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Summer Breeze 2010 - Fr / Sa - Dinkelsbühl - 20.08.2010
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Nach der Nachtschicht am Donnerstag ist am Freitag zunächst ausschlafen angesagt, bevor es wieder aufs sonnenüberflutete Festivalgelände geht. Dort haben die Franzosen DESTINITY die undankbare Aufgabe, den Tag auf der Party Stage zu eröffnen. Als das Quintett loslegt, ist das Zelt auch zunächst nur spärlich gefüllt, im Laufe des Sets strömen aber immer mehr Zuschauer hinein, um sich von dem harten Sound der Band die Gehörgänge durchpusten zu lassen. Mit einer ausgewogenen Mischung aus Groove, Melodik und Technik bieten die Jungs aus Lyon ihren Death Metal dar und besonders Sänger Mick präsentiert sich als Aktivposten. Mit viel Bewegungsdrang springt er über die Bühne, spielt Luftgitarre, entledigt sich nach drei Songs seines Shirts und bangt synchron mit seinen Bandkollegen, die ebenfalls so oft es geht die Matte kreisen lassen. Auf Nachfrage, wer im Publikum denn aus Frankreich sei, gehen zahlreiche Hände in die Höhe, zudem wird in der ersten Reihe die Tricolore in die Luft gehalten. Die nicht allzu vielen Zuschauer zeigen sich sehr angetan vom Auftritt der Band und besonders der Punk im mehr oder weniger stilsicheren Borat-Outfit macht ordentlich Alarm. Besonderes Lob verdient sich Drummer Morteüs, der neben seiner eigentlichen Tätigkeiten die wirklich guten, klaren Backing Vocals beisteuert. Insgesamt ein ordentlicher Auftritt der hierzulande (noch) eher unbekannten Band.
Eigentlich ist es viel zu sommerlich für einen Auftritt der britischen Melancho-Rocker ANATHEMA. Zieht man aber in Betracht, dass das aktuelle Album "We’re Here Because We’re Here" deutlich positiver ausgefallen ist, als die Vorgänger, so erscheint der Sonnenschein doch wieder passend. Dem Wetter entsprechend betritt Sänger Vincent Cavanagh die Bühne mit Sonnenbrille, während sein Bruder Danny eine seltsame, Handtuch-artige Kopfbedeckung zur Schau trägt. Wobei ANATHEMA allerdings auch keine Band ist, bei der das Optische im Vordergrund steht, auch wenn man Vincent bei seiner Bühnenshow jede Menge Charisma attestieren darf. Dem Anlass angemessen geht das Set mit den zwei älteren und recht harten Songs „Deep“ und „Empty“ los, was das Publikum entsprechend honoriert. Das enorm depressive „Lost Control“ stellt dann den größten Gegensatz zum Wetter dar. Der zweite Teil des Sets besteht aus neueren und komplexeren Songs wie dem sich stetig steigernden „A Simple Mistake“ oder dem packenden „Closer“ mit den verfremdeten Vocals und Vincents eindringlicher, auf dem Boden kniender Pose. Beim ruhigen „A Natural Disaster“ hat Sängerin Lee Douglas ihren großen Auftritt, während es beim nächsten Song ganz weit in die Vergangenheit geht, „Sleepless“ ist nämlich vom 1993er-Debütalbum „Serenades“. Der Sprung zu „Universal“ könnte nicht größer sein, ist der Song doch vom aktuellen Album. Den vielumjubelten Schlusspunkt setzt der Song, den ANATHEMA wohl bis in alle Ewigkeit bei jedem Konzert spielen müssen: „Fragile Dreams“ – wobei der Song auch einfach nur großartig ist.
