Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Klaus Schulze: La Vie Electronique 10 (Review)

Artist:

Klaus Schulze

Klaus Schulze: La Vie Electronique 10
Album:

La Vie Electronique 10

Medium: CD
Stil:

Elektronische Musik

Label: M.I.G. Music
Spieldauer: 229:56
Erschienen: 24.06.2011
Website: [Link]

Hat irgendjemand noch einen Überblick über alle offiziellen Veröffentlichungen eines KLAUS SCHULZE?
Wenigstens ist ja seine „La Vie Electronique“-Reihe ordentlich durchnummeriert und wie es scheint auch streng chronologisch geordnet. Die Nummer 10 setzt diesmal genau dort fort, wo die 9 aufhörte. Bei der Gemeinschaftsarbeit zwischen den beiden Keyboardern SCHULZE und RAINER BLOSS. Der Zeitraum erstreckt sich vom Vor-Mauer-Fall 1985 bis zum Nach-Mauer-Fall 1993.

Aber auch hier setzen wieder meine Erinnerungen ein. Noch zu DDR-Zeiten hatte ich mir ein Live-Doppel-Album mit besagten Musikern für einen ziemlich fetten Schwarzmarktpreis besorgt und war nach dem ersten Hören extrem enttäuscht. Das muss so Mitte der 80er Jahre gewesen sein. Das lag wohl vor allem daran, dass sich aus meiner Sicht die Musik von SCHULZE stark geändert hatte – Experimentelles der frühen Jahre klang plötzlich viel eingängiger, die Musik waberte auf elektronischen Klangteppichen vor sich hin und erlahmte in unzähligen Wiederholungen. Der Schulze der 80er gefiel mir bei Weitem nicht mehr so wie der der 70er. Ein klein wenig klingt dieser Eindruck auch bei „La Vie Electronique 10“ mit.

„Unheilbar deutsch“ ist die Aufnahme eines Konzertmitschnitts aus dem Jahre 1985, der von einem Kölner Radiosender aufgezeichnet wurde – ein leichtes Rauschen und ein nicht immer ausgewogenes Aussteuern der Aufzeichnung gibt’s im Hintergrund inclusive. Und dass SCHULZE durchaus einen Sinn für recht hintergründigen Humor besitzt, beweisen schon die Titelnamen, die sogar eine Art augenzwinkernde Geschichtsaufarbeitung in sich tragen. Besonders interessant dabei ist das elektronische Schlagzeugspiel, das wirklich sehr real klingt und dass zugleich zwei Keyboarder am Werke sind, lässt den Sound recht fett erscheinen, der manchmal sogar mit verfremdetem Gesang einhergeht. Bei „Der Unverbesserliche“ glaubt man sogar mal kurz „Alle meine Entchen“ zu hören, was dann aber in ein recht tolles Piano-Solo übergeht. Mir gefällt's! Sogar Parallelen zu TANGERINE DREAM sind unverkennbar.

„Maxxi“ ist wiederum ein Schulze-Kuriosum. Die erste und zugleich einzige Maxi-Single des Elektronik-Gurus, die gnadenlos floppte – und das zurecht. Ein bisschen Techno trifft auf eine recht einfältige Melodie und das elektronische Schlagzeug klingt, als hätte man es unter einem Blecheimer aufgenommen. Auch Schulze fand den Titel anfangs mies. 12 Jahre später aber würde er ihm angeblich gefallen. Also ich kann absolut nichts Lohnenswertes daran entdecken.

Mit „Weiter, weiter!“ geht die erste CD ihrem Ende entgegen. Die euphorisch vom Publikum eingeforderte Konzertzugabe, zu der es keine weiteren Informationen gibt als das es in Aachen stattfand. Nach zwei Minuten Klatschen und Zugabe-Rufen kündigt Schulze an, dass er ein neues Stück „seiner Oper“ spielt, gruseliger Gesang, der ein klein wenig an LAURIE ANDERSON erinnert, inklusive. Ebenfalls keine Meisterleistung. Gleiches gilt für die Qualität der Aufnahme.

