNDS OF NEW SOMA mithilfe grüner Pilze sowie weißem Rauschen und schwurbelnden Lichtgestalten mitten hinein ins Wurmloch, um dort eine krautrockige Duftnote zu hinterlassen, die auch in den frühen Siebzigern das Zeug zum echten Meisterwerk gehabt hätte.
PS: Natürlich ist es schon eine Frage der Ehre, diese limitierte Doppel-LP direkt bei Tonzonen Records zu kaufen und auf keinen Fall bei...
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (21:00):
- Bundesgartenschau ‘71 (7:41)
- Der grüne Pilz (3:18)
- Einheit des Lichtes (10:01)
- Seite B (21:03):
- Garten des Lichtes (10:00)
- Das weiße Rauschen (6:01)
- Spandau (5:02)
- Seite C (18:31):
- Wahn (6:04)
- Schwurbel (6:09)
- Schönheit (6:18)
- Seite D (16:35):
- Wurmloch (10:10)
- Duftnote (6:25)
- Bass - Alexander Djelassi
- Gesang - Dirk Raupach, Alexander Djelassi
- Gitarre - Alexander Djelassi
- Keys - Dirk Raupach
- Schlagzeug - Armin Schopper
- Sonstige - Andreas Lessenich (Saxophon)
- Beyond The Acid Dream (2014) - 12/15 Punkten
- Moebius Tunnel (Blaues Vinyl auf 300 Stück limitiert) (2016) - 12/15 Punkten
- La Grande Bellezza (Streng auf 500 Stück limitiertes farbiges Vinyl) (2017) - 13/15 Punkten
- Live At The Green Mushroom Festival (2018) - 11/15 Punkten
- Zwischen / Durch (2018) - 12/15 Punkten
- Nachdenken über Rolf-Ulrich Kaiser (2019)
- Birne / Maya (2020) - 11/15 Punkten
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