Das Kontrastprogramm zwischen ANATHEMA und END OF GREEN könnte kaum größer sein, als mit den US-amerikanischen Death Metal-Großmeistern CANNIBAL CORPSE. In gerade mal einer Stunde hämmert die Band dem Publikum auf der Main Stage 15 Songs um die Ohren und demonstriert eindrucksvoll, wie man ultratight und gleichzeitig megabrutal ein Riffmassaker nach dem nächsten abfeuert. Der stiernackige Grunzer George „Corpsegrinder“ Fisher amüsiert mit seinen Ansagen, fordert das Publikum auf, so schnell den Nacken wie er kreisen zu lassen – oder es zumindest zu versuchen, bittet die Zuschauer mit der Ansage zu „Make Them Suffer“, auch den Nebenmann in den Pit einzubeziehen und widmet „Priests Of Sodom“ allen Schlampen im Publikum. Der inzwischen anscheinend nackte Punk, der auch schon bei DESTINITY aufgefallen war, erregt ebenfalls die Aufmerksamkeit des Sängers und erntet prompt Spott und Hohn. Das zu einem großen Teil männliche Publikum arrangiert selbständig eine Wall Of Death, zirkuliert in größeren und kleineren Pits und fordert lautstark den Hit „Hammer Smashed Face“, der zum Ende des Sets auch zum Einsatz kam und bei dem der Wasserschlauch der Security für Abkühlung im Moshpit sorgt. Musikalisch nicht unbedingt abwechslungsreich, trotzdem in der Konsequenz und Genrerelevanz beeindruckend und unterhaltsam.
Nach der Pflicht nun die Kür - oder doch umgekehrt? Nachdem der Mitternachtsverkauf der neuen END OF GREEN-Platte "High Hopes In Low Places" am Stand von metal.de ein durchschlagender Erfolg war, stehen die Gothic Rocker nun auf der Pain Stage, vor der sich zahlreiche Zuschauer versammelt haben, was bei Sänger Michelle Darkness nach eigener Aussage zu „harten Nippeln“ führt. Und obwohl die Band allein schon wegen ihres Frontmannes und Gitarristen Sad Sir optisch einiges zu bieten hat, zieht zunächst jemand anders die Aufmerksamkeit auf sich. In einer Ecke der Bühne steht nämlich der Sohn von Albumproduzent Corni Bartels mit cooler Kindergitarre, eigener Monitorbox samt Mikrostativ und rockt bei den ersten Stücken wie die Großen mit. Die starten mit „Weakness“ in ihr Set und legen mit dem harten „Dead City Lights“ ordentlich nach. Die Mädels, die bei CANNIBAL CORPSE fehlten, sind allesamt hier zu finden und erfreuen sich am charismatischen Sänger, der mit seiner stoischen Mimik fast schon geisterhaft wirkt. Umso mehr Action verbreiten Sad Sir mit seiner fliegenden Dreadlock-Matte, der zweite Gitarrero Kerker und Basser Rainier Sicone Di Hampez, der gut gelaunt über die Bühne springt. Allerdings will der Funken zunächst nicht so richtig aufs Publikum überspringen, das zwar brav mitklatscht und viel Applaus spendet, aber keine wirkliche Partystimmung verbreitet. Am Auftritt von END OF GREEN kann das jedenfalls nicht gelegen haben, denn die rocken mit „Killhoney“ und dem düsteren „Drink Myself To Sleep“ munter weiter, bei dem dann auch der „Damm“ bricht; ab hier zeigt sich auch ordentlich Bewegung in der Meute. Vom frisch veröffentlichten Album gibt es dann auch noch die erste Auskopplung „Goodnight Insomnia“ (bei welchem sich Michelle für die Belästigung mit dem Video zum Song auf dem Festival süffisant entschuldigt) und den Brocken „Tie Me A Rope… While You’re Calling My Name“ zu hören. Ein gelungener Auftritt von Deutschlands derzeit besten Düsterrockern.