CD 2 wird mit „Walk The Edge“ eröffnet, einer Filmmusik für einen amerikanischen, wie's scheint etwas gewaltverherrlichenden Film (auch als „The Hard Way“ bekannt) von Norbert Meisel. Die sechs Stücke sind alle recht unterschiedlich gestrickt und haben in ihrer Gesamtheit einen echten Reiz. Und auf „It Was Going To Matter“ gibt’s sogar ein neunminutiges elektronisches Schlagzeuggewitter zu hören!

Mit „Havlandet“ folgt dann gleich eine Filmmusikfortsetzung. Nur dass es diesmal um einen norwegischen, naturverbundenen Film geht. Genauso klingt natürlich auch die Musik. Recht sphärisch und getragen, etwas dunkel und bedrückend. 27 ziemlich langweilige Minuten. Nein, ich erhöhe – die 27 langweiligsten Minuten, die ich je von KLAUS SCHULZE gehört habe.

In dem die CD abschließenden Interview, das 1991 in Spanien aufgezeichnet wurde, spricht Schulze dann in Englisch über seine Trennung von TANGERINE DREAM, weil die ihn nur hinter's Schlagzeug verbannen wollten, seine Zeit bei ASHRA TEMPEL und WAHNFRIED sowie über seine Erfahrungen mit dem Brain-Label.

CD 3 beginnt dann mit „Goodwill“ aus dem Jahr 1991. Ein Titel, der für mich der Höhepunkt der drei CDs ist. Angeblich unternimmt Schulze hier einen „Ausflug in die poppigen Gefilde“. Wobei sofort Entwarnung gegeben werden muss – das ist kein Pop, sondern elektronische Musik mit vielen rhythmischen Strukturen und indianischem Gesang. Und als Hörer erwischt man sich tatsächlich dabei, wie man mit dem Kopf oder den Füßen mitwippt. Ein wenig klingt die Musik sogar wie die Vorwegnahme von ENIGMA, allerdings in der Klaus-Schulze-Interpretation.

„Olé“, „Habla Espanol“ und „Gaudi Gaudi“ bringen es insgesamt auf eine Laufzeit von fast 60 Minuten und sind ausschließlich Zugaben, die Schulze während seiner Konzert-Tournee durch Spanien im Oktober 1991 aufführte. Hier gibt’s endlich wieder den „typischen“ Schulze (sogar mit jeder Menge orgastischen Stöhn-Geräuschen in bester „Body Love“-Manier) zu hören, sodass die dritte CD insgesamt den (musikalischen & sexuellen) Höhepunkt von „La Vie Electronique 10“ darstellt, die mit einer BACH-Adaption aus dem Jahr 1992 (remixt 1993) ein gelungenes Ende findet.

FAZIT: Mehr Schatten als Licht zeichnet „La Vie Electronique 10“ aus. Während ich die anderen Teile fast uneingeschränkt empfehlenswert fand, enthält diese Ausgabe einfach zu viele langweilige Exkursionen durch die elektronischen Klanglandschaften eines KLAUS SCHULZE.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5858x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • CD 1:
  • „Unheilbar Deutsch“
  • Treudeutsch
  • Straight And Square
  • Der Unverbesserliche
  • Innerlichkeit?
  • Marsch (Es regnet Deppen)
  • Eiseskälte
  • Runenzauber
  • Dem Klangschaft-Führer
  • Maxxi
  • Weiter, weiter!
  • CD 2:
  • „Walk The Edge“
  • In Genteel Surroundings
  • While He Was Sleeping
  • We Saw It, It Was There
  • The Modern World
  • It Was Going To Matter
  • King Vulkan Himself
  • „Havlandet“
  • Main Theme
  • Erzählung
  • Nordenlicht I
  • Winter-Sommer
  • Nordenlicht II
  • Dream Theme
  • Nordenlicht III
  • Sleigh Ride
  • Funeral
  • End Theme
  • Interview 1991
  • CD 3:
  • Goodwill
  • Olé
  • Hable Espanol
  • Gaudi Gaudi
  • Suite Nr. 3, D-Dur, 2. Satz „Air“

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Was legt ein Huhn?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!