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Klaus Schulze: Mirage (1977) (Review)

Artist:

Klaus Schulze

Klaus Schulze: Mirage (1977)
Album:

Mirage (1977)

Medium: CD
Stil:

Electronic, Avantgarde

Label: M.I.G.-Music/Indigo
Spieldauer: 77:03
Erschienen: 24.06.2016
Website: [Link]

„Moondawn“ (1976) und „Body Love“ (1977) waren gerade noch junge Geschichte und für einen KLAUS SCHULZE überraschend rhythmisch – obwohl man ja speziell bei der Musik für einen Porno-Film durchaus auf den entsprechenden flotteren Rhythmus achten muss – da überrascht der Elektronik-Pionier mit diesem sehr atmosphärischen „Back To The ‚Irrlicht‘-Roots“-Album, das im breit gefächerten Schulze-Oeuvre für viele seiner treuen Anhänger mit zu seinen besten zählt. Obwohl es ziemlich große Auffälligkeiten und Parallelen zu zwei frühen TANGERINE DREAM-Alben aufweist: „Phaedra“ (1974) und „Rubycon“ (1975), sogar fast wie deren Fortsetzung klingt, rankt sich in zweierlei Hinsicht ein besonderer Kultstatus um „Mirage“.
Ein trauriger, weil während der Arbeit an Mirage der Bruder von KLAUS SCHULZE, Hans Dieter, einem Krebsleiden erlag, weswegen ihm Klaus das Album widmete: „Damals lag gerade mein Bruder im Sterben und ich war in einer ziemlich düsteren Stimmung, die sich auf ‚Mirage‘ widerspiegelt.“
Aber auch ein ganz besonderer, der von Amerika ausging. Dort hatte man in der Zeitschrift „Eurock“ festgestellt: „Wenn jemand bisher noch glaubte, dass elektronische Musik kalt und mechanisch ist – ohne Tiefe und Gefühl -, dann sollte er sich dieses Album anhören. Er wird überrascht sein.“

Ein seltsamer Widerspruch.
Denn liest man den Untertitel zu „Mirage“, dann hat der durchaus eine Menge mit „Kälte“ zu tun, Kälte, die auch auf „Mirage“ unweigerlich zu hören ist: „Eine elektronische Winterlandschaft“ - zu der sogar Schulze feststellt: „Dass ‚Mirage‘ international so erfolgreich wurde, obwohl es sicher eine meiner kältesten Platten ist und nicht so leicht verdaulich wie zum Beispiel ‚Moondawn‘ (1976), kann ich mir nur damit erklären, dass international die Plattenfirma Island dahinter gestanden hat.“
Schon beim Lesen dieses Untertitels entsteht im Kopf ein Bild, das sich übrigens auch derzeit ganz ähnlich nach den Riesaer Schneeeinbrüchen vor der Tür des Kritikers entfaltet. „Mirage“ ist dazu die ideale Musik – eine elektronische, getragene Symphonie in Weiß, die sich wie eine ruhige, nächtliche Winterlandschaft ohne Flockenwirbel und ohne dass dabei im BAPschen Sinne mal Zorro vorbeikommt, um sein Z in den Schnee zu pissen, entfaltet. Das Bild wird breiter und breiter, ohne sich in überraschender Klang- oder Farb-Vielfalt zu verlieren. Auch „Irrlichter“ fehlen, sie wurden einfach durch einen funkelnden Polarstern ersetzt – passend zum in weiß gehaltenen „Mirage“-Cover.

Schulze selbst sagt zu diesem Album: „Mit ‚Mirage‘ wollte ich - wie 1972 auch mit ‚Irrlicht‘ - einen Trennungsstrich ziehen und nur mit Flächen arbeiten. Die Idee war bei beiden Platten, eine eher abstrakte Musik zu machen, um zu zeigen, in welche Richtung es bei mir in Zukunft gehen sollte. Ich dachte, entweder finden die Leute das jetzt gut, oder sie finden es nicht gut – aber so wird es gemacht!“

Es dauerte nicht lange, bis Schulze genau mit diesem Grundsatz brechen sollte, denn nur zwei Jahre später traf er die Entscheidung, sich von der analogen Klangerzeugung abzuwenden und völlig der digitalen zu „unterwerfen“, was zumindest den Kritiker dieser Zeilen spätestens mit „Audentity“ (1983) schwer enttäuschte, nachdem er zuvor noch vom „Mirage“-Nachfolger „X“ (1978) absolut begeistert war.

Unerlässlich ist natürlich noch der Vermerk, dass diese MIG-Neuauflage im Digipak samt 16seitigem Booklet von „Mirage“ aus dem Jahr 2016 identisch mit der 2005er-Ausgabe von Revisited Records ist und auch den gleichen, knapp 20minutigen Bonustitel „In Cosa Crede Chi Non Crede?“, der ein alternativer Mix von „Destination Void“ (letzter Abschnitt des sechsteiligen „Velvet Voyage“) ist, enthält.

FAZIT: „Die Platte sollte Themen wie Eiszeit, Winter, Stillstand und Tod reflektieren. Die Grundidee war, eine elektronische Winterlandschaft zu schaffen.“ - das stellte KLAUS SCHULZE unmissverständlich zu seinem 1977er „Winter“-Werk „Mirage“ fest und lässt es ähnlich atmosphärisch klingen wie Schneeflocken, die langsam und unbemerkt in einer nächtlichen Landschaft zu Boden fallen und den dunklen Grund nach und nach mit einer weißen Fläche bedecken, bis sich darauf glitzernd ein paar entfernte Sterne reflektieren.
Das klingt nach Kult. Es ist Kult!
Ein unverzichtbares Album von KLAUS SCHULZE!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 8056x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • Velvet Voyage
  • *1984
  • *Aeronef
  • *Eclipse
  • *Exvasion
  • *Lucid Interspace
  • *Destination Void
  • Crystal Lake
  • *Xylotones
  • *Chromewaves
  • *Willowdreams
  • *Liquid Mirrors
  • *Springdance
  • *A Bientot
  • In Cosa Crede Chi Non Crede? (Bonus Track)

Besetzung:

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Kommentare
Jochen [musikreviews.de]
gepostet am: 15.05.2017

User-Wertung:
13 Punkte

Der liebe Kollege Koß hat völlig recht, die MiG-Ausgabe klingt tatsächlich anders. Das leichte Grundrauschen im Hintergrund ist ausgelöscht, der Einstieg zum ersten Stück beginnt ein bisschen früher und die frei schwebenden Sounds klingen ungewohnt präsent.
Der fehlerhafte Aussetzer bei 2‘:54‘‘ ist passé, und die wispernden Stimmen im Hintergrund hört man auf der SPV-Ausgabe gar nicht.

Eine Beurteilung des Ganzen, beziehungsweise den Vergleich der diversen Ausgaben finde ich knifflig. Denn die MiG-Ausgabe enthält (zumindest partiell) andere Musik als die InsideOut-Version. Der Sound ist von bestechender Klarheit, aber durch das eliminierte Hintergrundrauschen auch etwas klaustrophobisch. Spannend ist das auf jeden Fall.

Insofern braucht man tatsächlich DIESE Variante obendrein, selbst falls man die SPV-CD besitzt. Wenn nicht, und ohne Wunsch zur Komplettierung, würde ich den MiG-Silberling der Revisted Records-Ausgabe von 2005 vorziehen.

Ganz vorne ist und bleibt die vorzügliche Vinylausgabe, auch wenn diese Verzicht auf den netten Bonustrack bedeutet.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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