Während der deutsche Spießbürger sich Freitags abend um 20.15 Uhr mit TV-Trash berieseln lässt, setzt es für die Zuschauer eine Tracht Prügel die sich gewaschen hat. Mit HYPOCRISY steht nämlich eine der besten Death Metals Bands überhaupt auf der Main Stage und sorgt für eines der großen Highlights auf dem diesjährigen Summer Breeze. Peter "Augenring" Tägtgren wirkt relativ frisch, als er zu den eröffnenden Klängen des mächtigen "Fractured Millenium" auf die Bühne stapft und mit seinen Sidekicks sofort Vollgas gibt. Optisches Brimborium brauchen HYPOCRISY nicht, stattdessen peitschen sie mit einem Rundumschlag durch die eigene Diskografie die große Menge vor der Bühne an. Mit "Weed Out The Weak" und "Eraser" folgen zwei Stücke neueren Datums, bevor es mit dem Medley aus "Pleasure Of Molestation", "Osculum Obscenum" und "Penetralia" ganz weit in die Vergangenheit geht. Das Publikum ist allerbester Laune und feiert die tight gezockten Death Metal-Hymnen nach aller Kunst ab. Tägtgren unterhält zwischen den Songs mit witzigen Ansagen und wirkt mit seiner bodenständigen Art überaus sympathisch, während er in den Songs ebenso wie Bassist Mikael Hedlund und Tour-Gitarrist Tomas 'Elof' Elofsson fleißig die Matte kreisen lässt. Ein weiteres Medley aus "Apocalypse" und "The Fourth Dimension" sowie das epische "A Coming Race" werden auf dem Weg zum grandiosen Finale gespielt, das mit dem derben "Killing Art" eingeleitet wird. Das grandiose "Fire In The Sky" und "Warpath" beenden den tollen Auftritt zunächst, doch ohne Zugabe darf der Peter heute nicht ins Bett (bzw. an den Tresen) und so ertönt das Gänsehaut-verursachende Gitarrenintro des Über-Death Metal-Songs "Roswell 47", der diesen Triumphzug würdig beschließt. Grandios!
Während auf der Hauptbühne die Polit-MetalCoreler HEAVEN SHALL BURN einen tollen Headliner-Gig auf die Bretter legen, verdunkelt sich die Atmosphäre im Zelt mit der Party Stage. Antikosmische Uhren scheinen allerdings ein wenig anders zu ticken, denn wie die Geschwister im Geiste THE DEVIL’S BLOOD schaffen es auch WATAIN nicht, pünktlich auf der Bühne zu erscheinen. Im Gegensatz zu den Niederländern ziehen die schwedischen Black Metal-Kings aber die richtige Konsequenz und streichen klaglos den letzten Song von ihrer Setlist. Nichtsdestotrotz ist der Auftritt im ordentlich gefüllten Zelt eine Demonstration in Sachen Black Metal. Das fängt schon mit der Bühnendekoration an: neben den Drums rechts und links Bandlogos, die während des gesamten Auftritts brennen, vorne zwei umgedrehte Kreuze, aus denen ebenfalls eine Flamme züngelt und vier Banner mit Bandmotiven zieren die Bühne. Und auch die Band fährt in Sachen Outfit schwere Geschütze auf, Corpsepaint und Blutüberguss, Spikes und Nieten – so wünscht der geneigte Schwarzmetaller sich das. Dazu passt auch die Lichtshow, die meist von hinten kommt, so dass die Musiker mehr als schwarze Schatten wahrzunehmen sind. Nach dem Intro legt man mit „Malfeitor“ imposant los und mit „Sworn To The Dark“ nicht weniger heftig nach. Sänger Erik stellt sich immer wieder dramatisch in Pose, was ab und an allerdings leicht übertrieben wirkt. Seine Keifvocals sitzen aber perfekt und in der Gesamtbetrachtung gibt er durchaus einen charismatischen Frontmann ab. Mit dem Übersong „Reaping Death“ und dem hymnischen „Legions Of The Black Light“ erreicht die Show ihren musikalischen Höhepunkt, die abschließenden „Wolves Curse“ und das ultra-derbe „Total Funeral“, bei dem Erik einen Becher Blut ins Publikum schleudert, stehen aber in nichts nach. Hammer!
Samstag:
Mit einem Heimspiel geht es am Samstag bei sengender Sonne um kurz nach Mittag weiter, denn UNDERTOW stehen auf der Pain Stage. Das Trio, das mit seinem akteullen Album "Don't Pray To The Ashes..." für Furore gesorgt hat, lässt sich vom Sommerwetter aber nicht weiter beirren und serviert dem Publikum schwere, harte und melodische Brecher à la "The Bitter Taste", "Crawler" und "Threedouble Chime". Erste Ohrwurmgefahr des Tages droht mit dem melancholischen "Smoke Garden", bei dem sich zur allgemeinen Freude aller und im Besonderen vom schwitzenden Frontmann Joschi eine Wolke vor die Sonne schiebt. Sein Versuch, die Ansagen alle in Hochdeutsch vortztragen, misslingt zwar im Laufe des Auftritts immer mal wieder, aber das sei großzügig verziehen. Zum Abschluss kommt dann noch der ehemalige NIGHT IN GALES-Sänger Björn Goosses, der inzwischen bei THE VERY END das Mikrofon bedient, auf die Bühne, um "Stomping Out Ignorance" im Duett vorzutragen.
Wer nachmittags um 16 Uhr angesichts des Bandnamens EISBRECHER auf eine Abkühlung hofft, sieht sich gründlich getäuscht. Denn der „Checker“ Alexx Wesselsky und seine Band haben nichts Besseres zu tun, als die Stimmung im Publikum noch um einiges anzuheizen. Wobei die Grundvoraussetzungen eh nicht besser sein könnten: ein perfekter Entertainer, mega-eingängige Songs und eine Crowd, die sich bereitwillig unterhalten lässt und Humor beweist, was unter anderem ein hochgehaltenes Pappschild mit der Aufschrift „Ich will ein Auto von Dir“ unterstreichen. Vom ersten Song „Eiszeit“ an tobt der Mob, die Mädels kreischen, zahllose Crowdsurfer sind unterwegs und bis in die letzten Reihen ist Mitklatschen angesagt. Besondere Freude ruft neben der Show der Wasserstrahl hervor, den die Security mehrfach ins erhitzte Publikum hält. Angesichts der Tatsache, dass EISBRECHER heute mal auf einem Metal-Festival spielen, packen sie schon früh härtere Songs wie „Angst“ und „Phosphor“ aus und punkten mit Hits wie „Leider“, „Schwarze Witwe“ und „Heilig“. Bei „This Is Deutsch“ setzt Alexx dann einen bayrischen Trachtenhut mit Gamsbart auf, zieht eine entsprechende Weste an und stimmt auf einer Melodica die vermeintliche deutsche Nationalhymne an: es erklingt „Alle meine Entchen“. Bei „Amok“ trommelt man dann zu viert auf Blechfässern herum und vor dem letzten Song punktet Alexx mit dem Hochhalten einer Bayern-Fahne. Und wie üblich macht „Miststück“, der Hit seiner alten Band MEGAHERZ, den Abschluss, dabei steigt der Frontmann in den Fotograben und hält den Fans das Mikrofon zum Mitsingen vor die Nase, was sich selten gut anhört, aber für Stimmung sorgt. Fazit: EISBRECHER machen an diesem Nachmittag alles richtig.
Die finnischen Gothic Metaller um den ehemaligen SENTENCED-Sänger Ville Laihiala haben es danach schwer, den hohen Stimmungspegel zu halten. So ist das Feld vor der Bühne bei POISONBLACK auch alles andere als proppenvoll, wofür sicher auch die brütende Hitze mitverantwortlich ist. Und auch wenn der Finne an sich kein großer Fan von Sommer, Sonne, Sonnenschein ist, so zieht sich die Band überaus achtbar aus der Affäre. Was auch daran liegt, dass die Leute vor der Bühne ordentlich Stimmung machen und fleißig Applaus spenden. Neun Songs geben die Finnen zum Besten und machen dabei deutlich, dass Gothic nicht mit Weinerlichkeit gleichzusetzen ist. Mit harten Gitarren kicken Ville und seine Jungs ordentlich Arsch und machen damit das kleine Manko, dass der Band noch ein richtiger Überhit in der Diskografie fehlt, locker wett. Außerdem ist es immer wieder schön, Villes charakteristischer Stimme zu lauschen. Was die Zuschauer ähnlich sahen und sich über Songs wie „Love Infernal“, „Left Behind“, „Buried Alive“ und „Bear The Cross“ freuen.
Eine gewisse Skepsis herrscht im Publikum vor, als die Brasilianer SEPULTURA um 19 Uhr auf der Main Stage loslegen. Auch wenn der hünenhafte Derrick Green nun schon seit ein paar Jahren Sänger bei der Thrash-Legende ist, hat sich noch nicht jeder an seine raue Hardcore-Stimme gewöhnt. Doch spätestens mit dem Übersong "Arise" an vierter Position der Setlist hat sich die Zurückhaltung der Zuschauer gelegt und die üblichen Mosh- und Circle Pits setzen ein. Und die Stimmung wird mit dem direkt folgenden "Refuse/Resist" weiter in die Höhe gertrieben. Auffällig ist, dass der agile Bandkopf und Gitarrist Andreas Kisser immer noch wie knapp über 20 aussieht, was man vom ergrauten und fülliger gewordenen Basser Paulo Jr. nun nicht gerade behaupten kann. Als wahres Tier entpuppt sich Schlagzeuger Jean Dolabella, der wie ein Berserker auf sein Drumkit eindrischt. Drei neuere Songs ("What I Do", "Convicted In Life", "The Treatment") fügen sich gut in die Setlist ein, doch das Publikum möchte vor allem die Klassiker der Band hören und bekommt diese dann auch in einer fulminanten zweiten Hälfte des Auftritts: "Troops Of Doom", ein Medley aus "Schizophrenia" und "Escape To The Void", "Territory", "Innerself" und zum Abschluss "Roots Bloody Roots" sorgen für Action vor und auf der Bühne und rundum zufriedene Gesichter. Schade nur, dass weder "Dead Embryonic Cells" noch "Desperate Cry" gespielt wurden, aber das ist ein rein subjektives Urteil.
Am Samstag abend gilt es, die letzten Reserven zu mobilisieren und was eignet sich da besser, als eine ordentliche Dosis Old School Thrash Metal? Die gibt es auf der Party Stage im Zelt mit den Kaliforniern WARBRINGER. Angeführt von Sänger John Kevill, der ein wenig aussieht wie TANKARDs Gerre in jung und sich mit seinem CRYSTAL LOGIC-Shirt traditionsbewusst zeigt, prügeln sich die Jungspunde durch ihr Set, das hauptsächlich aus pfeilschnellen Thrash-Granaten besteht. Man merkt der Band zu jeder Sekunde an, dass sie hochmotiviert und hungrig ist und das überträgt sich natürlich auch auf das Publikum, das die Matten kreisen lässt und Circle Pits und die obligatorische Wall Of Death startet. Der agile Frontmann tobt derweil über die Bühne, springt auf die Monitorboxen, feuert die Zuschauer unermüdlich an und auch sein herzhaftes „Prost“ wird natürlich aus hunderten von Kehlen erwidert. Zwischen all den flotten Songs fällt besonders die starke Midtempo-Nummer „Prey For Death“ auf, man darf der Band aber attestieren, trotz der Bay Area-Anleihen schon jetzt eine eigenständiges Klangbild entwickelt zu haben. Wer braucht schon Red Bull, wenn er WARBRINGER haben kann?
Der Headliner auf der Main Stage am Samstag sind die Kinder vom Bodomsee. Und das absolut berechtigt, wenn man sich die Menschenmasse anschaut, die scheinbar kein Ende nimmt. Zwar verzichten CHILDREN OF BODOM auf jegliche optische Gimmicks, was für einen Hauptact eher enttäuschend ist, langweilig ist die Show der Finnen aber trotzdem keineswegs. Allein schon das Gepose von Frontmann und Flitzefinger Alexi Laiho ist wieder mal überaus sehenswert, zudem ist es immer wieder erstaunlich, mit welcher Leichtig- und Selbstverständlichkeit er und vor allem Keyboarder Janne Wirman ihre alles andere als simplen Passagen quasi blind spielen. Mit „Follow The Reaper“ steigt das Quintett in ein Best Of-Set ein, das so gut wie alle Alben der Bandgeschichte berücksichtigt, nur vom Debütalbum „Something Wild“ wird – wie leider schon fast üblich – kein Song gespielt. Die Stimmung im Publikum ist von Anfang an blendend und man merkt kaum, dass man auf das Ende des vierten Festivaltages zugeht. Alle Hände voll zu tun haben natürlich auch wieder die Jungs von der Security, denn ein Crowdsurfer nach dem anderen segelt in den Fotograben. „Everytime I Die“ und „Living Dead Beat“ werden frenetisch bejubelt und nach dem düsteren „Angels Don’t Kill“ fängt dann auch die für die Band typische Herumalberei an, als Janne Wirman erstmal „Alejandro“ von LADY GAGA anstimmt. Alexis unflätiger Kommentar zu der Popqueen sei an dieser Stelle verschwiegen. Ebenfalls üblich ist, dass die beiden Musiker dann ersteinmal eine Diskussion starten, in der Wirman zunächst angibt, viel zu betrunken zu sein, um „Kissing The Shadows“ zu spielen – was natürlich nicht stimmt. Das wiederum vom Publikum gefeierte „Hate Me“ beendet den regulären Teil des Sets, natürlich kommt die Band aber für Zugaben zurück auf die Bühne. Das schnelle „Silent Night, Bodom Night“ erklingt zunächst und entgegen der ursprünglichen Setlist fügen die Finnen dann auch noch „Needled 24/7“ ein, weil sie so angetan von der Resonanz seitens des Publikums sind. Ein zweite Runde Blödelei, in der unter anderem VAN HALENs „Jump“ und MICHAEL JACKSONs „Billie Jean“ angespielt werden geht über in „Downfall“, das einen guten, aber vielleicht etwas zu routinierten Gig beendet, bei dem Alexi sein Lieblingswort „fuck“ ein kleines bisschen weniger inflationär gebraucht als sonst.
Unverhofft kommt oft besagt das Sprichwort und so überrascht es schon ein wenig, dass das Zelt bei EISREGEN pünktlich zur Geisterstunde brechend voll ist. Und so gestalt sich der Auftritt der thüringischen Meister des Makabren als Triumphzug. Schon nach dem ersten Song skandiert das Publikum lautstark den Namen der Band und singt fortan fast jeden der zehn Songs mit. Zu bemängeln ist allerdings, dass der Sound ohne einen Bass (es gab nur Gitarre, Drums, Keyboards und Gesang) etwas dünn ist, was auch die brachiale Lautstärke nicht kaschieren kann. Trotzdem fressen die Zuschauer Sänger Michael „Blutkehle“ Roth quasi aus der Hand, klatschen und pogen mit und intonieren „1000 tote Nutten“, während die ganze Zeit über eine Thüringen-Flagge geschwenkt wird. Über die Texte der Band und den eher simpel gehaltenen Dark Metal darf man zwar genauso geteilter Meinung sein, wie über die eher geschmacklosen Banner mit dem Aufdruck „Jesus stinkt“ sowie einer gekreuzigten, nackten Frau, letztendlich dürfen EISREGEN diesen Auftritt aber als vollen Erfolg verbuchen.
FAZIT: Wenn man einen Krititkpunkt sucht, dann wird man in der Tatsache fündig, dass es in diesem Jahr keine größere Band aus dem traditionelleren Heavy / Power Metal-Bereich zu sehen und zu hören gab. Nichtsdestotrotz wurde dem Publikum ein enorm abwechslungsreiches Programm geboten, bei dem so mancher Act zu absoluter Höchstform auflief. Größere organisatorische Mängel gab es keine, auch wenn so mancher Crowdsurfer sich auf der gepflasterten Fläche vor der Main Stage wohl weh getan hat, wenn er nicht aufgefangen wurde. Letztlich ist eine solche Pflasterung aber immer noch besser, als im Matsch zu versinken und ist bei manch anderen Festivals ebenfalls nicht unüblich. Somit war das Summer Breeze 2010 ein rundum gelungenes Festival, das jede Menge Spaß gemacht hat.